Venezuela: Zwei willkürlich Inhaftierte in Lebensgefahr
12. Oktober 2023Die Geschäftsfrau Emirlendris Benítez wurde im August 2018 in Venezuela aus politischen Gründen willkürlich inhaftiert und gefoltert. Guillermo Zárraga ist ein 59-jähriger Ingenieur und ehemaliger Gewerkschafter in der Ölindustrie. Er wurde im November 2020 willkürlich inhaftiert und wegen Verbrechen verurteilt, für die es keine Beweise gab. Beide sind infolge der unmenschlichen Haftbedingungen bei sehr schlechter Gesundheit, Emirlendris Benítez noch zusätzlich durch die Folter. Beide werden derzeit in Gefängnissen festgehalten, die der Ministerin für Strafvollzugsangelegenheiten unterstehen. Amnesty International fordert die Ministerin auf, das Leben und die Gesundheit von Emirlendris Benítez und Guillermo Zárraga zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie unverzüglich und angemessen medizinisch versorgt werden.
Die zu Unrecht inhaftierten Venezolaner*innen Emirlendris Benítez und Guillermo Zárraga sind in Lebensgefahr. Guillermo Zárraga befindet sich derzeit im Gefängnis Yare II im Bundesstaat Miranda und wartet auf den Beginn eines neuen Prozesses, während Emirlendris grundlos eine drakonische 30-jährige Haftstrafe im INOF-Zentrum in Los Teques, Caracas, verbüßt. Der Gesundheitszustand der beiden Gefangenen ist kritisch und bedarf dringend der medizinischen Versorgung.
Emirlendris Benítez' Leben und ihre psychische Gesundheit sind in Gefahr, weil sie seit ihrer Inhaftierung eine Vielzahl schwerer Menschenrechtsverletzungen erlebt hat, darunter ihre willkürliche Inhaftierung, Folter, geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung, ein unfaires Gerichtsverfahren und unmenschliche Haftbedingungen. Die Behörden verweigern darüber hinaus Emirlendris Benítez auch immer wieder das Recht auf Gesundheit.
Guillermo Zárraga befindet sich seit November 2020 zu Unrecht in Haft. Damals wurde er mitten in der Nacht aus seiner Wohnung abgeholt. Während seiner Inhaftierung hat er stark an Gewicht verloren, Herzanfälle erlitten und ist aufgrund der Unterernährung wiederholt in Ohnmacht gefallen. Die Strafvollzugsbehörden beschränken willkürlich seinen Zugang zu Grundbedürfnissen wie Nahrung, Medikamenten und anderen Gütern des täglichen Bedarfs, die die Haft erträglich machten.
Hintergrund
Die Venezolanerin Emirlendris Benítez ist eine Geschäftsfrau und Mutter und hat mehrere Geschwister. Am 5. August 2018 wurde Emirlendris Benítez mithilfe konstruierter Vorwürfe willkürlich inhaftiert. Die Behörden brachten sie fälschlicherweise mit Gewalttaten in Verbindung, die gegen hochrangige Politiker*innen in Venezuela verübt worden waren. Für diese Anschuldigung gibt es keine Beweise und Emirlendris Benítez hat immer wieder erklärt, dass sie daran nicht beteiligt war. In der Haft wurde sie gefoltert. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwanger. Einige Wochen nach ihrer Festnahme wurde sie gewaltsam in eine medizinische Einrichtung gebracht, wo ihre Schwangerschaft ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung beendet wurde. Die Folter, der sie ausgesetzt war, führte dazu, dass sie langfristig auf einen Rollstuhl angewiesen ist, um mobil zu sein. Im Jahr 2022 verurteilte sie ein parteiisches Gericht in einem politisch motivierten Verfahren zu einer 30-jährigen Haftstrafe. Emirlendris Benítez hätte gar nicht erst inhaftiert werden dürfen, da davon auszugehen ist, dass die Vorwürfe politisch motiviert sind. Das drakonische Urteil gegen sie sollte aufgehoben und sie muss unverzüglich freigelassen werden.
Der venezolanische Ingenieur Guillermo Zárraga arbeitete als Betriebstechniker in der Erdölraffinerie Cardón, die zum Rohölraffinerie-Komplex Paraguaná in der Nähe der Stadt Coro im Bundesstaat Falcón gehört und im Besitz der staatlichen Erdölfirma Petróleos de Venezuela S.A. (PDVSA) ist. Er hatte dort zudem eine führende Funktion bei der Gewerkschaft Sindicato Único de Trabajadores. Am 14. November 2020 wurde er um 3.00 Uhr morgens von Beamt*innen der Generaldirektion für militärische Spionageabwehr (Dirección General de Contrainteligencia Militar – DGCIM) zuhause festgenommen. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft wird ihm vorgeworfen, einem US-Amerikaner Informationen zur nationalen Sicherheit gegeben zu haben. Bei diesem Amerikaner soll es sich um einen CIA-Agenten handeln, der versucht haben soll, den Ölindustriekomplex zu sabotieren. Neben seiner Rolle als Gewerkschaftsführer wurde Guillermo Zárraga auch mit Juan Guaidó, einem prominenten Oppositionspolitiker, fotografiert. Dieses Foto war Teil der Anklageschrift und diente als Beweis für Zárragas angebliche Absicht, die Sabotage zu unterstützen. Die Regierung von Nicolás Maduro hat den mutmaßlichen CIA-Agenten freigelassen, Guillermo Zárraga wird jedoch weiterhin willkürlich in Haft gehalten.
Wie Emirlendris Benítez hat auch die Familie von Guillermo Zárraga nicht die Mittel, um ihn im Gefängnis zu unterstützen. Dies ist aber notwendig, da die Gefängnisbehörden den Häftlingen weder ausreichend Nahrung noch genügend Trinkwasser zur Verfügung stellen. Infolge dieses Mangels hat sich der Gesundheitszustand vieler Gefangener sehr verschlechtert. Am 16. Mai 2023 ordnete ein Gericht seine Verlegung in eine medizinische Einrichtung an, doch die Strafvollzugsbehörde kommt der Anordnung bislang nicht nach. Kürzlich berichtete der Sohn von Guillermo Zárraga, Diego Zárraga, von einer willkürlichen Beschränkung des Zugangs zu Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen Gütern des täglichen Bedarfs im Gefängnis. Damit haben sich die Haftbedingungen von Guillermo Zárraga weiter verschärft, und er ist aufgrund seiner bereits bestehenden gesundheitlichen Probleme einem noch höheren Risiko ausgesetzt.
Die Regierung unter Nicolás Maduro fährt eine repressive und auf Schikane, Strafverfolgung und Zensur beruhende Linie gegen Aktivist*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für den Schutz der Rechte der Venezolaner*innen einsetzen. In Venezuela herrscht derweil eine komplexe humanitäre und menschenrechtliche Krise, die dazu geführt hat, dass so viele Menschen wie nie zuvor das Land verlassen haben, um im Ausland Schutz zu suchen. Bis August 2023 sind 7,71 Millionen Menschen aus Venezuela geflohen. Das entspricht 25 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Seit 2020 konnte die unabhängige internationale Ermittlungsmission für die Bolivarische Republik Venezuela in drei Berichten zahlreiche seit 2014 begangene Menschenrechtsverletzungen ausführlich dokumentieren, darunter außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, willkürliche Inhaftierungen sowie Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen. Die Berichte kommen zu dem Schluss, dass die Regierung das Rechtssystem als Instrument der Unterdrückung missbraucht habe und dass die dadurch begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen könnten.
Bitte bis 1. Dezember 2023 unterschreiben.