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Gesetzesentwurf für ein „Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl“ (BFA)

14. April 2012

Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschafts

Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 geändert werden.

Jedem ‚Mehr an Grundrechtseingriff‘ muss ein ‚Mehr als mehr an Rechtsschutz‘ mitgegeben werden. Dieser selbstverständliche Grundsatz jedes menschenrechtsorientierten Rechtsstaates wird im vorliegenden Entwurf - so wie in einigen anderen aktuellen Gesetzesvorhaben - nicht nur völlig ignoriert, sondern auch noch zynisch in sein Gegenteil umgekehrt.

Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich

Grundsätzliches

Vorangestellt werden muss, dass dieser Gesetzesentwurf primär die Schaffung eines Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Intention hat, welches im Rahmen einer umfassenden Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform eingerichtet werden soll. Dies hat zur Folge, dass im vorliegenden Entwurf auf nicht existente Gesetze bzw. Systeme verwiesen wird, was eine umfassende und nachhaltige Begutachtung nahezu unmöglich machen.

Die derzeit geplanten Zuständigkeiten des Bundesamtes nehmen die sogenannte „reguläre Migration“ aus. Dies rückt den Asylbereich einmal mehr in den Bereich der „irregulären Migration“ und es wird somit der Fokus erneut auf den sicherheitspolitischen Aspekt anstatt auf den Schutzgedanken gelegt.

Den Entwicklungen der vergangenen Jahre folgend, werden mit diesem Gesetzesentwurf die Rechte und die persönliche Freiheit von schutzbedürftigen Personen sukzessiv eingeschränkt und damit fortgesetzt zur Kriminalisierung dieser Personen beigetragen. Amnesty International ist besorgt, dass unter dem Deckmantel der „Verfahrensökonomie“ mit dem vorliegenden Entwurf immer weiter in die Grundrechte und Privatsphäre von Fremden eingegriffen wird, während gleichzeitig deren Rechtsschutz nach und nach ausgehöhlt wird.

Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf

BFA-EINRICHTUNGSGESETZ

§ 2 Abs 4 (Aus- und Fortbildungsverpflichtung)
Amnesty International begrüßt, dass nunmehr auch für den fremdenpolizeilichen Bereich eine Ausbildungsverpflichtung, wie dies bisher nur im Asylbereich der Fall war, vorgesehen ist.

§ 3 (Zuständigkeiten)
Amnesty International merkt kritisch an, dass diese Bestimmung keine umfassende Zuständigkeit des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) für alle fremdenrechtlichen Angelegenheiten vorsieht, sondern diese auf gewisse Bereiche, wie z.B. Refoulement oder fremdenpolizeiliche Maßnahmen beschränkt, während Migration grundsätzlich nach dem NAG weiterhin als Zuständigkeitsmaterie bei den Bezirkshauptmannschaften verbleibt. Dies erzeugt einmal mehr den Eindruck, dass das Asylwesen hauptsächlich im Fokus des Themas Sicherheit und irreguläre Migration betrachtet wird und der Schutzgedanke hintan gestellt wird.

§ 5 (Staatendokumentation)
Nicht nachvollziehbar ist, warum nach Abs 6 Z 5 die Staatendokumentation nur Rechtsberatern gem. §§ 49 und 50 BFA-VG, nicht jedoch jenen nach §§ 51 und 52 BFA-VG zur Verfügung steht. Diskriminierend findet Amnesty International weiters die Tatsache, dass auch die vom Verfahren betroffenen Personen von der Unentgeltlichkeit ausgenommen sind.

Z 7 sieht nur für gewisse Benutzer vor, dass sie in der Staatendokumentation enthaltene Fehler dem Bundesamt mitteilen müssen - ausgenommen sind beispielsweise die Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder. Nach Ansicht von Amnesty International sollten jedoch alle staatlichen Institutionen dieser amtswegigen Korrekturpflicht unterliegen.

