Kuala Lumpur, Februar 2025: Protest gegen eine Hinrichtung in Singapur © NurPhoto via Getty Images
Kuala Lumpur, Februar 2025: Protest gegen eine Hinrichtung in Singapur © NurPhoto via Getty Images

Todesstrafe weltweit 2024: Länder, Zahlen und Fakten

Der weltweite Bericht zur Todesstrafe von Amnesty International dokumentiert die gerichtliche Anwendung der Todesstrafe im Zeitraum von Jänner bis Dezember 2024. Wie in den Vorjahren werden die Informationen aus einer Vielzahl von Quellen zusammengetragen, darunter offizielle Zahlen, Gerichtsurteile, Informationen von zum Tode verurteilten Personen und ihren Familien und Vertreter*innen, Medienberichte und Organisationen der Zivilgesellschaft.

Amnesty International berichtet nur über Hinrichtungen, Todesurteile und andere Aspekte der Anwendung der Todesstrafe, wie Umwandlungen und Freisprüche, wenn es dafür ausreichende Belege gibt. In vielen Ländern veröffentlichen die Regierungen keine Informationen über ihre Anwendung der Todesstrafe. In China, Vietnam und Nordkorea sind die Daten über die Anwendung der Todesstrafe als Staatsgeheimnis eingestuft. Im Jahr 2024 waren zu einigen Ländern – insbesondere den oben genannten – aufgrund der restriktiven staatlichen Praxis nur wenige oder gar keine Informationen verfügbar.

Daher sind die Zahlen von Amnesty International über die Anwendung der Todesstrafe für eine beträchtliche Anzahl von Ländern das Minimum, das erfasst wurde. Die tatsächlichen Gesamtzahlen, insbesondere in China, sind wahrscheinlich höher.

Amnesty Death Sentences And Executions 2024

Weltweite Bilanz zur Todesstrafe

Erneuter Anstieg von Hinrichtungen weltweit im jahr 2024

Amnesty International hat 2024 1.518 Hinrichtungen in 15 Ländern verzeichnet, was im Vergleich zu den 1.153 bekannten Hinrichtungen 2023 ein Anstieg von 32% ist.

Dies ist die höchste Zahl an Hinrichtungen, die Amnesty International seit 2015 erfasst hat. Damals wurden 1.634 Hinrichtungen registriert.

Todesstrafen Verlauf 2015 2024

China ist nach wie vor das Land mit den meisten Hinrichtungen, auch wenn das tatsächliche Ausmaß der Anwendung der Todesstrafe nicht bekannt ist, da diese Informationen als Staatsgeheimnis behandelt und unter Verschluss gehalten werden. In der Gesamtzahl sind deshalb die tausenden Hinrichtungen nicht enthalten, die vermutlich in China vollzogen wurden. Gleiches gilt für Exekutionen in Vietnam und Nordkorea, auch hier geht Amnesty International davon aus, dass die Todesstrafe in großem Umfang angewandt wurde.

Die Länder mit den meisten Hinrichtungen waren China (Tausende), Iran (mindestens 972), Saudi-Arabien (mindestens 345), Irak (mindestens 63) und Jemen (mindestens 38).

In sechs Ländern wurden Hinrichtungen von Frauen bekannt, in China (Anzahl unbekannt), Iran (30), Saudi-Arabien (9), Ägypten (2), Jemen (2) und Irak (1),

Amnesty International hat Hinrichtungen in 15 Ländern dokumentiert. 2023 waren es 16 Länder. Aufgrund des aktuellen Konflikts waren aus Palästina und Syrien keine Zahlen verfügbar.

Verstoß gegen internationales Recht

2024 wurden 637 rechtswidrige Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogendelikten dokumentiert: China (Anzahl unbekannt), Iran (505, 52 Prozent aller dort erfolgten Hinrichtungen 2024), Saudi-Arabien (122, 35 Prozent) und Singapur (8, 89 Prozent). Zu Vietnam, in dem höchstwahrscheinlich ebenfalls derart rechtswidrige Hinrichtungen durchgeführt wurden, waren keine Zahlen verfügbar. Die weltweit 637 Hinrichtungen wegen Drogendelikten machen 42 Prozent aller Hinrichtungen aus.

Mindestens acht öffentliche Hinrichtungen wurden in Afghanistan (mindestens 4) und Iran (4) verzeichnet. 

Mindestens acht Personen – vier im Iran und vier in Somalia – wurden für Straftaten hingerichtet, die sie im Alter von unter 18 Jahren begangen hatten.

2024 wurden folgende Hinrichtungsmethoden verwendet: Enthaupten, Erhängen, tödliche Injektionen, Erschießen und Ersticken mittels Stickstoff.

Todesurteile weltweit

2024 wurden mindestens 2.087 neue Todesurteile in 46 Ländern verhängt. Zum Vergleich: 2023 waren es mindestens 2.428 in 52 Ländern.

Amnesty International verzeichnete Umwandlungen von Todesurteilen in Haftstrafen oder Begnadigungen in 18 Ländern. 

