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Egoismus der Reichen verschlimmert Lage für Flüchtlinge

4. Oktober 2016

Amnesty-Bericht zur weltweiten Situation von Menschen auf der Flucht

Die reichen Länder haben bislang beim Schutz von Flüchtlingen versagt und wollen sich aus der Verantwortung stehlen. 56 Prozent der Menschen auf der Flucht sind weltweit auf gerade einmal zehn Staaten verteilt, die weniger als 2,5 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Dies geht aus einem aktuellen Bericht zur weltweiten Situation von Flüchtlingen hervor, den Amnesty International heute veröffentlicht hat.

Auch in Österreich hat es den Anschein, dass sich die österreichische Regierung aktuell nicht mit menschenrechtskonformen Lösungen auseinandersetzen will. Damit drückt man sich auf möglichst einfache Weise vor einer politischen Managementaufgabe, die gemeinsam mit den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durchaus menschenrechtskonform lösbar ist.

Den Menschen in Österreich wird bewusst ein Gefühl der Unsicherheit und Überforderung vermittelt. Der Entwurf zur Sonderverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung stellt den Versuch dar, einen vermeintlichen Notstand zu erfinden. Wir haben den vorliegenden Entwurf auf seine menschenrechtliche Zulässigkeit geprüft und werden am Mittwoch eine Stellungnahme dazu veröffentlichen.

Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich

Gerechte Verteilung nach objektiven Kriterien

Amnesty International schlägt eine faire und umsetzbare Lösung für die Aufteilung der Flüchtlinge vor. Basierend auf objektiven Kriterien wie Bevölkerungsgröße, Bruttoinlandsprodukt und Arbeitslosenquote soll ein gerechter Anteil errechnet werden, welchen jedes Land zu leisten hat, damit jährlich 10 Prozent der Flüchtlinge ein Zuhause finden. 

„Nur zehn der 193 Länder der Welt beherbergen mehr als die Hälfte der Flüchtlinge. Eine kleine Anzahl von Staaten übernimmt sehr viel Verantwortung, nur weil sie Anrainer eines Krisengebietes sind. Diese Verteilung ist offenkundig nicht nachhaltig und sie setzt millionen Menschen, die vor Krieg und Verfolgung aus Ländern wie Syrien, dem Südsudan, Afghanistan oder dem Irak fliehen, unerträglichem Elend und Leid aus“, sagte Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International.

„Es ist Zeit für unsere Regierungschefs, endlich eine ernsthafte, konstruktive Debatte darüber zu führen, wie unsere Gesellschaften Menschen helfen können, die gezwungen waren, ihre Häuser aufgrund von Krieg und Verfolgung zu verlassen. Sie müssen erklären, warum die Welt Banken retten, neue Technologien entwickeln und Kriege führen kann, es aber nicht fertig bringt, ein neues Zuhause zu finden. Konkret geht es um 21 Millionen Flüchtlinge, die gerade einmal 0,3 Prozent der Bevölkerung der Weltbevölkerung ausmachen.“

© Amnesty International

Flüchtlinge weltweit in Not

Der Bericht unterstreicht die dringende Notwendigkeit für die Regierungen, die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge zu erhöhen und er dokumentiert die Not, in der die Menschen heute leben. Er zeigt auf, wie Menschen zunehmend Übergriffen der Behörden ausgesetzt sind und Gefahr laufen, in Konfliktgebiete zurückgeschickt zu werden – so etwa afghanische Flüchtlinge in Pakistan und im Iran oder somalische Flüchtlinge in Kenia. 

Viele geflüchtete Menschen leben unter enorm prekären Bedingungen und werden absichtlich schlecht behandelt, um andere von einer Flucht abzuhalten. Der Bericht beschuldigt insbesondere verschiedene EU-Länder und Australien, mit systematischen Menschenrechtsverletzungen eine Politik der Abschreckung zu betreiben.

Zahlreiche Flüchtlinge werden auf der Reise festgehalten, erpresst, vergewaltigt oder gar getötet. Viele sind gezwungen, eine lebensgefährliche Reise zu unternehmen, um überhaupt Schutz suchen zu können. Allein 2015 sind vermutlich fast 4.000 Menschen beim Versuch, über das Meer nach Europa zu gelangen, ertrunken.