BFA-VERFAHRENSGESETZ

§ 3 Abs 2 (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl)
siehe § 3 BFA-Einrichtungsgesetz

§ 8 (Revision)
Amnesty International steht der Tatsache, dass in diesem Gesetz, wie z.B. in dieser Bestimmung, auf noch nicht existente Gesetze bzw. Systeme verwiesen wird, äußerst kritisch gegenüber. Ein solches Vorgehen macht eine umfassende und nachhaltige Begutachtung geradezu unmöglich.

Auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs, hat es jedoch den Anschein, dass nur dem Bundesminister für Inneres das Recht auf Erhebung einer Revision zustehen soll. Im Sinne der „Waffengleichheit“ sollte nach Ansicht von Amnesty International eine solche Möglichkeit jedenfalls beiden Parteien des Verfahrens zustehen. Hingewiesen wird auch darauf, dass im Gesetz derzeit keine Frist für die Erhebung einer Revision vorgesehen ist.

§ 10 (Handlungsfähigkeit)
siehe § 12 FPG

§ 11 (Zustellungen)
Die Bestimmung in Abs 6, wonach eine Zustellung, die aufgrund der Angaben des Asylwerbers zu seinem Alter an einen Rechtsberater oder Jugendwohlfahrtsträger als gesetzlichen Vertreter erfolgte, wirksam ist, wenn dieser zum Zeitpunkt der Zustellung bereits volljährig ist, erscheint angesichts der Folgen überschießend. Wird nämlich in Folge dieser Zustellung von Seiten des Rechtsberaters oder des Jugendwohlfahrtsträgers ein Rechtsmittel ergriffen, ist aufgrund der mangelnden Legitimierung die Berufung nicht rechtswirksam, während die Zustellung jedoch als wirksam angesehen wird und somit die Ergreifung eines Rechtsmittels aufgrund Fristenablauf für die betroffene Person nicht mehr möglich ist.

§ 12 (Bescheide)
Amnesty International äußert Bedenken hinsichtlich der Tatsache, dass der Spruch und die Rechtsmittelbelehrung entweder in einer dem Drittstaatsangehörigen verständlichen Sprache oder auch nur in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht, enthalten sein kann. Amnesty International vertritt die Ansicht, dass aus Gründen des Rechtsschutzes der 2. Teil („Sprache, bei der vernünftigerweise…“) gestrichen werden sollte. Hier wird – wie so oft – der Verfahrensökonomie Vorrang vor Fair-Trial-Prinizpien gegeben, was häufig zu menschenrechtsverletzenden Folgen führt.

§ 13 (Mitwirkung des Fremden)
§ 13 beinhaltet nach wie vor die Bestimmung, dass eine DNA-Analyse nur auf Verlangen des Fremden (wobei in der Praxis wohl eher eine indirekte Anordnung seitens der Behörde, deren Verweigerung zu Lasten des Fremden ausgelegt wird, vorliegt) und daher auf dessen Kosten vorzunehmen ist. Amnesty International weist darüber hinaus nochmals darauf hin, dass eine DNA-Analyse nicht immer zum Ziel führen wird, etwa wenn ein Kind nicht das leibliche Kind eines Vaters ist, er dieses jedoch als seines angenommen hat bzw. dieses von Rechts wegen als sein leibliches Kind gilt (wie dies z.B. während aufrechter Ehe nach österreichischem Recht der Fall wäre).

§§ 14 – 18 (Verfahren vor den Vertretungsbehörden)
Amnesty International begrüßt grundsätzlich, dass nunmehr Entscheidungen der Vertretungsbehörden schriftlich auszufertigen sind und eine Beschwerdemöglichkeit sowie die Möglichkeit eines Devolutionsantrags gegeben sind, bedauert jedoch, dass keine Begründung für eine derartige Entscheidung gegeben werden muss.

Bezüglich des Devolutionsantrags merkt Amnesty International an, dass nicht nachvollziehbar ist, warum entgegen den AVG-Bestimmungen, die vorsehen, dass ein überwiegendes Verschulden der Behörde an der Verzögerung vorliegen muss, in Verfahren vor den Vertretungsbehörden der Ansatz gewählt wurde, dass ein ausschließliches Verschulden der Behörden vorliegen muss.

