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Honduras: Urteil im Mordfall Berta Cáceres bringt keine Gerechtigkeit

3. Dezember 2018

Am 29. November wurde der Prozess gegen die acht Angeklagten im Fall des Mordes an Berta Cáceres beendet. Die Sprecherin der indigenen Gemeinschaft der Lenca und Umweltaktivistin war am 2. März 2016 ermordet worden.

Die Ermittlungen und das Gerichtsverfahren zum Mord an der bekannten honduranischen Menschenrechtsverteidigerin waren von Unregelmäßigkeiten durchzogen. Nicht alle Drahtzieher*innen des Verbrechens wurden identifiziert.

„Der Weg hin zu Wahrheit und Gerechtigkeit war für die Familie von Berta Cáceres versperrt, weil die Angehörigen vom Gerichtsverfahren ausgeschlossen waren und die Staatsanwaltschaft als ihre Vertretung auftrat – eine Behörde, der wiederholt die Verletzung ihrer Rechte zur Last gelegt worden ist“, sagte Erika Guevara-Rosas, Expertin für die Region Amerikas bei Amnesty International, und weiter:

„Ein Urteil in diesem symbolischen Fall wurde nun gefällt. Das honduranische Justizsystem muss sich jedoch weiter für die Wahrheit einsetzen. All diejenigen, die den Mord an Berta Cáceres geplant und beauftragt haben, müssen ausfindig gemacht werden.“

Erika Guevara-Rosas, Expertin für die Region Amerikas bei Amnesty International

Das Gericht sprach Douglas Bustillo (ehemaliger Militärangehöriger), Henry Hernández (ehemaliger Soldat), Edilson Duarte Meza, Óscar Torres, Sergio Rodríguez Orellana (Führungskraft bei DESA, dem Betreiberunternehmen des Agua-Zarca-Staudamms, gegen den die Aktivistin sich eingesetzt hatte) und Mariano Díaz Chávez (Armeeangehöriger) schuldig. Emerson Duarte Meza wurde freigesprochen.

Das Verfahren gegen den Geschäftsführer von DESA, David Castillo, der am 2. März 2018 festgenommen wurde, ist noch anhängig.

Unregelmäßigkeiten während des Verfahrens

Die Familie von Berta Cáceres und der Menschenrechtsverteidiger Gustavo Castro, der der einzige Augenzeuge des Mordes war, gaben während der Ermittlungen wiederholt an, dass die honduranische Staatsanwaltschaft ihnen keinen umfassenden Zugang zur Fallakte und den Beweismitteln ermöglicht hat.

Das Gericht ergriff keine angemessenen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Betroffenen Zugang zu den Beweismitteln und der Akte hatten. Daher stellten die Rechtsbeistände der Familie von Berta Cáceres und Gustavo Castro einen Antrag auf Ablehnung der Richter*innen wegen Befangenheit. Sie warfen den Richter*innen vor, wegen mangelnder Unparteilichkeit nicht in der Lage zu sein, den Fall anzuhören und zu entscheiden. Aufgrund dieses Antrags wurde das Verfahren, das am 17. September 2018 beginnen sollte, ausgesetzt.

Das Verfahren begann schließlich am 19. Oktober. Die Rechtsbeistände von Gustavo Castro und der Familie von Berta Cáceres sind jedoch nicht vor Gericht erschienen. Für sie war das Verfahren von Beginn an unrechtmäßig. Grund dafür war, dass über ihre Eingabe (Amparo), die zum Ziel hatte, eben diesen Beginn zu verhindern, noch nicht entschieden worden war.

Noch am selben Tag erklärte das Gericht, dass die Familie von Berta Cáceres und Gustavo Castro darauf verzichten würden, an dem Verfahren teilzunehmen. In der Folge entschied das Gericht, dass die Staatsanwaltschaft die Vertretung der Familie der getöteten Menschenrechtsverteidigerin und des Augenzeugen übernehmen sollte.

Mit der Entscheidung, die Betroffenen durch die Staatsanwaltschaft vertreten zu lassen, hat das Gericht gegen verfahrensrechtliche Garantien verstoßen: Der Zugang der Betroffenen zu ihren Rechten auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Wiedergutmachung war beeinträchtigt. Sie hatten mehrfach Verstöße gegen ihre Rechte durch die Staatsanwaltschaft gemeldet, daher hätte ihre Vertretung in keinem Fall dieser Behörde übertragen werden dürfen.

Stigmatisierung und mögliche Diskriminierung

Während des Verfahrens sind die von Berta Cáceres gegründete Indigenenorganisation Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras (COPINH) und die Organisation Movimiento Amplio por la Dignidad y la Justicia (MADJ), der die Rechtsbeistände von Berta Cáceres Familie angehören, zum Ziel von Schmierkampagnen geworden. Das Ziel: Ihre Menschenrechtsarbeit in Verruf zu bringen. Die Behörden widerlegten die Anschuldigungen weder, noch bekräftigten sie die Bedeutung von Menschenrechtsarbeit, um so die Mitglieder der genannten Organisationen vor weiteren Angriffen zu schützen.

Laut COPINH zwangen Mitarbeiter*innen des Gerichts am 31. August 2018 einige Angehörige indigener Gemeinschaften, ihre traditionelle Kleidung abzulegen, bevor sie den Gerichtssaal betreten durften. Anderen soll der Zutritt gänzlich verwehrt worden sein, weil es nicht genügend Sitzplätze gegeben habe. Für Delegierte verschiedener Botschaften, die an dem Verfahren teilnehmen wollten, wurden hingegen sogar weitere Stühle aufgestellt.