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Die COP28-Klimakonferenz in Dubai endete nach 14 Tagen mit einer Vereinbarung, in der zum ersten Mal die Notwendigkeit anerkannt wurde, sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden. Während manche das Gipfelergebnis als „historisch“ feiern, warnen andere vor „gefährlichen Scheinlösungen“. Wir haben zusammengefasst, was du über den Ausgang der COP28 wissen solltest.
Der wichtigste Beschluss der fast 200 Teilnehmenden der COP28 betraf die „Globale Bestandsaufnahme“ – eine alle fünf Jahre stattfindende Überprüfung des Stands der Klimaschutzmaßnahmen und des Fortschritts gemessen an den im Pariser Abkommen von 2015 festgelegten langfristigen Zielen.
In der Globalen Bestandsaufnahme der COP28 einigten sich die Vertragsparteien auf den „Übergang weg von fossilen Brennstoffen in Energiesystemen“. Dieser ausdrückliche Verweis auf fossile Brennstoffe ist ein Novum in den globalen Klimaverhandlungen. Dieses Signal ist zwar schwach und weit entfernt von dem von uns geforderten schnellen, fairen, vollständigen und finanzierten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Doch es spiegelt die jahrzehntelangen Bemühungen und Kampagnen zur Klimakrise wider, mit denen Aktivist*innen auf die Gefahren und Schäden der Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe sowie auf den Schaden und die Bedrohung, die sie für die Menschenrechte darstellen, aufmerksam machen.
Diese Vereinbarung zu fossilen Brennstoffen, der so genannte 'VAE-Konsens', wurde von der COP28-Präsidentschaft als 'historischer' Schritt bezeichnet. Es bleibt aber eine riesige Lücke zwischen den Zielen der Vereinbarung und der Verwirklichung von Klimagerechtigkeit, da sie Schlupflöcher für die fossile Brennstoffindustrie lässt und die finanziellen Zusagen auf dem Gipfel völlig unzureichend sind.
Ronya Alev, Expertin für Klimagerechtigkeit bei Amnesty International Österreich
Diese Vereinbarung zu fossilen Brennstoffen, der so genannte „VAE-Konsens“, wurde von der COP28-Präsidentschaft als „historischer“ Schritt bezeichnet. Es bleibt aber eine riesige Lücke zwischen den Zielen der Vereinbarung und der Verwirklichung von Klimagerechtigkeit, da sie Schlupflöcher für die fossile Brennstoffindustrie lässt und die finanziellen Zusagen auf dem Gipfel völlig unzureichend waren.
Der endgültige Text der Globalen Bestandsaufnahme gibt der fossilen Brennstoffindustrie einen weitreichenden Freibrief, ihre Geschäfte wie gewohnt fortzuführen, die Umwelt zu verschmutzen, Land zu rauben, das Klima zu zerstören, die Umwelt zu schädigen und die Rechte von Menschen zu untergraben. Die fossile Lobby begrüßte die im finalen Text stehende Forderung nach einer Beschleunigung des Aus- und Aufbaus von Technologien zur Abschwächung des Klimawandels, wie z. B. der CO2-Abscheidung und Speicherung sowie von Methoden zur CO2-Entfernung, obwohl diese Technologien risikoreich und unbewährt sind und nicht in ausreichendem Maße eingesetzt werden können, um die erforderliche Emissionsreduzierung zu erreichen. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen gilt nur für „Energiesysteme“, nicht aber für ihre Verwendung in Kunststoffen, im Verkehr oder in der Landwirtschaft. Im Text heißt es, dass „Übergangskraftstoffe eine Rolle bei der Erleichterung der Energiewende spielen und gleichzeitig die Energiesicherheit gewährleisten können“ – ein verklausulierter Hinweis auf den Einsatz von fossilem Gas. Die Verpflichtung, die Kapazität erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen, ist ein Fortschritt, aber alle Projekte für erneuerbare Energien müssen Menschenrechte respektieren und lokalen Gemeinschaften zugutekommen.
Was die Finanzierung anbelangt, so sind die 188 Millionen US-Dollar, die für „Klimaanpassung“ zugesagt wurden, völlig unzureichend im Vergleich zu den vielen Milliarden Dollar, die benötigt werden, um den Staaten zu helfen, die am meisten Unterstützung benötigen, um ihre Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel zu stärken. Unzureichend wird die Finanzierung vor allem dann sein, wenn viele Inselstaaten in einer existenziellen Krise stecken und die Rechte von Milliarden von Menschen, oft in marginalisierten Gemeinschaften, bedroht sind.
Das Zeitfenster, das zur Verfügung steht, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, ist verschwindend klein – aber es existiert noch und Fortschritte sind möglich.
