© Amnesty International
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presse

Ohne Rücksicht auf Verluste

19. September 2012

Wahllose Attacken terrorisieren Syrische Zivilbevölkerung

Zivilistinnen und Zivilisten, viele von ihnen Kinder, werden immer öfter zu Opfern unerbittlicher und wahlloser Attacken der syrischen Armee. Dies zeigen der aktuelle Bericht und das dazugehörige Videomaterial von Amnesty International, welche Anfang des Monats im Zuge von Vor-Ort-Recherchen in Syrien entstanden sind.

Der aktuelle Kurzbericht von Amnesty International lässt ein neues Muster der Kriegsführung in Syrien erkennen: wann immer Regierungstruppen von Rebellen zurückgedrängt werden, attackieren sie die verlorenen Gebiete wahllos und ohne Rücksicht auf Verluste. „Die Streitkräfte der Regierung setzen routinemäßig Bomben und Granaten ein, die nicht auf spezifische Ziele gerichtet werden können, sodass die Opfer fast immer Zivilist*innen sind. Solche Munition sollte niemals in Wohngebieten verwendet werden“, berichtet Donnatella Rovera, Krisenbeauftragte von Amnesty International, welche gerade in Syrien war.  

Amnesty International untersuchte vor Ort zahlreiche Anschläge, bei denen insgesamt 166 Menschen, darunter 48 Kinder und 20 Frauen, ums Leben kamen und hunderte verletzt wurden. Die Untersuchungen konzentrierten sich auf insgesamt 26 Orte in den Regionen Idlib, Jabal al-Zawiya und Nord-Hama.
„Die Notlage der Menschen in diesem Gebiet des Landes wurde bisher noch kaum dokumentiert, die internationale Aufmerksamkeit konzentriert sich weitgehend auf die Gegenden um Aleppo und Damaskus. Die Schrecken für die Zivilbevölkerung hier sind aber mindestens ebenso dramatisch. Die willkürlichen Anschläge sind Kriegsverbrechen“, so Rovera weiter.

Während der Untersuchungen wurden von Amnesty International täglich Luftangriffe, Artillerie- und Granatenfeuer in den Städten und Dörfern der Region beobachtet. Der Einsatz solcher Waffen in Wohngebieten hatte in den letzten Wochen zu einem dramatischen Anstieg der zivilen Opfer geführt. Gerade die hohe Anzahl getöteter Kinder unterstreicht den willkürlichen und grausamen Charakter der Angriffe.

„Nach wie vor verhindert die Uneinigkeit der internationalen Gemeinschaft ein wirksames Vorgehen gegen die Verantwortlichen. Willkürliche Anschläge auf Zivilisten stellen Kriegsverbrechen dar. Der UN-Sicherheitsrat sollte mit Nachdruck dafür sorgen, dass sich die Drahtzieher dieser Verbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verantworten müssen. Es wäre ein klares und wichtiges Signal, dass die Zeit der Straflosigkeit für Verstöße gegen das Völkerrecht endgültig vorbei ist“, meint Rovera abschließend.

Den vollständigen Bericht „Syria: New evidence – High civilian death toll from campaign of indiscriminate attacks“, die englische Pressemitteilung und einen Link zu Amnesty-Videomaterial aus den untersuchten Regionen in Syrien gibt es auf amnesty.org.