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#FreeTurkeyMedia

3. Mai 2017

Journalismus ist kein Verbrechen

Über 120 Journalist*innen sind seit dem gescheiterten Putsch in der Türkei in Haft. In keinem anderen Land der Welt sitzen so viele Medienmitarbeiter*innen hinter Gittern, nur weil sie ihre Arbeit gemacht haben. Mit der Kampagne #FreeTurkeyMedia von Amnesty International setzen sich über 250.000 Menschen für ihre Freilassung ein – darunter zahlreiche bekannte Journalist*innen, Karikaturist*innen und Künstler*innen.

Heute sind unsere Gedanken bei allen Journalistinnen und Journalisten weltweit, die im Gefängnis sitzen und Drohungen oder Repressalien ausgesetzt sind. Sie werden über Monate ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten, oder es wird ihnen auf Grundlage vager Anti-Terror-Gesetze der Prozess gemacht.

Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International

„Einen besonderen Fokus richten wir dabei auf die Türkei, wo die freie Meinungsäußerung rücksichtlos unterdrückt wird. Wir fordern die türkischen Behörden auf, sofort und bedingungslos alle Journalistinnen und Journalisten freizulassen, die nur in Haft sind, weil sie ihre Arbeit gemacht haben“, sagt Shetty.

Kritische Stimmen werden mundtot gemacht

Seit dem gescheiterten Putsch im Juli 2016 wurden mindestens 156 Medienhäuser und -publikationen geschlossen. Rund 2.500 Journalist*innen, Fotograf*innen und weitere Medienschaffende haben ihre Stelle verloren. Journalist*innen wurden verhaftet und terroristischer Verbrechen beschuldigt – wegen der Verbreitung von Nachrichten auf Twitter, der Zeichnung von Karikaturen oder dem Verfassen kritischer Kommentare. Die Unterdrückung der Medienfreiheit geht einher mit der Repression gegen mutmaßliche Regierungsgegner*innen: Rund 47.000 Personen wurden verhaftet und etwa 100.000 Beamtinnen und Beamte entlassen.

Meist fehlen Beweise für Straftaten

Eines der vielen Schicksale ist das von Mahir Kanaat. Der Journalist wurde zusammen mit sechs Berufskollegen am Weihnachtstag verhaftet: „Meine Hände waren hinter meinem Rücken verbunden und eine Spezialeinheit (Polizeikräfte, Anm.) drückte mich zu Boden. Ich schrie: ‚Meine Frau ist im neunten Monat schwanger, warum zwingt ihr sie auf den Boden?‘ Ich versuchte aufzustehen. Es kam zu einer Rauferei. Man trat mir ins Gesicht.“ Mahir Kanaat kam ins Gefängnis und konnte die Geburt seines Sohnes nicht miterleben. Noch heute wartet er hinter Gittern auf seinen Prozess.

Die Notstandgesetze geben die Möglichkeit, eine lang andauernde Untersuchungshaft zu verhängen; und das wird von den Behörden routinemäßig getan. Die Anklagepunkte sind oft frei erfunden, manchmal offensichtlich absurd. Meist fehlen jegliche Beweise für die angebliche Straftat.

Der frühere Zeitungsredaktor Ahmet Altan wurde im September 2016 zusammen mit seinem Bruder, dem Wissenschaftler Mehmet Altan, verhaftet. Beide wurden angeklagt, am Vortag des Umsturzversuches während einer Fernseh-Diskussion „unterschwellige Botschaften“ an Putschist*innen verbreitet zu haben. Auch der Moderator des Programms, Nazlý Ilýcak, wurde festgenommen, er sitzt bis jetzt in Untersuchungshaft.

Der Investigativ-Journalist Ahmet Sik ist seit Dezember hinter Gittern. In der Anklageschrift werden ihm acht Tweets, zwei Interviews und ein Artikel zur Last gelegt, mit denen er drei verbotenen Gruppierungen geholfen haben soll – obwohl die drei gegensätzliche Positionen und Ziele haben. Seine Frau sagte zu Amnesty International: „Ahmeds Verhaftung ist eine Botschaft an alle anderen: Wagt bloß nicht, Eure Meinung zu sagen!“

250.000 Menschen fordern: #FreeTurkeyMedia

Über eine Viertelmillion Menschen haben die Online-Petition zur Freilassung von Journalist*innen in der Türkei bereits unterschrieben. Tausende haben sich auf Twitter der Aktion #FreeTurkeyMedia angeschlossen. Die Kampagne von Amnesty International wird von zahlreichen Organisationen unterstützt. Sie ruft Journalist*innen und alle engagierten Menschen dazu auf, ihre Solidarität mit den Verhafteten auszudrücken.

Unter den Tausenden von Menschen, die die Aktion unterstützt haben, sind der Künstler Ai Weiwei, Dutzende Karikaturist*innen sowie zahlreiche bekannte Journalist*innen. Dazu gehören Peter Greste, Mohamed Fahmy und Baher Mohamed, drei Al Jazeera-Journalisten, die 2013 in Ägypten verhaftet worden waren und nach über 400 dank einer internationalen Solidaritätskampagne Tagen frei kamen.

„Zu wissen, dass sich Menschen rund um die Welt für unsere Freilassung einsetzen, hielt uns in diesen mehr als 400 Tagen in Ägypten stark", schreiben Peter Greste und Mohamed Fahmy in einem Artikel, der in mehreren Zeitungen weltweit erschien. "Es war das Richtige, sich für uns einzusetzen (…) Es ist das Richtige, sich für alle Journalisten einzusetzen, die nur ihre Arbeit machen. Deshalb machen wir bei der Aktion #FreeTurkeyMedia mit.“