Jahrzehntelang forderten Aktivist*innen einen Fonds, um Gemeinschaften, die von den unvermeidlichen Folgen der Klimakrise oder extremen Wetterereignissen betroffen sind, wirksame Entschädigungen zukommen zu lassen, damit sie ihr Leben wieder aufbauen können. Das letzte Jahr, seit die Klimakonferenz COP27 schließlich der Einrichtung dieses Fonds zugestimmt hat, wurde damit verbracht, darüber zu verhandeln, wie er verwaltet und finanziert werden soll. Auf der COP28 wurde die Frage nun weitgehend geklärt. Aber die bisher von einigen wenigen Ländern zugesagten Mittel reichen bei weitem nicht aus, um den Fonds wirksam zu machen. Es werden Milliarden von Dollar benötigt, aber es wurden nur ein paar hundert Millionen US-Dollar zugesagt. Auf der Grundlage des Verursacherprinzips, das besagt, dass die größten historischen Emittenten von Treibhausgasen die von ihnen verursachten Klimaschäden beseitigen müssen, haben wir alle Industrieländer und andere Länder, die dazu in der Lage sind, einschließlich der einkommensstarken, fossile Brennstoffe produzierenden Staaten, aufgefordert, ihre finanziellen Beiträge erheblich zu erhöhen. Die USA, der größte historische Verursacher von Treibhausgasen, haben lediglich 17,5 Millionen US-Dollar zugesagt. Es bleibt die Frage offen, wie die Weltbank, die mit der Verwaltung des Fonds beauftragt wurde, dies tun wird. Wir fordern sie auf, einen menschenrechtskonformen Ansatz zu verfolgen und eine wirksame Beteiligung der betroffenen Gemeinschaften und der Zivilgesellschaft an der Verwaltung und den Entscheidungen des Fonds zu gewährleisten.
Wir wollen, dass die betroffenen Menschen direkten Zugang zu Finanzmitteln erhalten. Diese Unterstützung soll in Form von Zuschüssen und nicht in Form von Darlehen gewährt werden, um die Verschuldung der Länder mit geringem Einkommen nicht zu erhöhen.
Als autoritärer und äußerst repressiver Staat, der seine eigene Produktion fossiler Brennstoffe weiter ausbaut, war es unwahrscheinlich, dass die VAE einen inklusiven Gipfel zum Schutz des Weltklimas und der Menschenrechte ausrichten würden. Es kam, was zu erwarten war. Die Bemühungen der fossilen Industrie, die COP zu vereinnahmen, wurden dadurch beschleunigt, dass die Vereinigten Arabischen Emirate Sultan Al Jaber, den Chef des staatlichen Öl- und Gasunternehmens ADNOC, zum COP-Präsidenten ernannten und dass eine Rekordzahl von Lobbyist*innen und Führungskräften der fossilen Brennstoffindustrie anwesend war. Der Zynismus der VAE gipfelte, als sie den russischen Präsidenten Putin während des Gipfels zu Gesprächen in Abu Dhabi empfingen, bei denen es unter anderem um Ölexporte ging.
In der „Blauen Zone” (dem von den Vereinten Nationen kontrollierten Bereich der COP28) waren die Beschränkungen bei der Einbeziehung der Zivilgesellschaft und für zivilgesellschaftliche Aktionen ungewöhnlich restriktiv. Diese Einschränkungen waren einem partizipativen und sinnvollen Ergebnis für alle Beteiligten abträglich. Aktivist*innen wurden gefilmt und überwacht, was zu einer Atmosphäre der Einschüchterung führte. Außerhalb der „Blauen Zone“ galten die Verbote der VAE in Bezug auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung sowie die Kriminalisierung jeglicher Kritik an den Behörden.
Die VAE hätten das Rampenlicht der COP nutzen können, um zu signalisieren, dass sie bereit sind, ein neues Kapitel aufzuschlagen und unserem Aufruf zur Freilassung von Dutzenden von Menschen nachzukommen. Stattdessen haben sie während der COP dreist ein neues Massenverfahren gegen Dissident*innen eingeleitet. Zahlreiche zu Unrecht inhaftierte Personen, darunter viele politische Gefangene, wurden aufgrund neuer, erfundener „Terrorismus“-Anschuldigungen anklagt, um ihre Strafen zu verlängern. Unter den Angeklagten befindet sich auch Ahmed Mansoor, der letzte offen für Menschenrechte arbeitende Aktivist in den Vereinigten Arabischen Emiraten, der seit 2017 inhaftiert ist.
Der endgültige Text der COP28 bewegt sich innerhalb des 2015 in Paris vereinbarten Rahmens, in dem versucht werden soll, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur in diesem Jahrhundert auf höchstens 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden.