§ 29 (Übermittlung personenbezogener Daten)
Auch in dieser Bestimmung erfolgt eine Übermittlung der Daten nur an die Rechtsberater nach §§ 49 und 50, während die Rechtsberater nach §§ 51 und 52 ausgenommen werden. Darüber hinaus wäre eine Klarstellung erforderlich, dass eine Übermittlung nur an „österreichische Vertretungsbehörden“ erfolgen darf.

§ 30 (Mitteilungspflichten der Behörden)
In § 30 wird entgegen der Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen die Mitteilungspflicht der Sicherheitsbehörden erneut erweitert. Die neuen Regelungen sehen eine Mitteilungspflicht schon bei Anträgen auf Eheschließung oder auf Begründung einer eingetragenen Partnerschaft von Drittstaatsangehörigen (Abs 7) vor. Amnesty ist besorgt, dass es zu einer immer weiter ins Privatleben hineinreichenden „Überwachung“ von Fremden kommt, deren Ursprung darin liegen dürfte, dass Fremde als Sicherheitsrisiko eingestuft werden. Dies führt dazu, dass Handlungen eines Drittstaatsangehörigen, auch wenn kein Verdacht auf Missbrauch vorliegt, in überschießendem Ausmaß dokumentiert und überwacht wird.

§ 33 (Internationaler Datenverkehr)
Mit der letzten Novelle hat in allerletzter Minute die Bestimmung ins Gesetz Eingang gefunden, dass ein negativer erstinstanzlicher Bescheid des Bundesasylamtes genügen soll, um die persönlichen Daten von Asylwerbern an den Herkunftsstaat weiterleiten zu können. Diese Bestimmung bleibt in § 33 Abs 5 Z 3 BFAVG erhalten. Wie schon UNHCR im April 2011 kritisiert hat, wird zahlreichen der davon Betroffenen in 2. Instanz Asyl gewährt und der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Folglich bedeutet dies in der Praxis eine ernsthafte Gefährdung der betroffenen Asylwerber sowie deren Familien und deren Bekanntenkreis. Amnesty International vertritt die Ansicht, dass diese Bestimmung aufgrund ihres Gefährdungspotentials ersatzlos gestrichen werden muss.

§ 34 (Festnahmeauftrag)
§ 34 Abs 1 Z 2 bildet die Grundlage zur Anordnung der Festnahme eines Fremden, wenn dieser sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstücks des FPG fällt. Amnesty International weist darauf hin, dass dadurch auch gegen Asylwerber, deren Aufenthalt zwar zulässig, jedoch im Falle einer Duldung nicht als rechtmäßig gilt, auch wenn diese am Verfahren mitwirken, dadurch ein Festnahmeantrag erlassen werden könnte. Dies wäre menschenrechtlich jedenfalls problematisch.

§ 38 (Durchsuchen von Personen)
Wie der VfGH in seinem Erkenntnis G 237/03 vom 15.10.2004 festgestellt hat, kann ein Grundrechtseingriff durch Durchsuchung von Kleidung und mitgeführten Behältnissen „nur dann als verhältnismäßig angesehen werden, wenn die Identität und die Berechtigung zum Aufenthalt anders nicht oder nur mit erheblichem Aufwand feststellbar wären. Dies insbesondere dann, wenn der Betroffene nicht kooperativ an der Sachverhaltsfeststellung mitwirkt oder erhebliche Zweifel an seinem Vorbringen bestehen, die durch die Durchsuchung ausgeräumt werden können.“ In den Erläuternden Bemerkungen wird klar gestellt, dass die Durchsuchung in dieser Bestimmung zum Zweck der Beweismittelsicherung dient. Weiters wird festgestellt, dass durch Abs 2 § 38 BFA-VG klargestellt würde, dass eine Durchsuchung nicht mehr vorzunehmen ist, wenn der Betroffene selbst die mitgeführten Beweismittel herausgibt. Abs 2 bezieht sich jedoch nur auf jene Fälle, in denen Asylwerber nach Z 5 betroffen sind. Im Einklang mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sollte der in § 37 Abs 2 FPG sowie § 38 Abs 2 BFA-VG enthaltene Grundsatz für alle davon Betroffenen verankert werden.

