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© Privat/Marieke Wintjes/Amnesty International

Presse © Privat/Marieke Wintjes/Amnesty International

G20-Gipfel: Regierungen dürfen sich nicht von Saudi-Arabiens „Reformen“ täuschen lassen

19. November 2020

Zusammenfassung

  • Amnesty International kritisiert vor G20-Gipfel scheinheilige PR-Farce des Königreichs: Die wahren Reformer*innen Saudi-Arabiens sind nach wie vor in Haft
  • Amnesty fordert Teilnehmer*innen des Treffens auf, sich für Menschenrechte und für die Freiheit bekannter Aktivist*innen einzusetzen
  • Amnesty-Expert*innen zu Saudi-Arabien stehen für Interviews zur Verfügung

Dieses Wochenende ist Saudi-Arabien Gastgeber des virtuellen G20-Gipfels. Die Staats- und Regierungschefs der G20 müssen bei dieser Gelegenheit die saudischen Behörden für ihren scheinheiligen Umgang mit Menschenrechten in die Pflicht nehmen, fordert Amnesty International.

Während die Förderung von Frauenrechten ganz oben auf der G20-Agenda Saudi-Arabiens steht und sich das Königreich offen und modern gibt, sind nach wie vor die wahren Reformer*innen des Landes im Gefängnis oder müssen Gerichtsverfahren fürchten.

Die Staats- und Regierungschefs der G20 sollten diesen Gipfel als Gelegenheit nutzen, sich für die mutigen Aktivist*innen einzusetzen, deren Engagement für die Verteidigung von Menschenrechten und die Stärkung der Frau in Saudi-Arabien ihre Freiheit gekostet hat.

Lynn Maalouf, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International

„Für die saudischen Behörden ist der G20-Gipfel von entscheidender Bedeutung: Es ist für sie ein Moment, ihre Reformagenda bekannt zu machen und zu zeigen, dass ihr Land offen für Geschäfte ist. Doch tatsächlich sind die wahren Reformer*innen Saudi-Arabiens hinter Gittern“, sagt Lynn Maalouf, stellvertretende Regionaldirektorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International, und sagt weiter: 

„Anstatt bei der scheinheiligen Erzählung der saudischen Regierung mitzuspielen, sollten die Staats- und Regierungschefs der G20 diesen Gipfel als Gelegenheit nutzen, sich für die mutigen Aktivist*innen einzusetzen, deren Engagement für die Verteidigung von Menschenrechten und die Stärkung der Frau in Saudi-Arabien ihre Freiheit gekostet hat.“

Amnesty International fordert die Staats- und Regierungschefs der G20 auf, sich der Forderung nach der umgehenden und bedingungslosen Freilassung von Loujain al-Hathloul, Nassima al-Sada, Samar Badawi, Nouf Abdulaziz und Maya’a al-Zahrani anzuschließen.

Sie alle wurden 2018 wegen ihrer Menschenrechtsarbeit inhaftiert. In den vergangenen Jahren haben die saudischen Behörden versucht, ihren Ruf durch kostspielige PR-Aktionen zu verbessern und Kronprinz Mohammed bin Salman als progressiv und reformwillig darzustellen. Im Juni 2018 wurde das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien offiziell abgeschafft – eine vielbeachtete Aktion, die als Beweis für den Fortschritt gelten sollte. Einige Wochen zuvor, im Mai 2018, waren jedoch viele der bekanntesten Befürworter*innen der Fahrerlaubnis für Frauen festgenommen und inhaftiert worden – viele von ihnen sind nach wie vor hinter Gittern oder ihnen drohen Gerichtsverfahren.

Die wahren Reformerinnen sind weiter in Haft

Loujain al-Hathloul ist eine der prominentesten saudischen Aktivist*innen, die sich gegen das Fahrverbot für Frauen stellten. Sie wurde im Mai 2018 im Zuge einer Festnahmewelle gegen Frauenrechtsaktivist*innen inhaftiert. Bereits 2014 war sie von den saudischen Behörden festgenommen und danach 73 Tage festgehalten worden. Nach ihrer Freilassung kämpfte Loujain al-Hathloul weiter gegen das Fahrverbot für Frauen und das System der männlichen Vormundschaft in Saudi-Arabien, bis sie im Mai 2018 zusammen mit weiteren Frauen erneut festgenommen wurde. Seitdem befindet sie sich in Haft, während gegen die anderen Frauen noch immer Gerichtsverfahren anhängig sind. Loujain al-Hathloul ist seit dem 26. Oktober 2020 im Hungerstreik und protestiert auf diese Weise gegen die Maßnahme der Behörden, ihr den regelmäßigen Kontakt zu ihrer Familie zu verweigern. Berichten zufolge ist sie schwach und erschöpft; es besteht zunehmende Sorge um ihre Gesundheit.

Nassima al-Sada und Samar Badawi wurden im August 2018 festgenommen. Samar Badawi ist eine Aktivistin, die sich öffentlich gegen das Fahrverbot äußerte. Sie prangerte zudem die Inhaftierung ihres Ex-Mannes, des Menschenrechtsanwalts Waleed Abu al-Khair, sowie ihres Bruders, des Bloggers Raif Badawi, öffentlich an. Nassima al-Sada setzt sich seit vielen Jahren für bürgerliche und politische Rechte, Frauenrechte sowie die Rechte der schiitischen Minderheit in der Ostprovinz von Saudi-Arabien ein.

Nouf Abdulaziz ist Bloggerin und Journalistin. Vor ihrer Festnahme im Juni 2018 schrieb sie über zahlreiche Menschenrechtsprobleme. Kurz nachdem sie festgenommen worden war, veröffentlichte die Aktivistin Maya’a al-Zahrani einen Blogbeitrag, in dem sie die Freilassung von Nouf Abdulaziz forderte. Maya’a al-Zahrani wurde daraufhin einige Tage später selbst festgenommen.

Alle fünf Frauen befinden sich weiterhin in Haft. Einige von ihnen sind gefoltert und anderweitig misshandelt oder in Einzelhaft gehalten worden. Amnesty fordert wiederholt in einer weltweiten Kampagne ihre bedingungslose Freiheit. Rund 200.000 Menschen weltweit haben sich den Forderungen von Amnesty angeschlossen.

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