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© Nelson Almeida/AFP/Getty Images

Presse © Nelson Almeida/AFP/Getty Images

Bolsonaro setzt menschenrechtsfeindliche Rhetorik in die Tat um

21. Mai 2019

ZUSAMMENFASSUNG

  • Lockere Waffengesetze, verschärfte Überwachung von Nichtregierungsorganisationen: Maßnahmen lassen befürchten, dass Menschenrechte in Brasilien in Gefahr sind
  • Potenziell sind Millionen von Menschen betroffen
  • Amnesty International macht auf die Folgen der menschenrechtsfeindlichen Rhetorik des brasilianischen Präsidenten aufmerksam

Fast fünf Monate nach dem Amtsantritt des Präsidenten Jair Bolsonaro macht Amnesty International auf negative Entwicklungen in Brasilien aufmerksam: Der menschenrechtsfeindlichen Rhetorik, die der Präsident seit seinem Wahlkampf 2018 einsetzte, folgten nun konkrete Maßnahmen, die die Menschenrechte von Millionen Menschen in Brasilien bedrohen und verletzen.

Im Oktober 2018, gleich nach der Wahl, haben wir klargestellt, dass die Haltung von Jair Bolsonaro eine große Gefahr für die Menschenrechte in Brasilien darstellen. Wir haben die Regierung seither genau beobachtet und sehen, dass unsere Bedenken berechtigt waren.

Jurema Werneck, Direktorin von Amnesty International in Brasilien

„Die Regierung unter Bolsonaro ergreift Maßnahmen, die die Rechte auf Leben und Gesundheit bedrohen, die in Freiheitsrechte eingreifen und die Landrechte von Brasilianer*innen verletzen, die einfach nur in Würde und ohne Angst leben möchten. Von den Maßnahmen sind Millionen Menschen betroffen, egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Wir sagen klar, dass es in einem gerechten Land keine soziale Ausgrenzung geben darf. Ein gerechtes Brasilien ist ein Brasilien, das für alle da ist“, sagt Jurema Werneck, Direktorin von Amnesty International in Brasilien.

Folgende Maßnahmen, die unter Bolsonaro ergriffenen wurden, sind eine Gefahr für die Rechte der Menschen in Brasilien:

  • Die Lockerung von Gesetzen zum Besitz und Tragen von Schusswaffen: Dies könnte dazu führen, dass mehr Menschen durch Schusswaffen getötet werden.
  • Die neue landesweite Drogenpolitik: Sie fokussiert vorrangig auf Bestrafung der Betroffenen und verstößt gegen das Recht auf Gesundheit.
  • Die negativen Auswirkungen politischer Entscheidungen der Bolsonaro-Administration auf die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen und afro-brasilianischer Gemeinschaften (Quilombola)
  • Der Versuch, die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Brasilien einzuschränken.
  • Zahlreiche Bestimmungen im Gesetzespaket zur Kriminalitätsbekämpfung: Zum Beispiel die Lockerung der Kriterien für die Geltendmachung von Notwehr. Damit wird der Einsatz von Gewalt und Schusswaffen seitens der Polizei vereinfacht.
  • Maßnahmen, die gegen die Rechte auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung verstoßen: Hierbei geht es insbesondere um die Rechte von Menschen, die unter der Militärregierung Opfer von völkerrechtlichen Verbrechen wurden.
  • Angriffe auf die Unabhängigkeit und Autonomie des interamerikanischen Menschenrechtssystems.
  • Die menschenrechtsfeindliche Rhetorik des Präsidenten und anderer hochrangiger Staatsbediensteter, die Menschenrechtsverletzungen legitimieren.

Am 21. Mai werden Vertreter*innen von Amnesty International in Brasília Präsident Bolsonaro und anderen Regierungsabgeordneten einen Brief übergeben, in dem die Kritik und Empfehlungen von Amnesty International zur Gewährleistung, Förderung und zum Schutz der Menschenrechte in Brasilien festgehalten sind. Mit dabei sind die Direktorin von Amnesty Brasilien Jurema Werneck und die Amnesty-Direktorin für die Region Amerikas Erika Guevara-Rosas.

„Bolsonaro muss Kurs ändern“

„Es sind äußerst heikle Zeiten in der Region. Viele Regierungen schützen die Menschenrechte ihrer Bürger*innen nicht, sondern setzen Maßnahmen, die verheerende Auswirkungen auf die Leben der Menschen haben – zum Beispiel die Menschen aus Mittelamerika, die in den Vereinigten Staaten Schutz suchen“, sagt Erika Guevera-Rosas, Direktorin für die Region Amerikas bei Amnesty International, und sagt weiter: „In Länder wie Venezuela und Nicaragua stacheln die Regierungen zur Gewalt an und verfolgen politische Gegner*innen. In den vergangenen Monaten haben wir ähnliche Entwicklungen auch in Brasilien beobachtet, wo Präsident Bolsonaro beunruhigende Aussagen gemacht hat.“

Im Jahr 2017 hat Amnesty International aufgezeigt, dass Brasilien eines der gefährlichsten Länder für Menschenrechtsverteidiger*innen auf dem amerikanischen Kontinent ist. Laut der Organisation Global Witness ist Brasilien für Landrechts- und Umweltschutzaktivist*innen eines der gefährlichsten Länder der Welt.

Präsident Jair Bolsonaro muss dringend seinen Kurs ändern und sich an internationale Verträge halten, die Brasilien ratifiziert hat. Er muss dafür sorgen, dass zivilgesellschaftlich engagierte Personen und Organisationen frei agieren können. Und er muss sich von seiner menschenrechtsfeindlichen Rhetorik distanzieren, die Menschenrechtsverletzungen gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen legitimiert.

Erika Guevara Rosas, Expertin für die Region Amerika bei Amnesty International