Nach versuchter Abschiebung willkürlich in Haft
14. August 2019In der Nacht auf den 22. Juli wollten die israelischen Behörden den palästinensischen Fotojournalisten Mustafa al-Kharouf nach Jordanien abschieben. Dort hat er weder die Staatsangehörigkeit noch ein Aufenthaltsrecht. Jordanien weigerte sich, ihn aufzunehmen. Inzwischen befindet er sich wieder in willkürlicher Haft in Israel. Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof von Israel es abgelehnt, Mustafa al-Kharouf eine Familienzusammenführung mit seiner Frau und seinem Kind zu ermöglichen, da er „seine Staatenlosigkeit nicht nachgewiesen hat“. Mustafa al-Kharouf hat im August eine Anhörung vor einem israelischen Abschiebungsgericht, bei der es um seine Freilassung gehen wird.
Setz dich für Mustafa al-Kharouf ein!
Artikel 49 des Vierten Genfer Abkommens verbietet die Abschiebung von geschützten Personen aus einem besetzten Gebiet ausdrücklich, da dies ein Kriegsverbrechen darstellt.
Schon seit dem 22. Januar ist der palästinensische Fotojournalist Mustafa al-Kharouf mit dem Ziel der Abschiebung willkürlich im israelischen Givon-Gefängnis inhaftiert. Amnesty International befürchtet, dass seine willkürliche Inhaftierung und der Ausweisungsbefehl dazu gedacht sind, ihn von seiner journalistischen Arbeit abzuhalten.
Hintergrund. Kurz vor der Festnahme des Fotojournalisten hatte das israelische Innenministerium seinen Antrag auf Familienzusammenführung mit seiner Frau und Tochter abgelehnt und seine sofortige Abschiebung nach Jordanien angeordnet. Am 17. Juli 2019 lehnte der israelische Oberste Gerichtshof den Antrag der israelischen Menschenrechtsorganisation Hamoked ab, ein zweites Rechtsmittel zur Familienzusammenführung zu hören. Der Gerichtsentscheid hatte sich darauf berufen, dass der Antragsteller nicht nachgewiesen habe, dass er in Jordanien keinen Status besitzt und war deshalb nicht gegen seine unmittelbare Abschiebung vorgegangen.
Die israelischen Einwanderungsbehörden versuchten, Mustafa al-Kharouf am Grenzübergang Allenby/King Hussein zwischen Jordanien und dem von Israel besetzten Westjordanland nach Jordanien abzuschieben. Mustafa al-Kharouf wurde dann sogleich zum Grenzübergang Wadi Araba in der Südgrenze zwischen Jordanien und Israel gebracht, wo die jordanischen Behörden ihm abermals die Einreise verweigerten. Diese Abschiebungsversuche dauerten mehr als einen halben Tag. In dieser Zeit wussten weder seine Familie noch sein Rechtsbeistand, wo er sich aufhielt. Mustafa al-Kharoufs Rechtsbeistand wurde später darüber informiert, dass Mustafa al-Kharouf in das Givon-Gefängnis zurückgebracht und dort bis zu seiner Abschiebung in Gewahrsam bleiben würde.
Der 32-jährige Fotojournalist Mustafa al-Kharouf wurde in Algerien geboren. Seine Mutter ist Algerierin und sein Vater ein aus Jerusalem stammender Palästinenser. Mustafa al-Kharouf kam als Zwölfjähriger mit seinen Eltern aus Algerien nach Ostjerusalem und lebt dort heute mit seiner Frau Tamam al-Kharouf und seiner 20 Monate alten Tochter Asia.
Kurz nachdem seine Eltern mit Mustafa al-Kharouf nach Ostjerusalem gezogen waren, reichten sie bei den israelischen Behörden einen Antrag auf Familienzusammenführung ein, um eine rechtliche Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die Behörden verlangten jedoch für die Erlangung des offiziellen Aufenthaltsstatus von der Familie einen Beleg darüber, dass Ostjerusalem ihr Lebensmittelpunkt ist. Diese Bestimmung wird seit 1988 in diskriminierender Form auf die palästinensische Bevölkerung Jerusalems angewendet. Die Familie konnte diesen Beleg erst nach weiteren sechs Jahren erbringen. Zu diesem Zeitpunkt war Mustafa al-Kharouf bereits 18 Jahre alt, was bedeutete, dass seine Eltern keinen Antrag auf Registrierung eines Kindes oder Familienzusammenführung in seinem Namen stellen konnten. Somit wurde er staatenlos. Seither versucht Mustafa al-Kharouf in einem langwierigen bürokratischen Prozess, das Innenministerium dazu zu bringen, seinen Rechtsstatus in Ostjerusalem anzuerkennen. Dies verlief jedoch bisher erfolglos.
Völkerrechtlich betrachtet gilt Ostjerusalem als Teil der besetzten palästinensischen Gebiete und folglich steht die dortige palästinensische Bevölkerung unter dem Schutz des Vierten Genfer Abkommens (Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949). Den israelischen Behörden ist es untersagt, palästinensische Bewohner*innen Ostjerusalems umzusiedeln oder abzuschieben. Die Entscheidung zur Abschiebung von Mustafa al-Kharouf verstößt eindeutig gegen Artikel 49 des Vierten Genfer Abkommens, der die Vertreibung von geschützten Personen aus einem besetzten Gebiet ausdrücklich verbietet. Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs definiert die folgende Handlung als Kriegsverbrechen: „[...] die Vertreibung oder Überführung [durch die Besatzungsmacht] der Gesamtheit oder eines Teiles der Bevölkerung des besetzten Gebiets innerhalb desselben oder aus diesem Gebiet[.]“
Urgent Action aktuell bis 11. September 2019