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VfGH-Erkenntnis: Wichtiger Schritt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Österreich

17. Dezember 2019

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mehrere Regelungen des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes als verfassungswidrig aufgehoben. Die gestaffelten Höchstsätze für Kinder sowie die Verknüpfung der Sozialhilfe mit einem bestimmten Niveau an Sprachkenntnissen sind verfassungswidrig, weil sie zu einer unzulässigen Diskriminierung von Mehrkindfamilien sowie von Menschen mit geringeren Deutsch- oder Englischkenntnissen geführt hätten.

 

Die VfGH-Erkenntnis zeigt, dass gleiche Chancen und gleiche Rechte für alle Menschen in Österreich gelten müssen.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

„Die VfGH-Erkenntnis zeigt, dass gleiche Chancen und gleiche Rechte für alle Menschen in Österreich gelten müssen“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und sagt weiter: „Menschen in Not zu helfen und jenen, die es nicht so leicht haben, eine Chance geben – darauf konnte sich jeder Mensch in Österreich bis jetzt verlassen. Doch das geplante Sozialhilfe-Grundsatzgesetz hätte mit diesem wichtigen gesellschaftlichen Prinzip gebrochen. Ein großartiger Erfolg, dass die gravierendsten Schlechterstellungen nun endgültig vom Tisch sind.“

Hintergrund

Amnesty International hat das geplante Sozialhilfe-Grundsatzgesetz während der Begutachtungsfrist im Jänner 2019 in einer Stellungnahme wegen Widerspruchs zum Recht auf soziale Sicherheit scharf kritisiert. Die Regelungen hätten die Situation für armutsgefährdete Kinder und Jugendliche, Menschen mit geringer Schulbildung oder geringen Sprachkenntnissen gravierend verschlechtert und so zu mehr Armut in Österreich geführt.

Menschenrechte sind das Fundament unserer Gesellschaft und unserer Verfassung. Österreich verpflichtete sich zur Achtung, zum Schutz und zur Gewährleistung des Rechts auf soziale Sicherheit nach Art. 9 des UN-Paktes für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Pakt). Dieses Recht bezieht sich auf Systeme sozialer Sicherheit zum Schutz vor existenziellen Lebensrisiken. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz hat dieses Recht unmittelbar betroffen“.

Laut WSK-Pakt muss das Recht auf soziale Sicherheit „progressiv realisiert“ werden. Das heißt, dass rückschrittliche Maßnahmen nur in absoluten Ausnahmesituationen stattfinden dürfen und gerechtfertigt werden müssen. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz hätte nach Ansicht von Amnesty International einen solchen Rückschritt dargestellt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Österreich nachhaltig beschädigt. Die gravierendsten Schlechterstellungen sind mit dem VfGH-Erkenntnis nun vom Tisch.