© Mitglieder der Iuventa-Crew bei einem Rettungseinsatz im Mittelmeer (Archivbild) /  Iuventa Crew
© Mitglieder der Iuventa-Crew bei einem Rettungseinsatz im Mittelmeer (Archivbild) / Iuventa Crew
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ITALIEN ERÖFFNET VERFAHREN GEGEN SEENOTRETTUNGS-CREW DER IUVENTA

29. April 2022

Nach fast fünf Jahren strafrechtlicher Ermittlungen beginnt am 21. Mai 2022 das Vorverfahren gegen die Seenotretter*innen der Iuventa-Crew in Trapani, Italien. Den vier deutschen Crewmitgliedern drohen in Italien bis zu 20 Jahre Gefängnis, weil sie dabei geholfen haben, mehr als 14.000 Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. Amnesty International fordert, das Verfahren gegen die Iuventa-Crew und andere Seenotrettungsorganisationen sofort einzustellen. Die Menschenrechtsorganisation mahnt außerdem an, den Straftatbestand "Beihilfe zur irregulären Einreise" so zu verändern, dass humanitäre Hilfe an den europäischen Außengrenzen nicht länger kriminalisiert wird.

Die Iuventa-Crew kann ihre wichtige Arbeit im Mittelmeer nicht fortsetzen, seitdem ihr Rettungsschiff im August 2017 beschlagnahmt wurde. Vier Crewmitglieder – Kathrin Schmidt, Dariush Beigui, Sascha Girke und Uli Tröder – stehen jetzt in Italien für ihren Einsatz vor Gericht.

Die nicht-öffentliche Vorverhandlung wird am 21. Mai um 10 Uhr in Trapani, Sizilien stattfinden. Währenddessen findet eine Protestaktion zur Unterstützung der Angeklagten und für die Seenotrettung vor dem Gerichtsgebäude statt. Es werden auch Vertreter*innen von Amnesty International für Interviews vor Ort sein.

Franziska Vilmar, Expertin für Asylpolitik bei Amnesty International in Deutschland, fordert: "Die Seenotretter*innen der Iuventa-Crew sind ihrer völkerrechtlichen Pflicht zur Seenotrettung nachgekommen – Amnesty International hat sie für ihren mutigen Einsatz mit dem Menschenrechtspreis 2020 ausgezeichnet. Italien muss dieses Verfahren endlich einstellen und die Kriminalisierung von Seenotrettung ein für alle Mal beenden."

Unangemessene Drohgebärde

Kathrin Schmidt, Einsatzleiterin der Iuventa-Crew, sagt: "Die Drohgebärde dieses pompösen Prozesses wirkt seltsam unbedeutend angesichts der Todeskulisse, aus der er hervorgeht. Die 30.000 Seiten starke Akte soll mit haltlosen Anschuldigungen von der Tatsache ablenken, dass Europa schutzsuchenden Menschen den Krieg erklärt hat. Menschen in Seenot zu retten, ist das einzig Richtige – das ist indiskutabel."

Im Jänner 2021 hatte die Staatsanwaltschaft von Trapani nach fast fünf Jahren Ermittlungen gegen insgesamt 21 Menschen, eine Reederei und zwei Nichtregierungsorganisationen wegen des Vorwurfs, mit Schmugglern zusammengearbeitet zu haben, Anklage erhoben. Unter den Angeklagten befinden sich 16 Menschen, die 2016 und 2017 auf den Rettungsschiffen Iuventa, Vos Hestia und Vos Prudence gearbeitet hatten, die zu den Organisationen "Jugend Rettet", "Save The Children International" und "Médicins Sans Frontières" gehören. Bei der Vorverhandlung am 21. Mai soll entschieden werden, ob die Anklage fallengelassen oder ein möglicherweise jahrelanger Prozess gegen die Seenotretter*innen eingeleitet wird. Den Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis.