© JUAN BARRETO / AFP Via Getty Images
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Ukraine: Massengräber in Isjum – Internationale Gemeinschaft muss Beweissicherung unterstützen

19. September 2022

In mehreren Gräbern wurden letzte Woche die Leichen ukrainischer Zivilpersonen und Militärangehöriger in einem Wald nahe der Stadt Isjum in der Region Charkiw entdeckt, die die ukrainische Armee nach monatelanger russischer Besatzung zurückerobert hatte. Dazu Marie Struthers, die Direktorin für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International:

„Bereits im März schlug Amnesty International wegen des Schicksals der Zivilpersonen in Isjum Alarm. Seit dem vierten Tag der russischen Invasion wurde Isjum in der Ukraine unerbittlich von den russischen Streitkräften angegriffen. Der Fund dieses Massengrabs bestätigt nun unsere schlimmsten Befürchtungen. Die Menschen in der Ukraine und die Welt verdienen es, zu erfahren, wie genau die in dem Wald bei Isjum begrabenen Menschen gestorben sind. Für jede rechtswidrige Tötung und jedes weitere Kriegsverbrechen muss es Gerechtigkeit und Entschädigungen für die Opfer und ihre Familien sowie einen fairen Prozess und Rechenschaftspflicht für die mutmaßlich Verantwortlichen geben“, sagt Marie Struthers und sagt weiter:

„Wir fordern die internationale Gemeinschaft erneut auf, die Ukraine mit finanziellen Mitteln und anderen Ressourcen zu unterstützen, bei der Sicherung von Beweisen und der Durchführung der notwendigen Untersuchungen darüber, wie diese Menschen zu Tode gekommen sind und wer dafür verantwortlich ist. Diejenigen, die Völkerrechtsverbrechen begehen oder anordnen, sollten daran denken, dass es keine Verjährung gibt und dass die Gerechtigkeit sie einholen wird. Um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer zu gewährleisten, müssen die Prozesse gegen die mutmaßlichen Kriegsverbrecher*innen internationalen Standards für faire Verfahren entsprechen.“

Diejenigen, die Völkerrechtsverbrechen begehen oder anordnen, sollten daran denken, dass es keine Verjährung gibt und dass die Gerechtigkeit sie einholen wird.

Marie Struthers, die Direktorin für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International

Hintergrund

Nachdem die ukrainischen Behörden die Kontrolle über Isjum in der Region Charkiw zurückerobert hatten, gaben sie bekannt, dass sie in einem nahe gelegenen Wald eine provisorische Grabstätte entdeckt hatten, in dem vor kurzem mehr als 440 Menschen zusammen begraben wurden. Nach Angaben von Oleh Kotenko, dem ukrainischen Beauftragten für Vermisste, wurden die Grabstätten in aller Eile ausgehoben, um die zahlreichen Toten zu begraben, die unter anderem bei dem schweren Beschuss der Stadt durch die russischen Streitkräfte im Februar und März 2022 ums Leben gekommen waren. Fotos und Zeugenaussagen von Journalist*innen aus dem Gebiet stimmen mit diesem Bericht überein.

Die Journalist*innen berichteten, dass einige Holzkreuze auf den Gräbern die Namen derjenigen tragen, die vermutlich darunter begraben sind, während auf den meisten nur Nummern stehen, darunter auch auf einem Kreuz, auf dem angegeben ist, dass dort 17 ukrainische Soldat*innen begraben sind.

Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 hat Amnesty International zahlreiche schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch russische Streitkräfte dokumentiert, darunter Angriffe auf Zivilpersonen, Wohnhäuser und zivile Infrastruktur, rechtswidrige Tötungen und andere Kriegsverbrechen.