Aktivistin weiter in Gefahr
24. Jänner 2019Am 9. Januar ist Suha Jbara freigelassen worden. Sie hat mehr als zwei Monate in Haft verbracht und gibt an, während dieser Zeit von Verhörbeamt*innen gefoltert worden zu sein. Die Aktivistin hat mehr als 26 Tage im Hungerstreik verbracht. Die Verlesung der Anklage hat in ihrem Fall noch immer nicht stattgefunden und ihr nächster Gerichtstermin wurde für den 30. Januar anberaumt. Suha Jbara droht eine Anklage auf Grundlage von Aussagen, die unter Folter erzwungen wurden.
Setz dich jetzt für Suha Jbara ein!
Amnesty fordert:
- Bitte kommen Sie Ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nach und ordnen Sie eine zeitnahe, unparteiische, unabhängige und zielführende Untersuchung zu den von Suha Jbara erhobenen Folter- und Misshandlungsvorwürfen in der Haft- und Verhöreinrichtung in Jericho an.
- Stellen Sie bitte sicher, dass alle verantwortlichen Beamt_innen sofort suspendiert werden und Disziplinarverfahren sowie strafrechtliche Verfahren gegen sie eingeleitet werden.
- Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass das Verfahren gegen Suha Jbara in allen Aspekten den internationalen Standards für faire Verfahren entspricht, was auch den Ausschluss von unter Folter und anderer Misshandlung erzwungenen Beweisen umfasst.
Sachlage
Die Aktivistin Suha Jbara setzt sich für soziale Gerechtigkeit ein. Am 3. November 2018 wurde sie das erste Mal festgenommen und für 67 Tage inhaftiert. Eigenen Angaben zufolge wurde sie in dieser Zeit bei ihren Verhören gefoltert. Am 22. November 2018 trat sie aus Protest gegen ihre willkürliche Inhaftierung und Folter durch die palästinensischen Sicherheitskräfte in den Hungerstreik. Nachdem sich ihr Gesundheitszustand extrem verschlechtert hatte, wurde sie am 11. Dezember in ein Krankenhaus in Jericho (Westjordanland) gebracht. Trotz ihres schlechten Zustands machte man Suha Jbara mit Handschellen an ihrem Krankenhausbett fest. Nach einer Übereinkunft zwischen ihrem Rechtsbeistand und der Generalstaatsanwaltschaft beendete sie am 17. Dezember ihren Hungerstreik. Am 9. Januar 2019 wurde sie dann aus dem Al-Najjah-Krankenhaus in Nablus, in das sie verlegt worden war, entlassen und musste nicht wieder ins Gefängnis zurück. Nach ihrer Freilassung sagte Suha Jbara Amnesty International gegenüber, dass sie mehrfach von Beamt*innen misshandelt worden sei. Auch während ihrer Zeit in den Krankenhäusern und bei dem Transport dorthin sei sie Opfer von Misshandlungen geworden.
Die Generalstaatsanwaltschaft der Palästinensischen Gebiete, welche die Folter- und Misshandlungsvorwürde von Suha Jbara untersucht hatte, kam am 13. Dezember 2018 zu dem Ergebnis, dass keinerlei Fehlverhalten seitens der Beamt*innen vorläge. Aufgrund von Informationen, die Amnesty International vorliegen, befürchtet die Organisation, dass die durchgeführten Untersuchungen weder rechtzeitig durchgeführt wurden noch effektiv waren. Ein Gerichtsmediziner untersuchte Suha Jbara erst fünf Wochen nachdem sie erstmals Foltervorwürfe erhoben hatte. Zudem glaubt Amnesty International, dass die Untersuchungen möglicherweise nicht unparteiisch und unabhängig waren. Auf ein Schreiben, das Amnesty International aufgrund dieser Bedenken im Dezember 2018 an den Generalstaatsanwalt gerichtet hatte, gab es bisher noch keine Reaktion.
Die Staatsanwaltschaft hat bisher keinerlei glaubwürdige Beweise gegen Suha Jbara vorgelegt. Ihr droht nun eine Anklage, die sich auf unter Folter erzwungene Informationen stützt. Die nächste Anhörung im Fall der Aktivistin soll am 30. Januar stattfinden.
Suha Jbara ist 31 Jahre alt, trägt die Verantwortung für drei Kinder und hat die palästinensische, US-amerikanische und panamaische Staatsangehörigkeit. Sie ist eine Aktivistin für soziale Gerechtigkeit und an islamischen Wohltätigkeitsorganisationen beteiligt. Sie engagiert sich zudem bei der Unterstützung der Familien palästinensischer Gefangener in Israel. Am 3. November 2018 wurde sie in ihrem Haus in Turmusaya festgenommen. Ihre Familie berichtete, dass fünf Fahrzeuge der palästinensischen Sicherheitskräfte vor dem Haus der Familie vorfuhren und Einlass verlangten, da sie sonst die Tür aufbrächen. Suha Jbara wurde in das Haftzentrum des Geheimdienstes in Ramallah gebracht. Dort brach sie physisch und psychisch zusammen. Daraufhin durfte sie kurz in das palästinensische Krankenhaus in Ramallah, wurde dann aber in das Haft- und Verhörzentrum in Jericho gebracht. Weder bei der Festnahme noch bei den Verhören waren weibliche Sicherheitskräfte anwesend. Ihre Familie erfuhr erst am 7. November, als sie vor Gericht gestellt wurde, von ihrem Verbleib.
Am 4. Dezember 2018 schilderte Suha Jbara Amnesty International detailliert, wie sie über drei Tage hinweg von ihren Verhörbeamten misshandelt wurde. Die Männer schlugen ihr brutal gegen die Brust und den Rücken, schüttelten sie, schleuderten sie gegen die Wand und drohten mit sexualisierter Gewalt. Zudem gab sie an, dass man sie mit Schlafentzug folterte, ihr kein Trinkwasser gab und man ihr nicht erlaubte, zur Toilette zu gehen.
Am 13. Dezember 2018 schloss der palästinensische Generalstaatsanwalt eine kurze Untersuchung zu ihren Foltervorwürfen mit dem Ergebnis ab, dass keinerlei Anzeichen für ein Fehlverhalten vorlägen. Amnesty International befürchtet, dass die durchgeführten Untersuchungen weder zeitnah noch effektiv durchgeführt wurden. Die Organisation bemängelt insbesondere, dass zwischen den ersten Foltervorwürfen von Suha Jbara und der gerichtsmedizinischen Untersuchung mehr als fünf Wochen verstrichen. Zudem sieht Amnesty Anzeichen dafür, dass die Untersuchung weder unparteiisch noch unabhängig war, vor allem mit Blick auf die enge Zusammenarbeit zwischen der Generalstaatsanwaltschaft und den Sicherheitskräften. Als Suha Jbara erstmals von der Staatsanwaltschaft zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen befragt wurde, fand dies unter Anwesenheit bewaffneter Sicherheitskräfte in der Hafteinrichtung statt, in der sie eigenen Angaben zufolge gefoltert worden war. Es waren dieselben Staatsanwält*innen, die sie später im Krankenhaus in Jericho zu den von ihr erhobenen Foltervorwürfen befragten. Zudem war der Umfang der Untersuchung sehr eng gehalten. So hat man sich beispielsweise nicht mit den Vorwürfen von Suha Jbara befasst, dass Beamt*innen sie im Zusammenhang mit ihrem Hungerstreik misshandelt haben sollen, insbesondere während der Transporte ins Krankenhaus und während ihrer dortigen Behandlung.
Setz dich jetzt für Suha Jbara ein!
Urgent Action bis 5. 3. 2019