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Österreicher Kamran Ghaderi zu Unrecht in Haft

Update 5. Juni 2023

Großartige Nachrichten: Kamran Ghaderi wurde am 2. Juni freigelassen und ist seit 3. Juni wieder zurück in Wien bei seiner Familie!

Weitere Informationen findest du hier.

Der österreichische Geschäftsmann Kamran Ghaderi ist zu Unrecht im Iran inhaftiert. Er wurde gefoltert und zum Unterschreiben falscher "Geständnisse" gezwungen, auf deren Basis die Behörden ihn in einem grob unfairen Verfahren zu 10 Jahren Haft verurteilten.

Kamran Ghaderi war am 2. Jänner 2016 am Imam-Khomeini-Flughafen in Teheran von Angehörigen des Geheimdienstministeriums festgenommen worden, als er seine Mutter und Verwandte besuchen wollte. Die Sicherheitskräfte folterten ihn und zwangen ihn durch Drohungen gegen Kamrans Familie und durch lange Isolationshaft dazu, falsche "Geständnisse" zu unterschreiben.

Bis April 2016 wurde ihm jeder Kontakt zu seiner Familie verweigert. Er durfte lediglich seine Frau in Österreich anrufen, um ihr zu sagen, dass er noch am Leben sei. In dieser Zeit sagten laut eigenen Angaben die Verhörenden ihm, dass seine Mutter und sein Bruder festgenommen worden seien, und drohten ihm, sie im Gefängnis festzuhalten, wenn er nicht zwei „Geständnisse“ unterschreiben würde, die die Behörden für ihn vorbereitet hätten. Darin hieß es, er arbeite für die österreichische und für die US-amerikanische Regierung. Erst im April 2016, als seine Mutter ihn endlich besuchen durfte, erfuhr er, dass weder seine Mutter noch sein Bruder festgenommen worden waren.

In einem grob unfairen Verfahren wurde Kamran Ghaderi im August 2016 auf Basis dieser erzwungenen "Geständnisse" wegen „Zusammenarbeit mit feindlichen Staaten gegen die islamische Republik“ zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die ersten sieben Monate seiner Haft wurde ihm zudem der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert. Seinen Anwalt durfte er erst zwei Tage vor Verfahrensbeginn sehen. Zudem verweigerten ihm die iranischen Behörden den Zugang zu konsularischem Beistand Österreichs. Seit seiner Festnahme im Jänner 2016 hat sich der Gesundheitszustand von Kamran Ghaderi sehr verschlechtert. Er hat einen Tumor im linken Bein, für dessen Behandlung er regelmäßig medizinische Versorgung benötigt.

Kamrans Kinder haben ihren Vater seit über sieben Jahren nicht mehr gesehen!

Hintergrundinformationen

Kamran Ghaderi ist IT-Berater und Manager. Vor seiner Festnahme war er im Oktober 2015 als Teil einer österreichischen Handelsdelegation mit hochrangigen österreichischen Regierungsbeamt*innen, einschließlich des österreichischen Präsidenten Heinz Fischer, in den Iran gereist.

Seiner Frau schilderte er die Zelle und die Bedingungen der Einzelhaft in der Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses, die dem Geheimdienstministerium untersteht, als Grab. Die Zelle war nur etwa 1,50m lang und hatte weder Fenster noch ein Bett. Er musste auf einem dünnen Läufer auf dem Boden schlafen. Nach fast einem Jahr in Einzelhaft wurde er in Abteilung 209 in eine Zelle mit einem weiteren Gefangenen verlegt.

Im April 2017 überstellte man Kamran Ghaderi in einen normalen Gefängnistrakt. Nach eigenen Angaben teilt er sich mit 16 weiteren Gefangenen einen 25 qm großen Raum ohne Fenster, der sich wie ein Keller anfühle. Er berichtete auch, dass der Raum von Kakerlaken, Wanzen und Ratten befallen sei. Seine Verurteilung und das Strafmaß nach Paragraf 508 des Islamischen Strafgesetzbuchs wurden im Berufungsverfahren im Oktober 2016 bestätigt. Bei einer Pressekonferenz am 18. Oktober 2016 nannte der damalige Generalstaatsanwalt von Teheran ihn als eine von drei Personen, die wegen „Spionage und Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Regierung“ zu zehn Jahren Haft verurteilt wurden. Ein im Dezember 2016 eingereichter Antrag auf gerichtliche Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof wurde zurückgewiesen.

Seit seiner Festnahme im Jänner 2016 hat Kamran Ghaderi verschiedene gesundheitliche Probleme. Als er in der verlängerten Einzelhaft war, hatte er starke Rücken- und Hüftschmerzen und im Mai 2017 konnte er ohne Hilfe kaum gehen. Er berichtete seiner Frau, dass er in dieser Zeit nur mithilfe von anderen Gefangenen zur Toilette gehen konnte. Diese Schmerzen dauerten das ganze Jahr 2017 bis ins Jahr 2018 an. Dann hatte er am 12. Februar 2018 eine Wirbelsäulenoperation, bei der zwei Bandscheiben entfernt wurden. Kamran Ghaderi verbrachte danach aus gesundheitlichen Gründen 62 Tage außerhalb des Gefängnisses. Laute seinem Arzt hätte die Physiotherapie sechs Monate nach der Operation beginnen müssen, doch er erhielt sie erst ein Jahr danach und konnte nur sieben der zehn Sitzungen wahrnehmen. Kamran Ghaderi hat immer noch Rückenschmerzen. Ein MRT im Februar 2018 zeigte, dass der schon zuvor bekannte Tumor in Kamran Ghaderis Bein gewachsen war. Seine Ärzt*innen in Österreich sagten, dass der Tumor alle sechs Monate kontrolliert werden müsse. Doch seit seiner Festnahme hat er nur zwei MRTs gehabt, den letzten im März 2019. Er benötigt ständige medizinische Versorgung.

Folter und andere Misshandlungen, darunter längere Phasen der Einzelhaft, sind im Iran sehr verbreitet, insbesondere bei Verhören. Im Völkerrecht sind Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe unter allen Umständen und ausnahmslos verboten. Auch Artikel 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), dessen Vertragsstaat der Iran ist, verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Die UN-Mindeststandards für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) definieren die verlängerte Einzelhaft als „mehr als 15 aufeinander folgende Tage“.

Einige iranische Gesetze sind in der Definition verschiedener Straftaten nicht präzise, insbesondere bei Straftaten gegen die nationale Sicherheit. Dies widerspricht jedoch dem Legalitätsprinzip, das in den Artikeln 9 und 15 des IPbpR verbrieft ist. International Menschenrechtsgremien haben darauf hingewiesen, dass Festnahmen und Inhaftierungen, die auf vagen und zu allgemein gehaltenen Gesetze basieren, nach dem Völkerrecht und internationalen Standards willkürlich sein können. Amnesty International hat in der Vergangenheit die iranischen Behörden wiederholt aufgefordert, vage formulierte Bestimmungen im Islamischen Strafgesetzbuch, die die Rechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit unrechtmäßig einschränken, darunter Artikel 508, mit dem Ziel aufzuheben oder zu reformieren, sie mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen (siehe Bericht: Flawed reforms: Iran’s new Criminal Code of Procedure).

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