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Mexiko – Die Regierung verschliesst die Augen vor anhaltender Folter

10. März 2015

Folter ist in Mexiko weit verbreitet und anhaltend. Straffreiheit ist steigend.

Folter ist in Mexiko weit verbreitet und anhaltend. Straffreiheit ist steigend. Die Regierung ignoriert weiterhin wissentlich das Ausmaß und die Schwere des Problems. Die jüngste Veröffentlichung des Mexiko-Berichts vom Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter sollte ein Weckruf und ein nützlicher Fahrplan für die staatlichen Behörden sein.

Gerichtsmedizinische Untersuchungen mutmaßlicher Folteropfer sind äußerst problematisch. Bei der überwiegenden Mehrheit der Folterfälle werden sie niemals durchgeführt. Wenn sie durchgeführt werden, besteht die Tendenz, dass die Opfer retraumatisiert und entmutigt werden, und manchmal bringen sie unzutreffende Ergebnisse hervor, welche eine Schließung der Ermittlungen zur Folge haben. 
Amtliche GerichtsmedizinerInnen sind nicht unabhängig von der Staatsanwaltschaft, was sie für unzulässigen Druck empfänglich macht. Dies resultiert dann in Befangenheit. Es besteht die Tendenz, die mutmaßlichen Opfer als Kriminelle zu betrachten, welche behaupten, gefoltert worden zu sein, um Beweise gegen sich auszulöschen. 
Die Generalstaatsanwaltschaft (Procuraduría General de la República – PGR) hat zwei interne Aufsichtsstellen geschaffen, um zu gewährleisten, dass gerichtsmedizinische Untersuchungen gemäß internationaler Standards verlaufen: das „Evaluation and Monitoring Committee of the Special Procedure“ (Evaluierungs- und Überwachungskomitee für besondere Verfahren) und dessen Beirat. Allerdings mangelt es bei beiden Stellen an Effektivität und 
Unabhängigkeit.

Wenn gerichtsmedizinische Untersuchungen gemäß internationaler Standards, wie denen des von den Vereinten Nationen unterstützten Istanbul-Protokolls, durchgeführt werden, welche sich Mexiko seit 2003 umzusetzen verpflichtet hat, können die Untersuchungen eine Schlüsselrolle als Teil der Verbrechensermittlung spielen. Indem gerichtsmedizinische Untersuchungen die Übereinstimmung der ZeugInnenaussagen von möglichen Opfern mit den körperlichen und seelischen Verletzungen bestätigen, können sie die Berichte der Opfer untermauern und bewirken, dass selbstbelastende „Geständnisse“ im Gerichtsverfahren nicht berücksichtigt werden und den ersten Schritt Richtung Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer darstellen.

Die Geschichte von Claudia Medina Tamariz unterstreicht die Dringlichkeit für unabhängige gerichtsmedizinische Gutachten von Folterüberlebenden.

Claudia Medina Tamariz, Mexiko

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Claudia Medina hat die RichterInnen über die Folter, die sie am 13. August 2012 erlitten hat, sechs Tage später informiert. Nachdem sie Ende August auf Kaution entlassen wurde, suchte sie sofort die Unterstützung bei der Generalstaatsanwaltschaft, um ein unabhängiges gerichtsmedizinisches Gutachten von ExpertInnen zu erhalten. Die Rückmeldung die sie erhielt war äußerst unzureichend und erhielt die Aufforderung, eine 1.000 km lange Fahrt auf ihre eigenen Kosten, inklusive 3 Tage Übernachtung zu tätigen, um von unabhängigen forensischem Personal untersucht werden zu können.

Claudia und ihr Menschenrechtsanwalt kontaktierten daraufhin unabhängige forensisch-medizinische ExpertInnen einer lokalen NGO und der nationalen Menschenrechtskommission, um die Untersuchung durchführen zu lassen. Beide ExpertInnen-Gutachten bestätigen Claudias Angaben. Ein internationaler Experte bestätigte, dass die Untersuchungen internationalen Standards laut Istanbul Protokoll entsprechen. Die Generalstaatsanwaltschaft (PGR) muss noch immer bestätigen, ob diese Gutachten als Haupt- oder Sekundärbeweise akzeptiert werden. Die breiteren Untersuchungen zu Claudias Anklage scheinen keinen Einfluss auf das Vorgehen zu haben. Es wurden keine Entschädigungen zur Verfügung gestellt.