Aktivist*innen von Amnesty International Finnland protestieren vor der russischen Botschaft für Meinungsäußerungsfreiheit. © Amnesty International Finnland / Tomi Asikainen
Aktivist*innen von Amnesty International Finnland protestieren vor der russischen Botschaft für Meinungsäußerungsfreiheit. © Amnesty International Finnland / Tomi Asikainen
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Russland stuft Amnesty als „unerwünschte Organisation“ ein – Einsatz für Menschenrechte geht weiter

19. Mai 2025

Am 19. Mai 2025 erklärte die russische Generalstaatsanwaltschaft Amnesty International zu einer „unerwünschten Organisation“. Dies geschah im Rahmen der repressiven russischen Gesetzgebung von 2015, die es den Behörden erlaubt, willkürlich jede ausländische Organisation zu verbieten und ihre Aktivitäten in Russland zu kriminalisieren. In der Ankündigung wurde Amnesty International vorgeworfen, „russophobe Projekte“ zu fördern, und es wurde darauf hingewiesen, dass die Organisation sich für die Meinungsäußerungs- und Vereinigungsfreiheit in Russland einsetzt und Verbrechen gegen das Völkerrecht, die von den russischen Streitkräften in der Ukraine begangen wurden, dokumentiert und aufzeigt.

Der Beschluss stützt sich auf ein russisches Gesetz, das an sich schon gegen das Völkerrecht verstößt. Im Beschluss, der nicht den Tatsachen entspricht, werden Amnesty International Aktivitäten vorgeworfen, die die Organisation nach ihren satzungsgemäßen Dokumenten und Richtlinien nicht ausüben darf.

Die Einstufung erfolgt drei Jahre, nachdem die russischen Behörden den Zugang zu den Webseiten von Amnesty International in Russland blockiert und das Büro der Organisation in Moskau abgemeldet – also praktisch geschlossen – haben. Die Ausweisung setzt Partnerorganisationen und einzelne Unterstützer*innen, Journalist*innen und andere Personen, die mit Amnesty zusammenarbeiten oder von den Behörden als Unterstützer*innen oder Förderer*innen der Organisation angesehen werden, der Gefahr aus, in Russland strafrechtlich verfolgt zu werden.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International, sagte als Antwort auf die Nachricht aus Russland: „Diese Entscheidung ist Teil der Bemühungen der russischen Regierung, Andersdenkende zum Schweigen zu bringen und die Zivilgesellschaft zu isolieren.“

In einem Land, in dem zahlreiche Aktivist*innen und Dissident*innen inhaftiert, getötet oder ins Exil geschickt wurden, in dem unabhängige Medien verleumdet, blockiert oder zur Selbstzensur gezwungen wurden und in dem zivilgesellschaftliche Organisationen verboten oder aufgelöst wurden, muss man etwas richtig machen, wenn der Kreml einen verbietet.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International

EINSATZ für Menschenrechte geht weiter

Callamard sagte weiter: „Die Behörden irren sich gewaltig, wenn sie glauben, dass wir unsere Arbeit, mit der wir Menschenrechtsverletzungen dokumentieren und aufdecken, einstellen werden, wenn sie unsere Organisation als ‚unerwünscht‘ bezeichnen – ganz im Gegenteil. Wir werden den Drohungen nicht nachgeben und uns weiterhin unbeirrt dafür einsetzen, dass die Menschen in Russland ihre Menschenrechte ohne Diskriminierung wahrnehmen können. Wir werden weiterhin die von Russland in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen dokumentieren und weltweit darüber sprechen. Wir werden unsere Anstrengungen verdoppeln, um die ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen Russlands im In- und Ausland aufzudecken. “

„Wir werden nie aufhören, für die Freilassung von Gefangenen zu kämpfen, die aus Gewissensgründen inhaftiert sind, weil sie sich für die Menschenrechte einsetzen, oder für die Aufhebung repressiver Gesetze, die die Menschen in Russland daran hindern, sich gegen Ungerechtigkeit auszusprechen. Wir werden uns weiterhin unermüdlich dafür einsetzen, dass all diejenigen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, ob in Russland, der Ukraine oder anderswo, vor Gericht gestellt werden.“

Einfach ausgedrückt: Kein autoritärer Angriff wird unseren Kampf für Gerechtigkeit zum Schweigen bringen. Amnesty wird in ihrem Kampf für die Wahrung der Menschenrechte in Russland und darüber hinaus niemals aufgeben oder nachgeben.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International

Amnesty in einer Reihe mit Dutzenden Organisationen

Nach russischem Recht ist die Beteiligung an den Aktivitäten einer „unerwünschten Organisation“ strafbar. Erstmalige „Verstöße“ können zu Verwaltungsstrafen von bis zu 15.000 Rubel (rund 185 US-Dollar) führen. Wiederholte Verstöße sowie die Finanzierung oder Verwaltung solcher Organisationen sind strafbar und können zu Haftstrafen von bis zu sechs Jahren führen. Das Gesetz wurde bisher auf die Verbreitung oder das Wiedereinstellen von Materialien der bezeichneten Organisation angewandt, einschließlich Veröffentlichungen und Hyperlinks, die vor ihrer Einstufung als „unerwünscht“ erfolgten.

Mit dieser Einstufung reiht sich Amnesty International in eine Reihe von Dutzenden unabhängiger Nichtregierungsorganisationen und Medien ein, die in den letzten Jahren im Rahmen einer breit angelegten Kampagne zur Unterdrückung abweichender Meinungen und zur Zerschlagung der Zivilgesellschaft in Russland ins Visier genommen wurden, um internationale Überwachungsorganisationen und Partner*innen daran zu hindern, sie zu unterstützen oder sich mit ihnen zu solidarisieren. Diese Maßnahmen bilden das Rückgrat eines Musters, bei dem die russischen Behörden autoritäre Praktiken einsetzen, um Stimmen zum Schweigen zu bringen, Rechenschaftspflicht zu untergraben und ihre Macht zu festigen.

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