Elchin Mammad wurde am 14. Oktober zu vier Jahren Haft verurteilt. Am 30. März wurde er festgenommen. Er hat gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Am 14. Oktober verurteilte das Stadtgericht von Sumgait Elchin Mammad zu vier Jahren Haft. Ihm werden konstruierte Vorwürfe im Zusammenhang mit „Diebstahl“ und „illegalem Waffenbesitz“ (Paragraf 177.2.4 und 228.1 des Strafgesetzbuchs) zur Last gelegt. Am 3. November legte der Menschenrechtsanwalt und Reporter Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Bis jetzt hat das Gericht noch kein Datum für seine Berufungsanhörung bekanntgegeben.
Die Polizei nahm Elchin Mammad einige Tage nachdem er im Internet einen kritischen Bericht über die Menschenrechtssituation in Aserbaidschan veröffentlicht hatte, in seinem Haus in der Stadt Sumgait fest. Die Polizist*innen erklärten, dass man in seinem Büro gestohlenen Schmuck gefunden habe und brachten ihn zur Polizeiwache. Während Elchin Mammad sich in Untersuchungshaft befand, erhob die Staatsanwaltschaft neue Vorwürfe wegen „illegalen Waffenbesitzes“ gegen ihn.
Nach Angaben seines Rechtsbeistands geht Elchin Mammad davon aus, dass die Polizei den Schmuck und die Waffen in seinem Büro deponierte, als sie es in seiner Abwesenheit durchsuchte. Am 31. März ordnete das Gericht in Sumgait drei Monate Untersuchungshaft für ihn an, da er Tatverdächtiger eines Verbrechens sei. Die Untersuchungshaft wurde bereits mehrmals verlängert.
Seit Jahren schikanieren die Behörden Elchin Mammad aufgrund seiner menschenrechtlichen Tätigkeit. 2015 wurde gegen seine Organisation ermittelt, er kam kurzeitig willkürlich in Haft, ihm wurden Reisebeschränkungen auferlegt und die Polizei lud ihn wiederholt zur Vernehmung vor. Die jetzige strafrechtliche Verfolgung wurde wieder mithilfe konstruierter Vorwürfe eingeleitet und ist ein weiteres Beispiel für das anhaltend scharfe Vorgehen der aserbaidschanischen Behörden gegen jede abweichende Meinung.
Hintergrundinformationen
Elchin Mammad ist der Vorsitzende einer NGO, die Familien mit geringem Einkommen und gemeinnützige Organisationen kostenlos rechtlich berät (Social Union of Legal Education of Sumgait Youth). Er ist zudem Chefredakteur der Tageszeitung Yukselish Namine, die über verschiedene Menschenrechtsthemen im Land berichtet.
2015 wurde der Menschenrechtsverteidiger zwölf Stunden lang festgehalten und danach ohne Anklageerhebung freigelassen. Zuvor hatte er an einer Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) teilgenommen.
2014 eröffneten die Behörden Strafverfahren gegen mehrere NGOs, darunter auch Social Union of Legal Education of Sumgait Youth. 2013 startete die aserbaidschanische Regierung eine groß angelegte Festnahmewelle gegen die Zivilbevölkerung. Dabei wurden bekannte Regierungskritiker*innen, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen und politische Aktivist*innen aufgrund konstruierter Anklagen, meist wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten, festgenommen. Fadenscheinige Anklagen aufgrund wirtschaftlicher Straftaten und „Amtsmissbrauch“ werden in Aserbaidschan häufig benutzt, um führende Mitglieder unabhängiger NGOs sowie andere Regierungskritiker*innen zu inhaftieren. Amnesty International hat in den vergangenen Jahren die willkürliche Anwendung des Strafgesetzes gegen bekannte Kritiker*innen, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Rechtsanwält*innen, dokumentiert. Seit Kurzem gehen die Behörden noch härter gegen Kritiker*innen vor und schieben dabei die COVID-19-Pandemie als Rechtfertigung vor.