§ 40 (Festnahme)
Auch § 40 sieht entgegen den Angaben in den Erläuternden Bemerkungen Verschärfungen im Umgang mit Fremden vor: Fremde, bei denen der Verdacht besteht, dass sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, können nach dem Gesetzesentwurf in Hinkunft aus wesentlich weiter und unbestimmter gefassten Gründen festgenommen werden, um sie dem Bundesamt vorzuführen. Dies erscheint unverhältnismäßig.

§ 49 (Rechtsberatung im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt)
Amnesty International empfiehlt aus Gründen der Kongruenz (siehe auch § 51 Abs 1 BFA-VG) die derzeit in § 64 AsylG 2005 gewählte Formulierung – „Im Zulassungsverfahren ist einem Asylwerber kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen.“ - beizubehalten. Nach Ansicht von Amnesty International kann der im Entwurf vorgeschlagene Wortlaut – „…ist einem Asylwerber der kostenlose Zugang zu einem Rechtsberater zu gewähren“ – den Anspruch der betroffenen Personen deutlich schwächen.

§ 50 (Beratende Unterstützung für Asylwerber im zugelassenen Verfahren vor dem Bundesamt)
Amnesty bedauert, dass die mit der letzten Novelle erfolgte Einschränkung, wonach an den Außenstellen des Bundesasylamtes eine beratende Unterstützung eingerichtet werden kann, wobei die Rechtsberater nur „nach Maßgabe der faktischen Möglichkeiten“ zu bestellen sind, beibehalten wird. Amnesty International hat in diesem Zusammenhang wiederholt betont, dass aufgrund der Komplexität der Asylverfahren Rechtsberatung eine absolute Notwendigkeit für sprach- und rechtsunkundige Asylwerber darstellt und eine solche auch positive Auswirkungen auf die Effizienz des Verfahrens hat. Darüber hinaus sollte die Rechtsberatung nicht nur an den Außenstellen der Bundesasylämter erfolgen, um auch für Personen, die von den Außenstellen weiter entfernt untergebracht werden, Zugang zu adäquater Rechtsberatung zu gewährleisten.

§ 51 (Sonstige Rechtsberatung)
Die neuen Bestimmungen zur Rechtsberatung im fremdenrechtlichen Verfahren bringen deutliche Verschlechterungen mit sich. Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die Rechtsberatung nur noch für jene Personen zur Verfügung stehen, gegen die eine Festnahmeauftrag im Sinne dieses Gesetzes erlassen wurde. Das Recht auf Rechtsberatung im Falle eines gelinderen Mittels oder sonstiger Befehls- und Zwangsgewalt ist nach dem vorliegenden Entwurf nicht mehr vorgesehen.

Darüber hinaus wurde ist in Hinkunft nur noch eine Rechtsberatung und keine Rechtsvertretung durch Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden vorgesehen, eine weitere „verfahrensökonomische“ Schlechterstellung!

§ 52 (Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht)
Die nach der derzeitigen Rechtslage bereits im erstinstanzlichen fremdenrechtlichen Verfahren – d. h. im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung - vorgesehene Rechtsberatung soll nach dem vorliegenden Entwurf auf Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beschränkt werden. Auch bei Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG ist im Gegensatz zu dem derzeit geltenden § 84 FPG keine Vertretung mehr vorgesehen. Dies ist menschenrechtlich problematisch und trägt darüber hinaus zu einem Ansteigen der
Berufungsfälle bei, was wiederum dem dem Entwurf zugrundeliegenden Grundgedanken widerspricht.

Amnesty International drückt ihre Besorgnis darüber aus, dass einerseits die fremden- und asylrechtlichen Bestimmungen immer komplizierter werden, während gleichzeitig die zum teilweisen Ausgleich geschaffene erst mit der Fremdenrechtsnovelle 2011 eingeführte rechtliche Unterstützung der Betroffenen schon nach kürzester Zeit wieder eingeschränkt oder in großen Bereichen abgeschafft wird.

