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Türkei: Die Schauprozesse beginnen

25. Oktober 2017

Menschenrechts-verteidiger*innen drohen 15 Jahren Haft

  • Konstruierte Anklage gegen elf Menschenrechtsverteidiger*innen
  • Vor Gericht stehen auch die Direktorin und der Vorstandsvorsitzende von Amnesty Türkei
  • Internationaler Protest gegen Justizfarce – Tausende fordern die sofortige Freilassung aller elf Angeklagten

Die Prozesse sind eine Bewährungsprobe für das türkische Justizsystem. Sie werden zeigen, ob nun der Einsatz für Menschenrechte in der Türkei ein Verbrechen ist.

Annemarie Schlack, Geschäftsführererin von Amnesty International Österreich

In Istanbul und Izmir beginnen die Prozesse gegen elf prominente Menschenrechtsverteidiger*innen, darunter die Direktorin und der Vorstandsvorsitzende von Amnesty International Türkei. Mit konstruierten und teilweise grotesken Anklagen wird den Aktivist*innen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation unterstellt.

Den Menschenrechtsverteidiger*innen drohen bis zu 15 Jahren Haft. Der Prozess wird in zwei getrennten Verfahren in Istanbul und Izmir geführt. Am Mittwoch sind in Istanbul unter anderem Idil Eser, die Direktorin von Amnesty Türkei, der Deutsche Peter Steudtner, der Schwede Ali Ghavari sowie wei-tere Aktivist*innen vorgeladen. Taner Kilic muss außerdem am 26. Oktober in Izmir in einem separaten Verfahren vor Gericht erscheinen.

Seit dem Moment ihrer Verhaftung ist klar, dass das Vorgehen der Behörden politisch motiviert ist und darauf abzielt, kritische Stimmen in der Türkei zum Schweigen zu bringen.

John Dalhuisen, Europa-Direktor von Amnesty International

„Ohne jede Grundlage haben die türkischen Behörden versucht, gegen Idil, Taner und die anderen neun Menschenrechtsverteidiger*innen ein Verfahren einzuleiten. Es dauerte mehr als drei Monate, bis der Staatsanwalt die Anklageschrift vorlegte – und darin keinen einzigen auch nur annähernd stichhaltigen Vorwurf präsentierte. Der Richter sollte eigentlich nicht länger als eine halbe Stunde benötigen, um den Fall abzulehnen“, sagt Dalhuisen.

„Die Anhörungen sind eine Bewährungsprobe für das türkische Justizsystem. Sie werden zeigen, ob der Einsatz für Menschenrechte nun in der Türkei ein Verbrechen ist“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführererin von Amnesty International Österreich.

Seit Monaten in Untersuchungshaft

Zehn der Angeklagten – darunter Idil Eser, Direktorin von Amnesty-Türkei – sind am 5. Juli 2017 nach einem Weiterbildungsworkshop in Büyükada bei Istanbul verhaftet worden. Der Verstandsvorsitzende von Amnesty Türkei war schon im Juni 2017 festgenommen worden.  

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten ohne jegliche stichhaltigen Beweise vor, ein „geheimes Treffen zur Organisation eines Aufstands im Gezi-Stil“ organisiert zu haben. Diese Vorwürfe sind absurd.

Auch Taner Kilic soll von diesem Treffen gewusst haben, lautet der Vorwurf. Zudem wird gegen ihn eine separate Anklage wegen „Mitgliedschaft in der Terrororganisation Fethullah Gülen“ vorgebracht. Der Vorwurf basiert auf der Behauptung, er habe eine App heruntergeladen, die von Gülen-Anhänger*innen genützt wird. Zwei unabhängige forensische Gutachten, die von Amensty Internatinal beauftragt wurden, belegen jedoch, dass die besagte App niemals auf seinem Telefon gewesen war.

Internationaler Widerstand

Gegen die offensichtlich konstruierte Anklage und die Verhaftungen protestierten tausende Akti-vist*innen. Zahlreiche Politiker*innen, darunter auch der österreichsiche Bundeskanzler, Vertreter*innen internationaler Organisationen sowie bekannte Persönlichkeiten forderten bereits ihre Freilassung – so auch der Menschenrechtsverteidiger Edward Snowden, für den sich Amnesty Interntional seit Jahren einsetzt.

Edward Snowden verlangt, dass die Menschenrechtsverteidiger*innen freigelassen werden

Die Anhörung der elf Angeklagten soll am 25. Oktober in Istanbul beginnen. Taner Kilic wird am 26. Oktober 2017 in Izmir angehört. Amnesty hat mehrere Vertreter vor Ort, die den Prozess beobachten.

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