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Abriss & Zwangsräumungen in Addis Abeba

29. April 2020

Mindestens 1.000 Menschen inmitten von COVID-19 obdachlos

Die Stadtverwaltung von Addis Abeba hat Dutzende Häuser abgerissen, in denen in den letzten Wochen Tagelöhner untergekommen waren. Dadurch wurden mindestens 1.000 Menschen inmitten der COVID-19-Pandemie obdachlos.

Die meisten Menschen, deren Häuser kürzlich zerstört wurden, haben im Zuge der COVID-19-Krise ihre Arbeit verloren. Sie erzählten Amnesty, dass sie nun auch schlaflose Nächte hätten, da die Behörden wiederholt Planen oder Plastikfolie beschlagnahmen würden, die als Schutz gegen starke Regenfälle verwendet werden.

„Gestrandete Familien haben uns erschütternde Geschichten erzählt, wie ihre Kinder unter freiem Himmel schlafen müssen und sie strömendem Regen und Kälte ausgesetzt sind“, sagte Deprose Muchena, Direktor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika.

Nach Angaben der Behörden im Stadtteil Bole von Addis Abeba zielten die Mitte Februar begonnenen Abrisse auf illegale Bauten in der Region ab. Die Betroffenen sagten jedoch gegenüber Amnesty, dass sie ihre Häuser auf Land gebaut hätten, das sie 2007 gekauft hatten. Die Behörden erkennen diesen Kauf jedoch nicht an und behaupten, die Familien seien „Besetzer“, weil sie das Land nicht von der Gemeinde gekauft hätten.

Nach dem Abriss ihrer Häuser Anfang April haben die betroffenen Familien versucht, provisorische Unterkünfte aus Leinen und Planen wieder aufzubauen. Aber auch diese wurden von der Polizei zerstört und das Material beschlagnahmt.

Die anhaltende Zerstörung ist ein schrecklicher Akt der Unmenschlichkeit, wenn Menschen mit so viel zu kämpfen haben – COVID-19, Arbeitslosigkeit und heftige Regenfälle.

Deprose Muchena, Direktor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika

Die Behörden eskalieren eine schlimme Situation, indem sie Menschen, die nicht einmal wissen, wie sie ihre nächste Mahlzeit bekommen, obdachlos machen“, sagt Deprose Muchena.

Satellitenbilder zeigen Zerstörung

Amnesty International konnte mithilfe von Satellitenbildern feststellen, dass seit dem 6. April 2020 in der Nähe des internationalen Flughafen Addis Abeba Bole in einem Stadtteil etwa 40 kürzlich errichtete Gebäude beschädigt oder zerstört wurden. Die Vorher-Nachher-Bilder des Gebiets zeigen plötzlich fehlende Häuser sowie Zelte und andere temporäre Bauten anstelle von ehemals festen Häusern.

Die meisten Betroffenen der Abrisse arbeiteten als Gelegenheitsarbeiter*innen auf Baustellen in Addis Abeba, die aufgrund der COVID-19-Stilllegungen nicht mehr in Betrieb sind. Familien erzählten Amnesty, dass ihre Häuser ohne Vorankündigung abgerissen wurden. Die Behörden traten auch nicht in Dialog mit den Menschen obwohl das internationale Menschenrechtsgesetzgebung als Schutzmaßnahme gegen Zwangsräumungen verlangt.

 

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Der Schutz vor Zwangsräumungen gilt für alle Menschen, unabhängig davon, ob sie die fraglichen Häuser oder Grundstücke besitzen, mieten oder bewohnen. Eine alleinerziehende Mutter erzählte Amnesty International, dass sie am 6. April bei der Arbeit war, als ihre Nachbarin anrief, um ihr mitzuteilen, dass ihr Haus abgerissen werde.

„Jetzt decke ich mich und meine vier Kinder in der Nacht und bei Regen unter einer Plane zu. Wir können nicht einmal ein Behelfshaus aufstellen, weil die Polizei die Plane und das Zelt mitgenommen hat“, sagte sie. Die Frau bat darum, anonym zu bleiben, aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der örtlichen Behörden, die jeden verhaften, der öffentlich oder vor Medien über dieses Thema spricht.