© Henning Schacht
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presse

Diskreditiert und schikaniert

21. Februar 2019

Repressive Gesetze bedrohen zivilgesellschaftliche Organisationen auf der ganzen Welt

Von Burundi über Indien bis hin zu EU-Staaten wie Ungarn: Auf der ganzen Welt schränken Regierungen die wichtige Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen ein. Das bringt die Menschenrechte von allen Menschen in Gefahr. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind weltweit 40 Gesetze erlassen oder auf den Weg gebracht worden, die das Recht auf Vereinigungsfreiheit einschränken. Das zeigt ein aktueller Bericht, den Amnesty International heute veröffentlicht.

Zivilgesellschaftliche Organisationen erfüllen viele wichtige Funktionen für die Menschen im Land: Sie sind Plattformen für all jene, die sich austauschen möchten und fördern den kritischen Dialog. Sie ermöglichen es einzelnen, ihren Bedürfnissen gegenüber den Machthabenden Ausdruck zu verleihen und üben eine Kontrollfunktion gegenüber Regierungen aus. Manche Organisationen übernehmen auch Dienstleistungen für die Menschen im Land.

Der Bericht listet 50 Länder weltweit auf, in denen Gesetze – bereits in Kraft oder geplant – die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen erschweren.

„In vielen Ländern werden zivilgesellschaftliche Organisationen und Gruppen drangsaliert und zum Schweigen gebracht. Dadurch können auch Menschen, die sich zusammenfinden, um die Menschenrechte zu verteidigen und einzufordern, das immer seltener ohne Angst um ihre Sicherheit tun. Wenn diese Menschen zum Schweigen gebracht und an ihrer Arbeit gehindert werden, dann sind die Menschenrechte von allen in Gefahr“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

Offene Gesellschaften leben vom Dialog auf Augenhöhe. Alle Menschen haben das Recht, ihre Bedürfnisse und Kritik einzubringen, um so das Land mitgestalten zu können. Nur so werden Menschenrechte mit Leben erfüllt und sind mehr als ein reines Lippenbekenntnis.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

„Auch Büros von Amnesty International in verschiedenen Ländern sind zum Ziel von Angriffen geworden. Behörden in Indien, Ungarn und der Türkei sind gegen unsere Kolleg*innen vorgegangen, haben ihre Büros durchsucht und Konten eingefroren – und das nur wegen ihrer Arbeit für Menschenrechte“, sagt Annemarie Schlack.

Amnesty International zeigt in dem Bericht die Konsequenzen von solch restriktiven Gesetzen auf: Darunter fallen die Überwachung von Mitarbeiter*innen, absurde bürokratische Hürden und die Einschränkung von Finanzierungsquellen für zivilgesellschaftliche Organisationen.

Ungarn: Repressionen Mitten in Europa

In Ungarn ist eine Reihe von zivilgesellschaftliche Organisationen gezwungen, sich selbst als „aus dem Ausland gefördert“ zu betiteln. Die Regierung will so ihre Arbeit diskreditieren und die Öffentlichkeit gegen sie aufbringen. Hält sich eine Organisation nicht daran, drohen hohe Geldstrafen und letztlich die Einstellung aller Tätigkeiten.

Seit dem Erlass eines Gesetzespakets im Juni 2018 werden Organisationen, die sich für Menschen auf der Flucht und Migrant*innen einsetzen, gezielt ins Visier genommen und ihre Mitarbeiter*innen drangsaliert.

„Die Politik Orbáns hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass kritische Stimmen attackiert und die Menschenrechte in unserem Nachbarland eingeschränkt wurden. Mehrere unserer Mitarbeiter*innen werden beschimpft und mit Gewalt bedroht. Zum Teil haben sich Veranstaltungsorte geweigert, Events von Amnesty in Ungarn auszurichten. Und es gab Schulen, die es abgelehnt haben, Aktivitäten im Bereich der Menschenrechtsbildung durchzuführen, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen hatten“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.

„Doch auch wenn das Klima gegenüber der Zivilgesellschaft und den Menschenrechten in Ungarn feindselig sein mag: Wir stehen fest entschlossen Seite an Seite mit unseren Kolleg*innen und der Zivilgesellschaft in Ungarn. Die Entwicklungen in unserem Nachbarland zeigen: Die Arbeit von Menschen und Organisationen, die hart erkämpfte Rechte in Ungarn verteidigen, ist wichtiger denn je.“

Österreich: Diskreditierung & Dialogverweigerung

In Österreich beobachtet Amnesty, dass die Regierung zunehmend zivilgesellschaftliches Engagement und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen diskreditiert. Darunter fallen etwa der der offene Angriff der Regierungspartei FPÖ gegen die Caritas. Oder die wiederholten Äußerungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz, die die wichtige Arbeit der Organisation Ärzte ohne Grenzen im Mittelmeer diskreditieren.

Außerdem beobachtet Amnesty International Österreich, dass die Regierung zunehmend den Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen auf Augenhöhe verweigert. Der gescheiterte Gesetzesentwurf zur Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), durch den zivilgesellschaftliche Organisationen aus Prüfverfahren von großen Bauvorhaben ausgeschlossen werden sollten, ist ein Beispiel für diese Tendenz.

„Offene Gesellschaften leben vom Dialog auf Augenhöhe. Alle Menschen haben das Recht, ihre Bedürfnisse und Kritik einzubringen, um so das Land mitgestalten zu können. Nur so werden Menschenrechte mit Leben erfüllt und sind mehr als ein reines Lippenbekenntnis“, sagt Annemarie Schlack.

Hintergrund

Für den Schutz und die Förderung von Menschenrechten müssen Menschen ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit ausüben können. Amnesty International setzt sich mit der Kampagne Es beginnt hier. Schreiben wir Geschichte weltweit für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen und mehr Raum für zivilgesellschaftliches Engagement ein.