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Demonstrant in Untersuchungshaft

17. Mai 2018

Am 7. Mai ordnete das Dzerzhinsky-Gericht im russischen St. Petersburg an, Mikhail Tsakunov bis zum 4. Juli in Untersuchungshaft zu nehmen. Ihm wird vorgeworfen, bei einer Protestveranstaltung Gewalt gegen einen Polizisten angewendet zu haben. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Die Vorwürfe stehen in direktem Kontrast zu öffentlich zugänglichem Videomaterial.

Hilf mit.

  1. Schicke die Musterbriefe an die zuständigen Behörden in Russland.
  2. Schicke ein E-Mail an den russischen Botschafter nachdem Du die Briefe abgeschickt hast.

Du kannst an dieser Aktion bis zum 20. Juni 2018 mitmachen.

Sachlage

Mikhail Tsakunov wurde am 5. Mai bei einer Demonstration in St. Petersburg festgenommen. Mehr als 2.000 Menschen hatten sich versammelt, um gegen die Wiederwahl von Präsident Putin zu protestieren. Mikhail Tsakunov musste eine Nacht in Polizeigewahrsam verbringen und am 6. Mai entschied das Bezirksgericht Kuybyshevsky, ihn aufgrund der Teilnahme an einer „nicht genehmigten“ Protestveranstaltung mit einer Geldstrafe von 10.000 Russischen Rubel (rund 130 Euro) zu belegen. Nach der Anhörung wurde Mikhail Tsakunov wieder auf die Polizeiwache gebracht, wo man ihn darüber informierte, dass auf der Grundlage von Paragraf 318(2) des Strafgesetzbuchs strafrechtliche Maßnahmen gegen ihn eingeleitet würden. Dieser Paragraf regelt „Gewalt gegen Angehörige der Polizei mit einer möglichen Gefahr für deren Gesundheit oder Leben“ – eine Straftat, die mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Grundlage für den Vorwurf ist die Anschuldigung eines Polizisten, Mikhail Tsakunov habe ihm vorsätzlich mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dabei einen Zahn ausgeschlagen. Am 7. Mai ordnete das Dzerzhinsky-Gericht in St. Petersburg an, Mikhail Tsakunov bis zum 4. Juli in Untersuchungshaft zu nehmen. Am 8. Mai legten die Rechtsbeistände von Mikhail Tsakunov Rechtsmittel vor dem Stadtgericht St. Petersburg ein.

Die Festnahme von Mikhail Tsakunov wurde privat gefilmt und ist auf YouTube zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=jhczxJAwvSA. Die Aufnahme zeigt, wie Mikhail Tsakunov zusammen mit seiner Freundin und einem weiteren Mann etwas abseits von den anderen Protestierenden steht und eine große, nicht ganz aufgeblasene gelbe Ente hält. Daraufhin sieht man, wie plötzlich eine Gruppe Bereitschaftspolizist_innen auf die drei Personen zuläuft. Die Polizist_innen nehmen den anderen Mann fest und verfolgen dann Mikhail Tsakunov und seine Freundin, als diese versuchen, sich zu entfernen. Beide werden zu Boden geworfen, und Mikhail Tsakunov wird sofort von vier Polizist_innen an den Händen gepackt, wieder hochgezogen und abgeführt. Die Freundin von Mikhail Tsakunov wurde ebenfalls festgenommen, am selben Abend jedoch wieder freigelassen.

Hintergrund

Am 5. Mai fanden in mehr als 100 Städten in ganz Russland Protestveranstaltungen gegen die Wiederwahl von Präsident Putin statt. Die vierte Amtszeit von Wladimir Putin begann offiziell am 7. Mai. In Moskau griffen organisierte Gruppen von Männern in Kosakenuniformen friedliche Demonstrierende an, um Proteste aufzulösen. Obwohl die Polizei dies beobachtete, griff sie nicht ein. Die Polizei setzte zur Auflösung von Demonstrationen zudem unverhältnismäßige Gewalt ein (siehe: https://www.amnesty.org/en/latest/news/2018/05/russia-outrageous-use-of…).

Mikhail Tsakunov streitet alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe ab. Sein Rechtsbeistand hat Rechtsmittel gegen die Untersuchungshaftanordnung eingelegt und beantragt, seinen Mandanten stattdessen unter Hausarrest zu stellen oder ihm Reisebeschränkungen aufzuerlegen. Vor Gericht zeigte Mikhail Tsakunov die Prellungen, die er aufgrund der unverhältnismäßigen Gewaltanwendung der Polizei bei der Festnahme davongetragen hatte. Er sagte zudem aus, dass er in dem Polizeiwagen wiederholt von Polizist_innen beleidigt worden sei.

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung werden in Russland seit 2012 per Gesetz und in der Praxis immer stärker beschnitten. Alle Versammlungen, die ohne ausdrückliche vorherige Erlaubnis stattfinden, werden von den Behörden als „nicht genehmigt“ betrachtet, selbst wenn es sich dabei um kleine und friedliche Zusammenkünfte handelt. Solche Versammlungen werden regelmäßig von der Polizei gestört und aufgelöst, ihre Teilnehmer_innen festgenommen und die inhaftierten Protestierenden in Verwaltungs- oder Strafverfahren vor Gericht gestellt. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Russian Federation: The right to freedom of peaceful assembly – freedom in all but name, verfügbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/eur46/8027/2018/en/.