Drei Länder – Südsudan, Sudan und Uganda – verhängten nach einer Unterbrechung wieder Todesurteile.

Amnesty International dokumentierte in drei Ländern neun Urteilsaufhebungen bzw. nachträgliche Entlastungen von zum Tode verurteilten Personen, in Japan (1), Malaysia (5) und in den USA (3).

Zum Jahresende 2024 befanden sich weltweit mindestens 28.085 Personen im Todestrakt.

Abschaffung der Todesstrafe

Ende 2024 hatten 113 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft. Insgesamt 145 Länder hatten die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.

Zum ersten Mal stimmten mehr als zwei Drittel aller UN-Mitgliedsstaaten zugunsten einer Resolution der UN-Generalversammlung für ein Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe.

Todesstrafe nach Ländern und Regionen

Nord- und Südamerika: USA weiterhin einziger vollstrecker von todesstrafen

Die USA waren im 16. Jahr in Folge das einzige Land in der Region, das Hinrichtungen vollstreckt.  

Die Gesamtzahl der Hinrichtungen in den USA stieg von 24 im Jahr 2023 auf 25, der zweithöchsten Zahl seit 2015.

Vier US-Bundesstaaten (Georgia, Indiana, South Carolina und Utah) führten erstmals wieder Hinrichtungen durch. Alabama verdreifachte die Zahl seiner Hinrichtungen von zwei im Jahr 2023 auf sechs im Jahr 2024.  

Trinidad und Tobago und die USA waren die beiden einzigen Länder in Nord- und Südamerika, von denen bekannt ist, dass sie neue Todesurteile verhängten.

Asien-Pazifik: NACH WIE VOR Höchste Zahl an Hinrichtungen weltweit

Der asiatisch-pazifische Raum ist nach wie vor die Region mit der höchsten Zahl an Hinrichtungen weltweit.

Von fünf Ländern im asiatisch-pazifischen Raum (Afghanistan, China, Nordkorea, Singapur und Vietnam) war bekannt, dass sie 2024 Hinrichtungen vollstreckt haben. 2023 waren es noch sechs Länder.

In Bangladesch wurde zum ersten Mal seit 2018 keine Hinrichtungen dokumentiert. 

2024 wurden in der Region mindestens 843 neue Todesurteile verhängt.

Das Bundesgericht und das Berufungsgericht von Malaysia wandelten mehr als 1.000 Todesurteile um

Europa und Zentralasien: BELARUS EINZIGER ANWENDER

Belarus ist nach wie vor das einzige Land in Europa, das die Todesstrafe anwendet. Dort wurde am 24. Juni 2024 der deutsche Staatsbürger Rico Krieger zum Tode verurteilt. Er wurde am 30. Juli begnadigt.

Russland und Tadschikistan hielten sich auch weiterhin an die jeweiligen Hinrichtungsmoratorien.

Naher Osten und Nordafrika

Die Zahl der in Nahost und Nordafrika verzeichneten Hinrichtungen wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 34 Prozent an, von 1.073 im Jahr 2023 auf 1.442 im Jahr 2024. Damit wurden 369 Personen mehr in der Region hingerichtet als 2023.

Insgesamt wurden in der Region in acht Ländern Hinrichtungen verzeichnet: in Ägypten, Iran, Irak, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Syrien und im Jemen.

Iran, Saudi-Arabien und Irak waren die drei Länder der Region, in denen 2024 die meisten Hinrichtungen vollstreckt wurden. Sie allein zeichneten für 96 Prozent aller registrierten Hinrichtungen in der Region.

Todesstrafen Verlauf Iran Irak Saudi Arabien

Im Jemen hat sich die Zahl der verzeichneten Hinrichtungen im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppelt, im Irak mehr als vervierfacht.

Im Oman wurden die ersten bekannten Hinrichtungen seit 2021 vollstreckt.

Nach vorliegenden Informationen haben Gerichte im Nahen Osten und in Nordafrika 2024 mindestens 773 neue Todesurteile erlassen, ein Rückgang von 19 Prozent im Vergleich zu 2023 (950).

Afrika südlich der Sahara

Die Zahl der registrierten Hinrichtungen und Todesurteile in der Region sank um rund zehn Prozent.   

Somalia war das zweite Jahr in Folge das einzige Land in der Region, in dem Hinrichtungen verzeichnet wurden (34).

Zum zweiten Jahr in Folge wurden in 14 Ländern Todesurteile verzeichnet.  

Simbabwe und Sambia haben positive Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe unternommen bzw. ihre Verpflichtung zur Abschaffung der Todesstrafe nach dem Völkerrecht verankert.

Burkina Faso, die Demokratische Republik Kongo und Nigeria haben Schritte unternommen, die zu einer vermehrten Anwendung der Todesstrafe führen könnten.  

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Am weg zu einer welt ohne Todesstrafe

113 (+1)

Länder hatten die Todesstrafe Ende 2024 vollständig abgeschafft.

145 (+1)

Länder insgesamt hatten die Todesstrafe Ende 2024 in Gesetz oder Praxis abgeschafft.