Im Text wird jedoch nicht ausdrücklich darauf eingegangen, wie dies erreicht werden soll. Es werden Zeitrahmen und Ziele für die Emissionsreduzierung festgelegt, aber es wird nicht ausgeführt, wie diese Ziele erreicht werden sollen, außer in sehr vagen Worten. Die Globale Bestandsaufnahme soll den Staaten als Orientierungshilfe für die Überarbeitung ihrer eigenen individuellen Ziele und Klimapolitik (Nationally Determined Contributions/NDCs) dienen. Diese nationalen Beiträge sollen zwischen Ende 2024 und Anfang 2025 im Vorfeld der COP30 in Belém, Brasilien, vorgelegt werden. Laut dem Weltklimarat IPCC reichen die derzeitigen NDCs nicht aus, um das 1,5˚C-Ziel zu erreichen, selbst wenn sie vollständig umgesetzt werden. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird ein katastrophaler Anstieg um 2,9°C in diesem Jahrhundert vorhergesagt.
Die globalen Durchschnittstemperaturen werden in diesem Jahr mit einem Anstieg von etwa 1,4 °C die wärmsten sein, die je gemessen wurden. Der Puffer von 1,5 °C ist also fast aufgebraucht, und die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre sind so hoch wie nie zuvor und steigen weiter rapide an.
Wir wissen, dass die globale Erwärmung zu extremeren Wetterereignissen führt, einschließlich stärkerer und häufigerer Stürme, intensiverer Dürren und Niederschläge, häufigerer und heftigerer Waldbrände sowie einer Verstärkung langsam eintretender Ereignisse wie der Anstieg des Meeresspiegels und das Abschmelzen der Gletscher. All das bedroht Gemeinschaften auf der ganzen Welt. Einige pazifische Inselnationen, die durch den Anstieg des Meeresspiegels, Sturmfluten, Küstenerosion oder Versalzung von Land überschwemmt zu werden drohen, bezeichneten das Ergebnis der COP28 als „Sterbeurkunde“.
Die zunehmende Luftverschmutzung durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe hat katastrophale Folgen für die menschliche Gesundheit und verstößt gegen das allgemeine Recht der Menschen auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt. Das sollte den Delegierten, die den Smog in Dubai einatmeten, deutlich vor Augen geführt worden sein.
Der Klimawandel gefährdet nicht nur Menschenleben und zerstört Eigentum, sondern trifft auch die biologische Vielfalt und schädigt die Ökosysteme, auf die Menschen weltweit angewiesen sind, wobei indigene Gemeinschaften unverhältnismäßig stark betroffen sind. Er kann auch Ernten vernichten, den Zugang zu Nahrung und Wasser einschränken, den Wettbewerb um Ressourcen verschärfen und Konflikte, Vertreibung und Migration verstärken – und damit eine ganze Reihe anderer Rechte beeinträchtigen. Die Rechte von Milliarden von Menschen stehen auf dem Spiel.
Nach monatelangen hitzigen Diskussionen wird Aserbaidschan Gastgeber der COP29 sein – ein weiterer autoritärer Staat mit einer erschreckenden Bilanz bei der Unterdrückung der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit.
Die Einnahmen aus fossilen Brennstoffen machen etwa die Hälfte der aserbaidschanischen Wirtschaft und den größten Teil der Exporteinnahmen aus. Das staatliche integrierte Öl- und Gasunternehmen SOCAR ist eine wichtige Einnahmequelle für die Regierung von Präsident Alijew, die jegliche Opposition durch willkürliche Verhaftungen, Folter, die anhaltende Schikanierung und Inhaftierung von Journalist*innen und die Unterdrückung der Zivilgesellschaft fast vollständig ausgeschaltet hat.
Die Chancen für eine COP29, die den Interessen der Regierung des Gastgebers und der fossilen Brennstoffindustrie dient, sind hoch. Wieder droht ein Gipfel, der nicht inklusiv ist und keine sinnvolle Beteiligung von indigenen Völkern, marginalisierten Gruppen, Klimaaktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen zulässt, und somit die Rechte von Milliarden von Menschen, die vom Klimawandel bedroht sind, nicht schützen wird.
Es ist an der Zeit, dafür zu sorgen, dass Menschenrechte im Mittelpunkt der von der Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) organisierten Treffen stehen – so wie es die Vertragsparteien vereinbart haben. Amnesty International fordert, dass die „Host Country Agreements“ selbstverständlich veröffentlicht werden und, dass künftige Gastgeber die Achtung und den Schutz der Menschenrechte garantieren. Die UNFCCC sollte auch eine klares Regelwerk für Interessenskonflikte und einen soliden Rahmen für die Rechenschaftspflicht entwickeln, um sicherzustellen, dass die fossile Brennstoffindustrie die Ergebnisse nicht unangemessen beeinflusst und den gerechten und ausgewogenen Übergang zu erneuerbaren Energien für alle nicht verhindert. Denn wir alle brauchen diesen Übergang dringend.