Israel/OPT: Evakuierungsbefehl für Krankenhäuser aufheben!
2. November 2023Am 13. Oktober gingen bei 23 Krankenhäusern im Norden des Gazastreifens und in Gaza-Stadt Evakuierungsbefehle der israelischen Armee ein. Seitdem erhalten die Krankenhäuser Anrufe von der israelischen Armee, die sie drängt, diesem Befehl nachzukommen. In diesen Krankenhäusern erhalten mehr als 2.000 Patient*innen lebensrettende Behandlungen. Sie sind außerdem die einzige sichere Zuflucht für Zehntausende binnenvertriebene Familien. Angesichts der humanitären Katastrophe im Gazastreifen kann diesen Evakuierungsbefehlen praktisch nicht Folge geleistet werden. Die israelischen Behörden müssen diese Befehle zurücknehmen und den Schutz der Gesundheitseinrichtungen sicherstellen, wie es das humanitäre Völkerrecht verlangt.
Amnesty International fordert die sofortige Aufhebung der Räumungsbefehle der Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen und in Gaza-Stadt und die Gewährleistung des bedingungslosen Schutzes der Patient*innen, des medizinischen Personals und der Zehntausenden Binnenvertriebenen, die in diesen Krankenhäusern und ihren Einrichtungen Schutz suchen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bestätigt, dass 23 Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen und in Gaza-Stadt wiederholt den Befehl zur Evakuierung erhalten haben. In diesen Krankenhäusern erhalten derzeit mehr als 2.000 Patient*innen lebensrettende Behandlungen. Sie sind außerdem die einzige sichere Zuflucht für Zehntausende von binnenvertriebenen Familien. Krankentransporte durch zerstörte Gebiete und ohne Treibstoff haben keine Aussicht auf Erfolg. Sollten diese "Evakuierungen" durchgeführt werden, wird das Gesundheitssystem des Gazastreifens vollständig zusammenbrechen. Die Patient*innen zur Evakuierung und Umsiedlung in den südlichen Gazastreifen zu zwingen, wo die Gesundheitseinrichtungen bereits jenseits der Kapazitätsgrenze und am Rande des Zusammenbruchs stehen, kommt nach Ansicht der WHO einem Todesurteil gleich.
Die Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen und in Gaza-Stadt sind bereits mit Patient*innen überfüllt und haben Mühe, die humanitäre Krise zu bewältigen. Diese Krise ist durch Israels unablässige Bombardierung verursacht und wird durch die Entscheidung der israelischen Behörden noch intensiviert, die bestehende Blockade zu verschärfen, indem sie den Gazastreifen von Strom, Treibstoff, Wasser und medizinischer Versorgung abschneiden. In diesen Krankenhäusern werden täglich Hunderte von Verwundeten behandelt, dazu kommen Schwangere, Babys in Brutkästen und schwerkranke Patient*innen, so dass die Ärzt*innen gezwungen sind, in Gängen und Zelten zu operieren. Da die Treibstoffreserven zur Neige gehen und die Stromausfälle immer häufiger werden, ist das Leben Tausender Patient*innen akut gefährdet. Der Ausschluss von Treibstoff aus der spärlichen und völlig unzureichenden humanitären Hilfe, die in jüngster Zeit über Rafah nach Gaza gelangt ist, könnte verheerende Folgen für Patient*innen im Gazastreifen haben.
Einige dieser 23 Krankenhäuser sind bereits angegriffen worden und haben Schäden erlitten. Während Amnesty International den Angriff auf das arabisch-baptistische Krankenhaus al-Ahli in Gaza-Stadt am 17. Oktober noch untersucht, hat die Menschenrechtsorganisation bereits bestätigt, dass genau dieses Krankenhaus am 14. Oktober absichtlich von zwei israelischen Artilleriegranaten getroffen wurde. Am 22. Oktober forderte die israelische Armee das vom Palästinensischen Roten Halbmond betriebene Al-Quds-Krankenhaus erneut zur Evakuierung auf und bombardierte noch am selben Tag dessen Umgebung.
Hintergrund
Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden während der israelischen Angriffe zwischen dem 7. und 22. Oktober mehr als 4.650 Palästinenser*innen im Gazastreifen getötet, darunter 1.873 Kinder, und mehr als 14.245 Menschen verwundet. Nach Schätzungen von OCHA wurden seit dem Ausbruch der jüngsten Feindseligkeiten mehr als 1,4 Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben. Nachdem die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen am 7. Oktober einen beispiellosen Angriff aus Israel begannen und mindestens 1.400 Menschen töteten, mehr als 5.200 Menschen verletzten und 222 entführten, reagierte die israelische Armee mit einem massiven Beschuss des Gazastreifens, der seither andauert.
In den frühen Morgenstunden des 13. Oktober gab die israelische Armee eine erste Ankündigung heraus, in der sie mehr als 1,1 Millionen Menschen die nördlich des Wadi Gaza leben, aufforderte, innerhalb eines Tages in den Süden zu ziehen. Dieser Befehl kann nicht als wirksame Warnung angesehen werden und könnte der Vertreibung von Zivilpersonen gleichkommen, was eine Verletzung des humanitären Völkerrechts darstellt. Der anschließende Befehl an die Krankenhäuser, diese zu evakuieren, ist vor dem Hintergrund dieser drohenden Vertreibung zu sehen.
"Die Evakuierung dieses Krankenhauses ist praktisch unmöglich. Es ist unmöglich, die Patient*innen der Intensivstation, Babys in Brutkästen und mehr als 50 Verletzten zu transportieren", erklärte ein*e Ärzt*in des Al-Quds-Krankenhauses gegenüber Amnesty International. Al-Quds ist eines der 23 von der Räumung bedrohten Krankenhäuser. Darin sind auch mehr als 8.000 Binnenvertriebene untergebracht.
Israel darf nicht den gesamten Gazastreifen, einschließlich seiner Krankenhäuser und zivilen Infrastruktur, als militärisches Ziel betrachten. Die israelischen Behörden müssen das humanitäre Völkerrecht einhalten, unter anderem durch die sofortige Aufhebung der Evakuierungsbefehle für Krankenhäuser und die Ermöglichung der sofortigen und bedingungslosen Lieferung von humanitärer Hilfe und medizinischen Hilfsgütern nach Gaza. Die israelischen Behörden müssen auch die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser und Treibstoff wieder aufnehmen, als ersten Schritt zur Beendigung der kollektiven Bestrafungsmaßnahmen, die sie der Zivilbevölkerung seit 16 Jahren auferlegen.
Bitte bis 19. Dezember 2023 unterschreiben!