Im Nordosten Nigerias haben jahrelange Gräueltaten durch die bewaffnete Gruppe Boko Haram sowie schwere Menschenrechtsverletzungen durch das Militär tiefe Spuren hinterlassen: Kinder sind von Verschleppungen, willkürlichen Inhaftierungen, Folter und sexuellem Missbrauch betroffen, viele schwer traumatisiert. Amnesty International dokumentierte die schockierende Situation von Mädchen und Jungen während des anhaltenden Konflikts zwischen Boko Haram und dem nigerianischen Militär. Zwischen November 2019 und April 2020 hat Amnesty International mehr als 230 von dem Konflikt betroffene Menschen interviewt, darunter 119, die als Minderjährige Opfer von schweren Verbrechen durch Boko Haram, das nigerianische Militär oder beiden wurden. Zu ihnen gehörten 48 Kinder, die monate- oder sogar jahrelang in Militärgewahrsam gehalten worden waren, sowie 22 Erwachsene, die zusammen mit Kindern inhaftiert waren. Eine ganze Generation von Kindern muss dringend Schutz und Zugang zu Bildung erhalten, fordert Amnesty International.
Auch im Sudan wurden von Dezember 2019 bis Dezember 2020 133 schwerwiegende Verstöße gegen die Kinderrechte durch bewaffnete Gruppen und Sicherheitskräfte verzeichnet. Etwa die Zwangsrekrutierung von Kindern und ihr Einsatz in Kampfhandlungen. Kindersoldat*innen kämpfen täglich ums Überleben. Kleine Kinder werden an der Waffe ausgebildet und dazu gezwungen, andere Menschen zu töten. Kinder werden in Kampfhandlungen getötet, verstümmelt, entführt oder vergewaltigt. Wenn sie nicht kämpfen, dann müssen sie als Träger*innen, Köch*innen und Spion*innen arbeiten. Von Seiten der sudanesischen Regierung gab es kleine Schritte, das Leid der Kindersoldat*innen zu mindern. Im Februar 2020 unterzeichneten die Regierung und die Vereinten Nationen einen Aktionsplan, um alle schwerwiegenden Verletzungen der Kinderrechte zu beenden. Aber nicht alle Oppositionsgruppen verpflichteten sich diesem Ziel. Zudem erschwerte die Pandemie das Los der Kinder im Sudan. Auch ein Amnesty-Bericht zur Lage in Myanmar zeigt, dass vermehrt Kinder als Soldat*innen rekrutiert werden. Das Militär besetzt Schulen und nutzt diese als strategische Lager.
Recherchen von Amnesty International haben aufgedeckt, dass beim Kleinbergbau in der Demokratischen Republik Kongo auch mit Kinderarbeit gefördertes Kobalterz möglicherweise in die Lieferketten einiger wichtiger Elektronik- und Elektrofahrzeughersteller gelangt. Wiederaufladbare Batterien sind ein wichtiges Puzzlestück im Kampf gegen die Klimakrise: Solche Technologien werden unter anderem in Elektrofahrzeugen eingesetzt – und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ist für die Erreichung der Klimaziele zentral. Gleichzeitig bringt die Batterierevolution ganz eigene Risiken für die Menschenrechte – besonders auch für die Menschenrechte von Kindern. Die Kinder arbeiten, um nicht zu verhungern; sie arbeiten, weil ihre Familien keine andere Wahl haben. Es sind Fünfjährige, die in den Kobalt-Minen in der DR Kongo für die Herstellung von Batterien, Handys und Elektroautos ihre Kindheit opfern. Die Nachfrage nach elektronischen Geräten ist seit der COVID-19-Pandemie in den wohlhabenden Ländern gestiegen. Doch mehr als die Hälfte des weltweit abgebauten Kobalts stammt aus der Demokratischen Republik Kongo; davon werden ca. 20 Prozent händisch abgebaut. Die Gefahren, denen die Kinder ausgesetzt sind, sind kaum vorstellbar. Einstürzende Minenschächte werden zur dauernden Gefahr; entzündete Wunden, Lungenschäden und chronische Hauterkrankungen begleiten den Arbeitsalltag der Minderjährigen.
Auch auf den Palmölplantagen Sumatras opfern Kinder ihre Kindheit, um sich und ihre Familien zu ernähren. Tag für Tag schleppen sie Säcke voller Palmfrüchte und riskieren Verletzungen und körperliche Langzeitschäden. Zudem sind sie bei der Produktion des Öls giftigen Substanzen ausgesetzt. Amnesty International zeigte mit umfassenden Recherchen in Indonesien auf, dass die weltweit bekanntesten Lebensmittel- und Haushaltsunternehmen Lebensmittel, Kosmetika und andere Produkte des täglichen Bedarfs mit Palmöl verkaufen, dessen Produktion von schockierende Menschenrechtsverletzungen geprägt ist.