Polen: Abtreibungsverbot und regressive Gesetze zu Sexualerziehung dürfen nicht unter dem Deckmantel von COVID-19 durchgeboxt werden
14. April 2020Im polnischen Parlament sollen dieser Tage zwei drakonische Gesetzesvorlagen debattiert werden, die den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen verbieten, Sexualerziehung kriminalisieren sowie Homosexualität mit Pädophilie gleichsetzen sollen. Bereits im Vorfeld dieser geplanten Debatte betonte Draginja Nadazdin, die Geschäftsführerin von Amnesty International Polen:
Der Versuch, diese rücksichtslos rückschrittlichen Gesetze zu verabschieden, wäre zu jeder Zeit beschämend, sie jedoch nun unter dem Deckmantel der COVID-19-Krise durchzuboxen, ist skrupellos.
Draginja Nadazdin, Geschäftsführerin von Amnesty International Polen
"Diese Gesetze würden Angst und Ignoranz schüren und den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen für Frauen in einem Land, dessen Abtreibungsgesetz schon jetzt eines der restriktivsten in Europa ist, weiter einschränken."
"Sie würden nicht nur die Gesundheit und das Leben von Frauen und Mädchen gefährden, sondern auch den Zugang junger Menschen zu jenen Informationen behindern, die sie für gesunde sexuelle Beziehungen benötigen."
Diese Gesetze würden Angst und Ignoranz schüren und den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen für Frauen weiter einschränken.
Amnesty International
"In einem Land, in dem die sexuellen und reproduktiven Rechte bereits extrem eingeschränkt sind, ist sexuelle Aufklärung besonders wichtig: junge Menschen müssen in der Lage sein, informierte Entscheidungen treffen zu können - hinsichtlich Einwilligung/Consent, Verhütung, Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die polnischen Abgeordneten diese regressiven Gesetzesvorlagen ablehnen".
Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews bitte Kontakt aufnehmen mit:
- stefan.simanowitz@amnesty.org / +447936766445 oder +44 2030365599
- POLEN: aneta.stanczak-bouzyk@amnesty.org.pl
Ab heute Nachmittag werden virtuelle Proteste stattfinden - Tausende von Aktivisten werden Selfies mit dem #ProtestAtHome-Hashtag posten. Viele von ihnen werden das polnische Parlament als Hintergrundbild nutzen, um zu zeigen, dass sie sich mit ihren Forderungen an polnische Abgeordnete wenden. #ProtestAtHome #NieSkladamyParasolek #StrajkKobiet
Für Live-Twitter-Updates am Besten folgenden Accounts folgen: @amnestyPL @mcostariba @AnnaMBlus
Hintergrundinformation
Da die Debatte über diese beiden Gesetzesvorlagen während der COVID-19-Pandemie angesetzt wurde, sind Straßenproteste nicht möglich. Stattdessen werden die Menschen den allerersten "virtuellen Lockdown-Protest" abhalten.
Beide Gesetzesvorlagen waren "Bürgerinitiativen". Die erste würde Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs stark einschränken, und die zweite, angeführt von Anti-LGBTI-Gruppen, würde den Sexualkunde-Unterricht oder sogar das Unterstützen/Bewerben von sexueller Bildung und Aufklärung für Menschen unter 18 Jahren zu einer kriminellen Handlung machen, die mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden könnte.
Das Parlament - gebildet im Anschluss an die Wahlen vom Oktober 2019 - ist gesetzlich verpflichtet, alle ausstehenden Gesetzesvorlagen, die aus "Bürgerinitiativen" hervorgehen, innerhalb von 6 Monaten nach seiner Bildung - bis Mai 2020 - zu prüfen.
Der Original-Beitrag dieser Presseaussendung vom 14.4.2020 ist hier zu finden.