China: Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng ist frei
9. März 2022Der Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng ist aus dem Gefängnis entlassen worden. Er verbüßte eine vierjährige Haftstrafe wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“.
Der Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng wurde am 1. März 2022 aus dem Gefängnis entlassen und ist sicher in Peking angekommen und wieder mit seiner Familie vereint. Seine Frau, die sich unermüdlich für seine Entlassung engagierte, schrieb:
Wir danken allen, die Yu in den vergangenen vier Jahren unterstützt haben und für seine Freilassung arbeiteten.
Menschenrechtsverteidiger*innen in China werden nach ihrer Freilassung häufig massiv überwacht und immer wieder eingeschüchtert. Außerdem war Yu Wensheng zu einem dreijährigen „Entzug der politischen Rechte“ verurteilt worden, der nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis beginnen soll. Amnesty fordert, dass die chinesische Regierung ihn unbehelligt lässt und dass er seine Arbeit als Menschenrechtsanwalt wieder aufnehmen kann.
Haft und Folter aufgrund seiner Menschenrechtsarbeit
Yu Wensheng (余文生) ist ein bekannter Menschenrechtsanwalt in Peking. Er vertrat zahlreiche Personen in öffentlichkeitswirksamen Menschenrechtsfällen. So übernahm er unter anderem die Verteidigung verschiedener Falun-Gong-Anhänger*innen und des Menschenrechtsanwalts Wang Quanzhang. Wang Quanzhang war während des harten staatlichen Vorgehens gegen Anwält*innen und Aktivist*innen im Juli 2015 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ angeklagt worden.
Auch Yu Wensheng selbst war aufgrund seiner Arbeit für die Menschenrechte in China bereits mehrmals inhaftiert und auch gefoltert worden. Zuletzt nahmen ihn die Sicherheitskräfte im Jänner 2018 fest. Am 17. Juni 2020 wurde er wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ zu vier Jahren Gefängnis und dreijährigem Entzug seiner politischen Rechte verurteilt. Nach mehr als 18 Monaten in Einzelhaft durfte er am 14. August 2020 endlich seinen Rechtsbeistand sehen. Dieser gab nach dem Treffen an, dass der bekannte Menschenrechtsanwalt in Haft gefoltert worden sei und dass sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert habe.
Gezieltes Vorgehen der Regierung
Die chinesische Regierung begann am 9. Juli 2015, scharf gegen Menschenrechtsanwält*innen und andere Aktivist*innen vorzugehen. In den darauffolgenden Wochen wurden fast 250 Anwält*innen und Aktivist*innen von Angehörigen der Staatssicherheit befragt oder inhaftiert, und viele ihrer Büros und Wohnungen wurden durchsucht. Zahlreiche Personen wurden wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“, „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ oder „Anfangen von Streit und Provozieren von Ärger“ schuldig gesprochen.