„Auch Büros von Amnesty International in verschiedenen Ländern sind zum Ziel von Angriffen geworden. Behörden in Indien, Ungarn und der Türkei sind gegen unsere Kolleg*innen vorgegangen, haben ihre Büros durchsucht und Konten eingefroren – und das nur wegen ihrer Arbeit für Menschenrechte“, sagt Annemarie Schlack.
Amnesty International zeigt in dem Bericht die Konsequenzen von solch restriktiven Gesetzen auf: Darunter fallen die Überwachung von Mitarbeiter*innen, absurde bürokratische Hürden und die Einschränkung von Finanzierungsquellen für zivilgesellschaftliche Organisationen.
Ungarn: Repressionen Mitten in Europa
In Ungarn ist eine Reihe von zivilgesellschaftliche Organisationen gezwungen, sich selbst als „aus dem Ausland gefördert“ zu betiteln. Die Regierung will so ihre Arbeit diskreditieren und die Öffentlichkeit gegen sie aufbringen. Hält sich eine Organisation nicht daran, drohen hohe Geldstrafen und letztlich die Einstellung aller Tätigkeiten.
Seit dem Erlass eines Gesetzespakets im Juni 2018 werden Organisationen, die sich für Menschen auf der Flucht und Migrant*innen einsetzen, gezielt ins Visier genommen und ihre Mitarbeiter*innen drangsaliert.
„Die Politik Orbáns hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass kritische Stimmen attackiert und die Menschenrechte in unserem Nachbarland eingeschränkt wurden. Mehrere unserer Mitarbeiter*innen werden beschimpft und mit Gewalt bedroht. Zum Teil haben sich Veranstaltungsorte geweigert, Events von Amnesty in Ungarn auszurichten. Und es gab Schulen, die es abgelehnt haben, Aktivitäten im Bereich der Menschenrechtsbildung durchzuführen, weil sie Angst vor Vergeltungsmaßnahmen hatten“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
„Doch auch wenn das Klima gegenüber der Zivilgesellschaft und den Menschenrechten in Ungarn feindselig sein mag: Wir stehen fest entschlossen Seite an Seite mit unseren Kolleg*innen und der Zivilgesellschaft in Ungarn. Die Entwicklungen in unserem Nachbarland zeigen: Die Arbeit von Menschen und Organisationen, die hart erkämpfte Rechte in Ungarn verteidigen, ist wichtiger denn je.“
Österreich: Diskreditierung & Dialogverweigerung
In Österreich beobachtet Amnesty, dass die Regierung zunehmend zivilgesellschaftliches Engagement und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen diskreditiert. Darunter fallen etwa der der offene Angriff der Regierungspartei FPÖ gegen die Caritas. Oder die wiederholten Äußerungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz, die die wichtige Arbeit der Organisation Ärzte ohne Grenzen im Mittelmeer diskreditieren.
Außerdem beobachtet Amnesty International Österreich, dass die Regierung zunehmend den Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen auf Augenhöhe verweigert. Der gescheiterte Gesetzesentwurf zur Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), durch den zivilgesellschaftliche Organisationen aus Prüfverfahren von großen Bauvorhaben ausgeschlossen werden sollten, ist ein Beispiel für diese Tendenz.
„Offene Gesellschaften leben vom Dialog auf Augenhöhe. Alle Menschen haben das Recht, ihre Bedürfnisse und Kritik einzubringen, um so das Land mitgestalten zu können. Nur so werden Menschenrechte mit Leben erfüllt und sind mehr als ein reines Lippenbekenntnis“, sagt Annemarie Schlack.
Hintergrund
Für den Schutz und die Förderung von Menschenrechten müssen Menschen ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit ausüben können. Amnesty International setzt sich mit der Kampagne Es beginnt hier. Schreiben wir Geschichte weltweit für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen und mehr Raum für zivilgesellschaftliches Engagement ein.