Die Rolle der Vermittlungsagenturen in der 24h-Betreuung in Österreich
Agenturen fungieren als Vermittlerinnen zwischen Menschen, die Betreuung benötigen und selbstständigen Betreuer*innen. Mit Juni 2021 gab es in Österreich mehr als 950 Vermittlungsagenturen, die bei der Österreichischen Wirtschaftskammer registriert waren. Während einige dieser Agenturen dutzende Klient*innen vertreten, in ganz Österreich tätig sind und Partneragenturen in Mittel-und Osteuropa haben, sind andere wiederum viel kleiner, haben nur eine Handvoll Klient*innen und sind nur in einigen Städten oder Bundesländern aktiv. Zu den Leistungen der Agenturen zählt die Vermittlung der Betreuer*innen und zum Beispiel auch, Ersatz für Betreuer*innen zu finden oder Ansprechpartner*innen bei möglichen Konflikten zu stellen. Für diese Leistungen berechnen die Agenturen sowohl den selbstständigen Betreuer*innen als auch den betreuten Personen bzw. deren Angehörigen Gebühren, die recht unterschiedlich ausfallen können.
Selbstständige Betreuer*innen haben nur wenig Spielraum, um ihr Honorar zu verhandeln, wenn sie mit einer Vermittlungsagentur arbeiten. Agenturen geben oft die Entlohnung für Betreuer*innen auf ihren Webseiten an, wenn sie die Kosten für Klient*innen aufschlüsseln. Selbstständige Betreuer*innen, die nach einer Erhöhung ihres Honorars fragen, müssen das oft über ihre Agenturen tun.
Oft verwalten Vermittlungsagenturen, im Rahmen der sogenannten „Inkassovollmacht“, die Einkünfte der Betreuer*innen. Diese Praxis wird von Betreuer*innen, Expert*innen und einigen Vermittlungsagenturen beanstandet.
Auch die Vermittlungsagenturen haben als Unternehmen die Verpflichtung, Menschenrechte zu respektieren. Das bedeutet, dass Vermittlungsagenturen einschätzen müssen, wie sich ihre Vermittlungstätigkeit nachteilig auf die Arbeitsbedingungen der Betreuer*innen auswirken könnte. Sie müssen wirksame Maßnahmen setzen, um solche nachteiligen Auswirkungen zu verhindern. Allerdings gibt es aktuell keine verpflichtende Zertifizierung von Agenturen in Österreich, die auch die Menschenrechte der Betreuer*innen sicherstellen. Seit Mai 2019 können Vermittlungsagenturen freiwillig um eine Zertifizierung des ÖQZ-24 ansuchen, die durch den Verein zur Förderung der Qualität in der Betreuung älterer Menschen durchgeführt wird. Doch diese Zertifizierung mit dem ÖQZ-24 umfasst weder Absichtserklärungen noch Verfahren, durch die Vermittlungsagenturen die nachteiligen Auswirkungen auf die Menschrechte der Betreuer*innen identifizieren, verhindern und minimieren sollten und dafür rechenschaftspflichtig wären. Außerdem ist die Zertifizierung nicht verpflichtend.
Zertifizierungen von Agenturen müssen dringend ausgeweitet werden und die Rechte der Betreuer*innen berücksichtigen. Die zuständigen Entscheidungsträger*innen müssen sicherstellen, dass der Zertifizierungsprozess für Vermittlungsagenturen sowohl die Verantwortung der Agenturen umfasst, die Menschenrechte der Betreuer*innen zu wahren, als auch ihre Sorgfaltspflichten, allfällige negative Auswirkungen auf die Rechte der Betreuer*innen zu minimieren.