Stellungnahme Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle
8. April 2010Bedenkliche Minderung des Rechtsschutzes in Asylverfahren bestehen bleibt bestehen.
Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes,
mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird und einige Bundesverfassungsgesetze und in einfachen Bundesgesetzen enthaltene Verfassungsbestimmungen aufgehoben werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010)
Amnesty International kritisiert, dass auch im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle die rechtsstaatlich bedenkliche Minderung des Rechtsschutzes in Asylverfahren bestehen bleibt.
Die bestehende Systemwidrigkeit, Angelegenheiten auf dem Gebiet des Asylrechts von der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zwecks nachprüfender Kontrolle auszuschließen, wird auch mit dem Entwurf zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010 nicht beseitigt, sondern weiter aufrechterhalten. Während es also grundsätzlich möglich sein soll z.B. bei einer Verkehrsstrafe wegen einer Geschwindigkeitsübertretung nach der Entscheidung durch das neu zu schaffende Verwaltungsgericht eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, bleibt dies im Bereich des Asylverfahrens grundsätzlich ausgeschlossen. Dies alles, obwohl es hier um grundsätzliche menschenrechtliche Fragen geht, die Leib und Leben eines Flüchtlings betreffen.
Nach Ansicht von Amnesty International muss der Asylgerichtshof in das vorgesehene System der Verwaltungsgerichte 1. Instanz als Sondergericht des Bundes eingebunden werden, damit der rechtsstaatliche Ausnahmezustand der Versagung des Zugangs zum Verwaltungsgerichthof in dem so prekären Bereich des Asylrechts beendet wird.
Nach ständiger Rechtssprechung des VfGH begründet das Bundesverfassungsgesetz über die Beseitigung rassischer Diskriminierung (BGBl I Nr. 1973/390) ein Verbot, sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierungen von Fremden untereinander vorzunehmen. Dieses Verbot richtet sich sowohl an die Vollziehung als auch an die Gesetzgebung. Der Ausschluss der nachprüfenden Kontrolle durch den VwGH in Asylverfahren - im Gegensatz zu der Verhängung einer Ausweisung außerhalb des Asylverfahrens, bei der ein Rechtszug zum VwGH besteht, verwirklicht eine unsachliche Ungleichbehandlung von Fremden untereinander, die trotz Verabschiedung als Verfassungsrecht problematisch bleibt.
Die systemwidrige Ungleichbehandlung setzt sich auch im Verfahrensbereich fort – während beim Verwaltungsgerichtshof als letzte Instanz Verfahrenshilfe beantragt werden kann, ist dies beim Asylgerichtshof nicht vorgesehen.
Amnesty International fordert dringend dazu auf, die im Entwurf angedachte Fortsetzung der gesetzlich legitimierten Diskriminierung einer besonders verletzlichen Gruppe von Rechtssuchenden zu beenden und den Asylgerichtshof in das vorgesehene System einzubinden.