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© Amnesty International Österreich / Christopher Glanzl

Presse © Amnesty International Österreich / Christopher Glanzl

Ein Jahr nach der Ermordung von Khashoggi

2. Oktober 2019

Zusammenfassung

  • Ein Jahr nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi geht der Kampf für Meinungsfreiheit in Saudi-Arabien trotz Repressionen weiter
  • Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen setzen sich mutig für Meinungsfreiheit ein – obwohl Behörden nach wie vor repressiv gegen Kritiker*innen vorgehen
  • Ein klares, glaubwürdiges Signal, die Verantwortlichen für die Ermordung von Jamal Khashoggi zur Verantwortung zu ziehen, fehlt
  • Amnesty dokumentierte in den vergangenen Monaten Dutzende Fälle von Menschen, die zu Unrecht in Haft sind, und fordert ihre sofortige Freilassung

Ein Jahr nach der Ermordung von Jamal Khashoggi ehren die Menschen in Saudi-Arabien das Vermächtnis des ermordeten Journalisten: Sie setzen ihren Kampf für Meinungsfreiheit fort – und das, obwohl die Behörden weiterhin Kritiker*innen verfolgen. Ein klares, glaubwürdiges Signal, die Verantwortlichen für die Ermordung von Khashoggi zur Verantwortung zu ziehen, fehlt, kritisiert Amnesty International.

„In Saudi-Arabien sind nach wie vor Dutzende Menschen im Gefängnis. Sie werden gefoltert und misshandelt – nur, weil sie ihre Meinung friedlich geäußert haben", sagt Lynn Maalouf, Recherche-Leiterin für den Nahen Osten bei Amnesty International.

Solange die saudischen Behörden diese Menschen nicht umgehend und bedingungslos freilassen, ist jedes Gerede darüber, Verantwortung für die Ermordung von Jamal Khashoggi zu übernehmen, unglaubwürdig.

Lynn Maalouf, Recherche-Leiterin für den Nahen Osten bei Amnesty International

Laut Medienberichten gab Kronprinz Mohamed bin Salman kürzlich zum ersten Mal zu, dass er die Verantwortung für die Ermordung von Jamal Khashoggi trägt, „weil es unter meiner Aufsicht geschehen ist“.

 „Das Eingeständnis von Mohamed bin Salman wird sich nur als ein weiterer gescheiterter PR-Stunt erweisen, wenn darauf keine sinnvollen, konkreten und glaubwürdigen Maßnahmen folgen: Dazu gehören ein Ende der Repression von Kritiker*innen und die Freilassung aller Menschenrechtsverteidiger*innen, die zu Unrecht in Haft sind. Außerdem müssen Ermittler*innen rasch und uneingeschränkt Zugang für unabhängige Untersuchungen im Land bekommen, einschließlich der Beobachtung und öffentlichen Berichterstattung über den laufenden Prozess über die Ermordung von Jamal Khashoggi“, sagte Lynn Maalouf.

 Zu Tode verurteilt & zu Unrecht in Haft

Seit der Ermordung von Jamal Khashoggi gehen die Behörden in Saudi-Arabien weiter gegen Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Unterstützer*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen vor: Sie werden zu Unrecht verfolgt, angeklagt und vor Gericht gestellt.

Amnesty International hat in den vergangenen Monaten die Situation von mindestens 30 politischen Gefangenen dokumentiert, die hinter Gittern sind und Haftstrafen zwischen fünf und 30 Jahren verbüßen – nur, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit friedlich ausgeübt haben.

Während in den letzten Monaten mehrere Aktivist*innen vorübergehend freigelassen wurden, befinden sich Loujain al-Hathloul, Samar Badawi, Nassima al-Sada und Nouf Abdulaziz seit Mai 2018 weiterhin in willkürlicher Haft. Amnesty International fordert in einem Online-Appell die sofortige Freilassung von Loujain al-Hathloul, Iman al-Nafjan und Aziza al-Yousef und acht weitere Aktivistinnen.

Zu den derzeit Inhaftierten gehören auch Mohammad al-Qahtani, ein Gründungsmitglied der Saudi Civil and Political Rights Association, der den Schutz und die Förderung der Menschenrechte forderte und Familien von Inhaftierten rechtliche Unterstützung gewährte, und Waleed Abu al-Khair, ein Anwalt, der bis zu seiner Inhaftierung Aktivist*innen verteidigte. Mohammad al-Qahtani und Waleed Abu al-Khair wurden vor dem Antiterrorgericht wegen ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit zu 10 bzw. 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Die Todesstrafe wird als politische Waffe gegen die schiitische Minderheit eingesetzt: Anfang des Jahres fand eine Massenhinrichtung von 37 Männern statt. Mindestens 14 weitere wurden zu Tode verurteilt und hingerichtet – wegen Delikte im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an regierungskritischen Demonstrationen in der mehrheitlich schiitischen Provinz asch-Scharqiyya, die zwischen 2011 und 2012 stattgefunden haben. Die 14 Männer befanden sich in einer verlängerten Untersuchungshaft. Sie teilten dem Gericht mit, dass sie während ihres Verhörs gefoltert und misshandelt wurden, um von ihnen „Geständnisse“ zu bekommen.

Ebenfalls hingerichtet wurde Abdulkareem al-Hawaj – ein junger Schiit, der im Alter von 16 Jahren verhaftet und wegen Verstößen im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an Protesten gegen die Regierung verurteilt wurde. 

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