ASYLGESETZ - 4b (Staatsangehörige eines Mitgliedstaates)

Gemäß § 4b AsylG des vorliegenden Gesetzesentwurfs sollen - in Umsetzung des Protokoll Nr. 24 - Anträge auf internationalen Schutz von Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union grundsätzlich als unzulässig zurückzuweisen sein.

Davon ausgenommen sind nur Fälle, in denen der Herkunftsstaat des Asylwerbers den Notstandsfall gem. Art 15 EMRK anwendet, gegen den Herkunftsstaat ein Verfahren nach Art 7 Abs 1 EUV (Verfahren zur Feststellung, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2 genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht) oder eine solche Gefahr bereits festgestellt wurde.

Durch diese Bestimmung würde Österreich entgegen seiner völkerrechtlichen Verpflichtung durch das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1967 iVm der Genfer Flüchtlingskonvention eine räumliche Einschränkung des Flüchtlingbegriffs vornehmen. Ein solches Vorgehen widerspräche auch Art 3 der Genfer Flüchtlingskonvention, der die Verpflichtung enthält, die Bestimmungen auf Flüchtlinge ohne Unterschied auf Grund ihres Herkunftslandes anzuwenden.

Amnesty International betont, dass Österreich auf völkerrechtlicher Ebene zur Einhaltung der GFK verpflichtet ist. Selbst GFK-widrige Bestimmungen im EU-Recht ändern nichts an dieser höherrangigen und zwingenden völkerrechtlichen Verpflichtung. Da die völkerrechtskonforme Umsetzung weiter geboten bleibt, fordert Amnesty International diese Bestimmung zu streichen.

§ 13 (Aufenthaltsrecht)
Amnesty International begrüßt grundsätzlich die Einführung verfahrensökonomischer Maßnahmen, die zu einer schnelleren Entscheidung für die betroffenen Personen führen. Allerdings dürfen diese nicht auf Kosten der Rechtsposition der Betroffen getroffen werden.

Entgegen den Erläuternden Bemerkungen kommt es durch die im Entwurf neu eingeführten Abs 2 u. 3 zu einer klaren Schlechterstellung für Asylwerber. Es handelt sich dabei keineswegs – wie behauptet – lediglich um eine verfahrensökonomische Maßnahme, sondern um einen massiven Einschnitt in die Rechtschutzposition des betroffenen Asylwerbers. Bisher geht dem Entzug des Aufenthaltsrechts die Erlassung eines Rückkehrverbots voran. Im Falle der Verhängung eines Rückkehrverbots müssen bestimmte Tatsachen vorliegen, aufgrund derer die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Asylwerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft und es muss stets eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bzw. eine Zukunftsprognose bei der Erlassung vorgenommen werden. Mit der neuen Bestimmung knüpft der Verlust des Aufenthaltsrechts an bestimmte Tatbestände an, ohne dass eine Abwägung vorangeht. Amnesty International erachtet es als rechtsstaatlich äußerst bedenklich, dass nunmehr der Entzug des Aufenthaltsrechts an teilweise noch offene Strafverfahren anschließt, wobei der Verlust des Aufenthaltsrechts lediglich per Verfahrensanordnung mitgeteilt wird und der betroffenen Person kein Rechtsmittel zur Verfügung steht. Auch ist es überaus problematisch, dass diese Bestimmung dem Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht in ausreichendem Maße Rechnung trägt.

§ 57 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz)
Gegenüber dem derzeit geltenden § 69a NAG fehlt in § 57 AsylG des vorliegenden Entwurfs die Ausnahmebestimmung „ist trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß „…§ 11 Abs 1 Z 3 bis 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs 2….“. Dies bedeutet in Zusammenhang mit § 60 Abs 2 AsylG idF des Gesetzesvorschlags, dass jene Personen, bei denen festgestellt wurde, dass sie ein besonderes Schutzbedürfnis haben, bereits innerhalb eines Jahres alle Voraussetzungen des § 60 Abs 2 erfüllen muss, was angesichts ihrer besonderen Situation in der Praxis nicht sehr wahrscheinlich erscheint. Amnesty International ist besorgt darüber, dass der Entfall dieser Einschränkung in der Realität zu einem Entzug des noch immer notwendigen Schutzes führen wird und empfiehlt daher, auch Verlängerungen von Aufenthaltstiteln nach § 57 AsylG von § 60 AsylG auszunehmen.

