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Das Versäumnis der brasilianischen Behörden, alle Verantwortlichen für die Ermordung der Menschenrechtsverteidigerin Marielle Franco sechs Monate nach ihrer brutalen Erschießung zu identifizieren, gibt Anlass zur Besorgnis über ihre Verpflichtung für dieses schreckliche Verbrechen Gerechtigkeit zu schaffen und ein sicheres Umfeld für Menschenrechtsverteidiger*innen im Land zu gewährleisten, sagte Amnesty International heute.
Marielle Franco und ihr Fahrer Anderson Gomes wurden am 14. März in ihrem Auto in Rio de Janeiro getötet. Sie wurden viermal in den Kopf geschossen. Medienberichte deuten darauf hin, dass die Tötung sorgfältig geplant wurde, da sie vermutlich Agenten des Staates und der Sicherheitskräfte betraf.
„Heute ist leider der sechsmonatige Jahrestag von Marielle’s Ermordung. Sie zeigt auch die anhaltende Unfähigkeit und den offensichtlichen Unwillen der Behörden, den Fall ordnungsgemäß zu untersuchen. Es ist völlig inakzeptabel, dass ein halbes Jahr vergangen ist und wir nicht näher wissen, wer für den sinnlosen Tod von Marielle und Anderson verantwortlich ist“, sagte Jurema Werneck, Executive Director von Amnesty International Brasilien.
„Straflosigkeit kann keine Option für die Behörden sein. Brasiliens föderale und staatliche Behörden und sein Strafrechtssystem sind verpflichtet, eine gründliche, unabhängige und unparteiische Untersuchung dieser schrecklichen Morde zu gewährleisten.“
Auf Druch von Amensty International und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen gab die brasilianische Staatsanwaltschaft im August bekannt, dass spezialisierte Ermittler*innen zur Bearbeitung des Falles von Marielle herangezogen wurden, wobei ein neues Team der Sondergruppe Organisierter Kriminalität (GAESP) die Untersuchung im September übernahm.
Amnesty International sagte, dies sei ein Schritt in die richtige Richtung, forderte aber auch die Behörden auf, die GAESP in die Untersuchung einzubeziehen. Diese Spezialeinheit hat die Aufgabe, polizeiliche Übergriffe zu untersuchen und sicherzustellen, dass die zivile Polizei professionelle Ermittlungen durchführt.
„Darüber hinaus muss eine vom Staat völlig unabhängige Gruppe von Expert*innen, Rechtsanwält*innen und anderen Spezialist*innen eingesetzt werden, um die Untersuchung zu überwachen und sicherzustellen, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren eingehalten wird“, sagte Jurema Werneck.
Bei einem Treffen mit Marielle’s Verwandten und Amnesty International am 20. August sagte der brasilianische Staatssekretär für Sicherheit, Richard Nunes, er unterstütze die vorgeschlagene Initiative, einer unabhängigen Gruppe die Möglichkeit zu geben, jeglichen unzulässigen Einfluss oder Nachlässigkeit bei der Untersuchung zu überwachen.
Die Behörden haben die Medienberichte noch nicht überprüft, dass die auf den Tatort gerichteten Sicherheitskameras am Vorabend der Schießerei abgeschaltet wurden und dass die abgefeuerten Kugeln Teil einer Partie waren, die an die brasilianische Bundespolizei verkauft wurde. Andere unbeantwortete Fragen als Teil der Untersuchung schließen ein, ob die Waffe, die benutzt wurde, um Marielle und Anderson zu töten, eine Maschinenpistole war, die ausschließlich von Sicherheitskräften benutzt wurde. Waffen desselben Modells waren im Arsenal der Zivilpolizei als vermisst gemeldet worden.
Medienberichten zufolge deuten die Art und Weise, in der die Tötungen durchgeführt wurden, und die Präzision der abgefeuerten Schüsse darauf hin, dass einige der Täter eine spezielle Ausbildung hatten.
„Es gibt vielleicht eine mächtige Gruppe hinter Marielle’s Ermordung, die denkt, dass sie ungestraft handeln kann. Die Behörden müssen das Gegenteil beweisen und dafür sorgen, dass alle an diesem Verbrechen Beteiligten in einem fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden“, sagte Jurema Werneck.
Geboren und aufgewachsen in Rio’s Maré favela, war Marielle eine Soziologin mit einem Master-Abschluss in der öffentlichen Verwaltung, die im Jahr 2000 nach dem Tod eines Freundes bei einer Schießerei in ihrer Nachbarschaft mit der Menschenrechtsarbeit begann.
Seit mehr als einem Jahrzehnt setzt sich Marielle für die Menschenrechte junger Schwarzer, Frauen, Favelas und LGBTIs ein. Sie sprach auch über außergerichtliche Hinrichtungen und andere Menschenrechtsverletzungen durch Polizist*innen und andere Staatsbeamte.
Kurz vor ihrem Tod war Marielle, die auch Stadträtin von Rio de Janeiro war, zur Berichterstatterin der Stadtratskommission ernannt worden, die das Eingreifen des Bundes in die öffentliche Sicherheit von Rio überwachen sollte.
„Mit jedem Tag wächst die internationale Anerkennung des Vorbilds meiner Tochter und verwandelt sich in einen Kampf für Gerechtigkeit, um den brasilianischen Staat zur Verantwortung zu ziehen“, sagte Marinete da Silva, die Mutter von Marielle Franco.
„Marielle war eine natürliche Führerin. Immer wenn sie an einem Projekt teilnahm, war es immer das Ziel, anderen zu helfen und zu glauben, dass eine kollektive Organisation, die auf Solidarität basiert, die Welt verändern könnte. Dinge für andere zu tun, gab ihr ein gutes Gefühl. Meine Familie wird nicht ruhen, bis wir Antworten über die Gründe für dieses Verbrechen haben“, sagte Marinete da Silva.
Allein im Jahr 2016 sollen 66 Menschenrechtsverteidiger*innen in Brasilien getötet worden sein. Doch die meisten Morde an Menschenrechtsaktivist*innen werden nicht untersucht und nur selten wird jemand zur Verantwortung gezogen.
„Die Ermordung eines Menschenrechtsverteidigers/einer Menschenrechtsverteidigerin ist ein Versuch, nicht nur den Aktiv ist*innen, sondern die gesamte Gesellschaft einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Es ist ein Angriff auf die Menschenrechte. Die brasilianischen Behörden müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um diejenigen, die sich gegen Ungerechtigkeit aussprechen, zu schützen und sicherzustellen, dass sie ohne Angst vor Repressalien arbeiten können“, sagte Jurema Werneck.
Who killed #MarielleFranco? She stood up for black women, LGBTI people, youth from marginalized communities and condemned police killings. 6 months ago she was shot dead. @SegurancaRJ @MP_RJ @PCERJ @intervfederalRJ, we won’t rest until we know.