© Sergio Ortiz/Amnesty International
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USA: Behörden müssen aufhören, Familien zu trennen und einzusperren

29. Juni 2018

Die US-Behörden müssen die Trennung und Inhaftierung von Kindern und Familien, die an der US-Grenze zu Mexiko um Asyl suchen, unverzüglich beenden. Gleichzeitig müssen sie Tausende von Familien wieder zusammenführen, die aufgrund der ungesetzlichen und grausamen Politik der Trump-Regierung getrennt wurden, fordert Amnesty International. Morgen, am 30. Juni, findet ein weltweiter Aktionstag gegen diese grausame Politik statt, den Amnesty unterstützt.

„Trotz des Dekrets, das Präsident Trump letzte Woche unterzeichnet hat, werden immer noch Tausende verängstigte Kinder von ihren verzweifelten Eltern ferngehalten. Sie haben keine Ahnung, wann sie ihre Liebsten wiedersehen werden. Die US-Behörden halten Kinder in Käfigen fest oder fliegen sie in Tausende von Meilen entfernte Unterkünfte. Dadurch verursachen sie wissentlich tiefes und anhaltendes seelisches Leid. Und das nur, um Menschen davon abzuhalten, Asyl zu suchen“, sagte Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerika bei Amnesty International.

„Präsident Trumps Dekret, Kinder mit ihren Eltern einzusperren, anstatt sie zu trennen, ersetzt nur eine traumatisierende Strafe durch eine andere. Die US-Behörden müssen die Familien, die Asyl beantragen, unverzüglich freilassen, damit sie ihr Recht auf Asyl unter fairen und humanen Bedingungen in Anspruch nehmen können. Kein Kind sollte aus den Armen seiner Eltern genommen werden oder hinter Gittern aufwachsen. Es ist Zeit, die unmenschlichen Praktiken der Familientrennung und Inhaftierung ein für alle Mal zu beenden“, sagte Erika Guevara-Rosas.

Im am 20. Juni unterzeichneten Dekret hat Präsident Trump angeordnet, dass Kinder zusammen mit ihren Eltern in Hafteinrichtungen für Asylsuchende inhaftiert werden, während ihre Asylanträge bearbeitet werden. Zur Umsetzung der Anordnung – die im Widerspruch zum US-Recht steht – strebt die US-Regierung eine Freistellung von der gerichtlich angeordneten Flores-Vergleichsvereinbarung an. Diese legt fest, dass Kinder unverzüglich und innerhalb von höchstens 20 Tagen aus der Haft entlassen werden müssen.

Präsident Trumps Dekret, Kinder mit ihren Eltern einzusperren, anstatt sie zu trennen, ersetzt nur eine traumatisierende Strafe durch eine andere.

Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerika bei Amnesty International

Bisher nur wenige Wiedervereinigungen

Das Department of Homeland Security (DHS) hat inzwischen eine Reihe von Erklärungen herausgegeben. Sie machen deutlich, dass Familientrennungen auf absehbare Zeit fortgesetzt werden können, auch während Asylwerber*innen auf das Ergebnis ihrer Anträge warten. Während die Behörden angekündigt haben, einige der bereits getrennten Familien wieder zusammenzuführen, gab es in der Realität nur wenige Wiedervereinigungen. Viele Familien bleiben traumatisiert, getrennt und von Abschiebung bedroht – ohne Zugang zu einem fairen und humanen Asylverfahren.

Amnesty begrüßt die einstweilige Verfügung eines US-Bundesgerichts, die am 26. Juni die Wiedervereinigung von Tausenden gewaltsam getrennten Kindern und ihren Eltern angeordnet hat. Allerdings könnte die Trump-Administration diese Anordnung noch anfechten. Daher ist öffentlicher Druck entscheidend: Behörden dürfen Familien nicht wieder zusammenführen, nur um sie gleich wieder festzunehmen oder gewaltsam zu trennen.

Obwohl die Trump-Administration erst am 6. April 2018 offiziell die Trennung von Familien als abschreckende Maßnahme im Rahmen der „Null-Toleranz-Politik für die illegale Einreise“ angekündigt hat, hat Amnesty International festgestellt, dass diese Praxis zumindest seit Beginn der Verwaltung angewendet wird, auch gegen Personen, die sich in den Einreisehäfen zur Ausübung ihres Asylrechts gemeldet haben.

Tausende von „Null-Toleranz-Politik“ betroffen

Das Department of Homeland Security (DHS) sagte am 19. Juni, dass sie 2.342 Kinder von 2.206 Eltern an der Grenze zwischen den USA und Mexiko vom 5. Mai bis 9. Juni im Rahmen der „Null-Toleranz-Politik“ getrennt habe. Offizielle Statistiken der Nachrichtenmedien deuten darauf hin, dass schon davor Tausende von Familien von der US-Regierung getrennt worden sein könnten.

Amnesty International fordert den US-Kongress erstens dazu auf, das Department of Homeland Security zu drängen, die getrennten Familien so schnell wie möglich wieder zusammenzuführen. Zweitens die erzwungene Trennung der Kinder von ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten sofort zu beenden und drittens sicherzustellen, dass diese Praktiken nicht wieder aufgenommen werden.

Der Kongress muss auch die Regierung dazu drängen, die Praxis der Inhaftierung von Familien, die Asyl beantragen, zu beenden. Eltern und Kinder, die sich in Haft befinden, müssen unverzüglich freigelassen werden; und es darf keine Erhöhung der Mittel für Hafteinrichtungen für Asylsuchende, in denen Kinder und Familien untergebracht werden, geben, fordert Amnesty.

Amnesty-Recherchen an der Grenze zwischen USA und Mexiko

Mitarbeiter*innen von Amnesty International recherchierten im April und Mai 2018 an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. In den meisten Fällen von Familientrennungen, die Amnesty dokumentierte, hatten sich die Familien rechtmäßig an offiziellen Grenzübergängen präsentiert, um Asyl zu beantragen; US-Behörden begründete die Trennungen nicht

Viele Eltern, die gewaltsam von ihren Kindern getrennt wurden, zeigten extreme Qualen und weinten unkontrolliert, während sie Amnesty International ihre Geschichten erzählten. Die Trennung von Familien mit dem erklärten Ziel der Abschreckung und Bestrafung von Asylwerber*innen, die Schutz an den Grenzen der USA beantragen, entspricht der Definitionen von Folter nach US-amerikanischem und internationalem Recht.