Amnesty International weist darüber hinaus bezüglich Abs 1 Z 2 darauf hin, dass es sich hier um eine besonders schutzwürdige Gruppe handelt, die unabhängig von der Einstellung eines Strafverfahrens oder ihrem Nutzen für das Strafverfahren eine Aufenthaltsberechtigung erhalten sollte. Als problematisch sieht Amnesty International auch den nach wie vor fehlenden Abschiebeschutz zwischen Antragstellung und Entscheidung

(siehe § 58 Abs 9 des vorliegenden Entwurfs) an.

§ 60 (Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen)
Wie Amnesty International bereits in früheren Stellungnahmen festgestellt hat, steht das Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes nach der Rechtssprechung des EGMR nicht absolut gegen Aufenthaltstitel, die einem „Bleiberecht“ zum Schutz der in Art.8 EMRK gewährten Rechte entspringen, sondern ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu werten. Damit wird die Gewährleistungspflicht des Staates in Bezug auf Art. 8 EMRK nach wie vor nicht ausreichend erfüllt und die aus Art. 8 EMRK erfließenden positiven Schutzpflichten in Österreich nicht hinreichend umgesetzt.

Bezüglich Abs 2 empfiehlt Amnesty International Verlängerungen gemäß § 57 AsylG von dieser Bestimmung auszunehmen (siehe auch oben - § 57 AsylG). Der Begriff „Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung“ in Abs 3 ist rechtlich undefiniert birgt aufgrund seiner Schwammigkeit die Gefahr in sich, zu weit ausgelegt zu werden.

§ 63 Abs 2 Z 2

Siehe § 13 AsylG

FREMDENPOLIZEIGESETZ

§ 12 (Sonderbestimmungen für Minderjährige)
Amnesty International begrüßt, dass im Bereich der fremdenpolizeilichen Maßnahmen die Altersgrenze der Handlungsfähigkeit auf die Vollendung des 18. Lebensjahrs festgelegt wurde und dass Handlungen gemäß dem 8. Hauptstück FPG durch mündige Minderjährige nur noch zu deren Vorteil gesetzt werden können.

§ 36 Abs 1 Z 1 (Betreten von Grundstücken, Betriebsstellen, Arbeitsstellen, Räumen und Fahrzeugen)
§ 36 Abs 1 Z 1 sieht eine Ermächtigung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Betreten von Grundstücken, Räumen, Betriebsstätten, Arbeitsstellen und Fahrzeugen vor, wenn dies notwendig ist, um Fremde, die Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, einer Überprüfung an Ort und Stelle zu unterziehen. Diese Bestimmung erscheint angesichts ihrer Eingriffsintensität, der nicht einmal ein Verdacht irgendeiner Art zu Grunde liegen muss, jedenfalls überschießend. Darüber hinaus schreckt sie vom sozialen Umgang mit Fremden ab, ist integrationsfeindlich und fördert diskriminierendes und rassistisches Verhalten der Gesellschaft.

§ 39 (Festnahme und Anhaltung)
Neu hinzugekommen ist die Bestimmung, dass eine Festnahme und Anhaltung eines Fremden durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bis zu 24 Stunden möglich ist, wenn jemand von der Republik Österreich aufgrund eines Rückübernahmeabkommens zurückgenommen werden musste (innerhalb von sieben Tagen – Abs 3 Z 2) bzw. wenn jemand während eines Ausreisevorganges bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet betreten wird.

Abs 5a und 6 des Gesetzesentwurfs sehen nunmehr die Möglichkeit einer Freiheitsentziehung bis zu maximal 120 Stunden vor. Derzeit ist eine Freiheitsentziehung nur in Ausnahmefällen bis 72 Stunden möglich und eine darüber hinausgehende Freiheitsentziehung bedarf einer Inschubhaftnahme, andernfalls muss die betroffene
Person freigelassen werden. Amnesty International äußert ihre Bedenken, dass mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf unter gleichzeitiger Ausschaltung von Überprüfungsmaßnahmen der Rechtmäßigkeit – einer derzeitigen Tendenz folgend - immer weiter in Grundrechte eingegriffen wird.