Die Todesstrafe ist eine abscheuliche, unmenschliche Strafe und es gibt keine glaubwürdigen Beweise dafür, dass sie mehr von Verbrechen abschreckt als eine Gefängnisstrafe. Um das Recht auf Leben zu schützen, kämpfen Amnesty International und Aktivist*innen rund um den Globus seit Jahrzehnten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe.

Nahezu drei Viertel aller Länder der Welt haben nun die Todesstrafe in Gesetz oder Praxis abgeschafft.

Der unermüdliche Einsatz von Menschen auf der ganzen Welt für die Abschaffung der Todesstrafe haben 2024 offenbar einige Früchte getragen: Sambia trat dem zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte bei, das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt, während Simbabwe die Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten abschaffte. 

Zum ersten Mal stimmten mehr als zwei Drittel aller UN-Mitgliedstaaten für die zehnte Resolution der UN-Generalversammlung über ein Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe.

Diese Entwicklungen haben gezeigt, dass es möglich ist, die Bekämpfung von Kriminalität zu überdenken und die Ressourcen von der Vergeltung auf die Prävention von Straftaten und die Rehabilitierung von Straftäter*innen zu verlagern. Die überwältigende Mehrheit der Länder der Welt hat diese Entscheidung bereits getroffen. Das gibt neue Hoffnung, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Todesstrafe weltweit der Vergangenheit angehört.

Globale Trends

Zunehmende Isolation vollstreckender Staaten

Die Untersuchungen von Amnesty International zeigen, dass im Jahr 2024 die niedrigste Anzahl von Ländern die höchste Anzahl von bekannten Hinrichtungen seit 2015 vollstreckt hat. Diese Zahlen bestätigen den Trend der letzten Jahre: eine immer stärkere Isolation der Länder, die an der Todesstrafe festhalten.

Anstieg der Hinrichtungen vor allem auf Iran, Irak und Saudi-Arabien zurückzuführen

Iran, Irak und Saudi-Arabien waren für den Anstieg der bekannten Hinrichtungen maßgeblich verantwortlich. Insgesamt entfiel auf diese drei Länder die erschütternde Zahl von 1.380 registrierten Hinrichtungen. Während der Irak die Zahl seiner Hinrichtungen nahezu vervierfachte (von mindestens 16 auf mindestens 63) und Saudi-Arabien seine jährliche Gesamtzahl verdoppelte (von 172 auf mindestens 345), wurden im Iran 119 Personen mehr hingerichtet als im Vorjahr (ein Anstieg von mindestens 853 auf mindestens 972). Damit entfielen 64 Prozent aller bekannten Hinrichtungen auf den Iran.

Politische Instrumentalisierung

Die Todesstrafe wird zunehmend als politisches Werkzeug eingesetzt, um abweichende Meinungen zu unterdrücken und die Kontrolle über die Bevölkerung zu festigen. Regierungen nutzen sie, um Menschenrechtsverteidiger*innen, Protestierende, Dissident*innen und politische Gegner*innen zu bestrafen, was besonders ethnische oder religiöse Minderheiten und benachteiligte Gruppen überproportional trifft. So wurden in Iran beispielsweise auch kritische Stimmen des Frau, Leben, Freiheit-Aufstands hart bestraft.

Todesstrafe bei Drogendelikten

Mehr als 40 Prozent der 2024 dokumentierten Hinrichtungen erfolgten im Zusammenhang mit Drogendelikten. Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogendelikten waren weit verbreitet in China, Iran, Saudi-Arabien, Singapur und, was nicht bestätigt werden konnte, wahrscheinlich auch in Vietnam. Die Verhängung der Todesstrafe für Drogendelikte betrifft unverhältnismäßig viele Menschen aus benachteiligten Verhältnissen.

Die Todesstrafe für Drogendelikte steht in klarem Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsstandards, die vorschreiben, dass die Todesstrafe nur für „schwerste Verbrechen“ verhängt werden darf. Drogendelikte erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Fortschritte in Richtung Abschaffung

Trotz eines Anstiegs der Zahl der Hinrichtungen sind nur 15 Länder bekannt, die sie vollstreckt haben – das ist zum zweiten Jahr in Folge die niedrigste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen. Bis heute haben 113 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft. 145 Länder haben die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.

Darüber hinaus hat der Einsatz gegen die Todesstrafe weltweit Wirkung gezeigt. So wurde Iwao Hakamada, der in Japan fast 50 Jahre in der Todeszelle verbracht hatte, im September 2024 freigesprochen. Dieser Trend setzte sich auch Anfang 2025 fort. Im März wurde Rocky Myers, ein Schwarzer Mann, der in Alabama trotz schwerwiegender Verfahrensmängel zum Tode verurteilt worden war, nach intensiven internationalen Protesten begnadigt.

Afrika, als Hoffnungsträger der Abschaffung unter den Regionen, verzeichnete wichtige Fortschritte – unter anderem hob Simbabwe die Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten auf, und auch Sambia festigte seinen Abschaffungsprozess.

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