§ 45a (Verbot der Zurückweisung und Zurückschiebung)
Amnesty International empfiehlt aus Gründen der Rechtssicherheit die Unzulässigkeit der Abschiebung im Falle des Vorliegens einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (vgl. auch § 50 Abs 3 FPG) in § 45a mit aufzunehmen. Ebenfalls explizit mit ins Gesetz aufgenommen - und nicht lediglich als Hinweis in den Erläuternden Bemerkungen zu § 45a angeführt - werden sollte, nach Ansicht von Amnesty International, die derzeit geltende Bestimmung des § 51 Abs 6 FPG, wonach Fremde, die sich auf eine der in § 50 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden dürfen, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen.

§ 52 (Rückkehrentscheidung)
In § 52 Abs 1 neu wurde als Grundlage für eine Rückkehrentscheidung neben der bisherigen Grundlage des nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet der unrechtmäßige Aufenthalt in der Vergangenheit eingefügt. Die Formulierung unterliegt keinerlei zeitlicher Einschränkung und könnte theoretisch nach Jahren noch zum Tragen kommen. Amnesty International empfiehlt daher, diese Bestimmung fallen zu lassen.Darüber hinaus geht diese rückwirkende Maßnahme über den Rahmen der Rückführungsrichtlinie hinaus, die sich auf „illegal im Mitgliedsstaat aufhältige Drittstaatsangehörige“, bezieht, nicht jedoch auf jene, die früher einmal unrechtmäßig aufhältig waren.

§ 53 (Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel)
Amnesty International weist erneut darauf hin, dass Art 11 der Rückkehrrichtlinie nicht die automatische Erlassung eines Einreiseverbots einhergehend mit einem Rückkehrverbot vorsieht. Aufgrund der Richtlinie ist die Entscheidung über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Dauer eines Einreiseverbotes keinesfalls untrennbar. Art 11 der Rückkehrrichtlinie sieht lediglich vor, dass ein Einreiseverbot mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde, während in allen anderen Fällen lediglich eine „Kann-Bestimmung“ vorliegt. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 15.12.2011 (Zl:2011/21/0237) festgestellt, dass zwar eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen kann, „eine zwingende Mindestdauer von 18 Monaten - mag sie auch häufig gerechtfertigt sein - in jedem Fall, der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes "in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls" zu erfolgen habe, jedoch nicht gerecht wird“. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) befand folglich, dass die - zweifellos unmittelbar anwendbare - Richtlinienbestimmung daher § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 insoweit entgegensteht, als dort - ohne Ausnahme - die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten vorgesehen ist. § 53 in der Fassung des vorliegenden Entwurf sieht entgegen der Judikatur des VwGH erneut eine automatische und somit EU-rechtswidrige Verhängung eines Einreiseverbots vor.

§ 56 Abs 2 Z 5 (Auflagen)
Amnesty International ist besorgt, dass mit der in Z 5 neu vorgesehen Auflage „in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen“ eine Art neues „gelinderes Mittel“, ohne die dafür im gelinderen Mittel vorgesehenen Voraussetzungen bzw. Rechtsmittel geschaffen wird und damit der Rechtsschutz der betroffenen Person massiv eingeschränkt wird.

§ 81 Abs 4 (Aufhebung des gelinderen Mittels)
Amnesty International begrüßt, dass nunmehr die Möglichkeit einer Beschwerde gegen die Verhängung eines gelinderen Mittels an das Bundesverwaltungsgericht besteht. Gleichzeitig wird jedoch im Sinne des Rechtsschutzes empfohlen, dass auch im Verfahren bezüglich eines gelinderen Mittels kostenlose Rechtsberatung und – vertretung bestehen sollte.

NIEDERLASSUNGS- UND AUFENTHALTSGESETZ

§ 3 a (Revision)
siehe § 8 BFA-VG