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Kamerun: Behörden müssen Gefangene dringend vor COVID-19 schützen

5. Mai 2020

Die Behörden in Kamerun müssen der Realität der Ausbreitung von COVID-19 in den Gefängnissen des Landes ins Auge sehen. Amnesty International fordert sie auf, die Gefangenen angemessen medizinisch zu versorgen und aufzuhören, die Überbelegung der Gefängnisse durch willkürliche Verhaftungen zu verschlimmern.

„COVID-19 breitet sich in Kamerun aus. Es ist daher wichtig, dass die Gefangenen und ihre Familien Zugang zu genauen Informationen über das Virus haben. Die schlechten Bedingungen in den Gefängnissen könnten dazu führen, dass sie Epizentren der Pandemie werden, wenn nicht umgehend Maßnahmen ergriffen werden“, sagte Fabien Offner, Researcher bei Amnesty International für West- und Zentralafrika.

Die Behörden müssen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit Inhaftierten eine kostenlose medizinische Versorgung bekommen – ohne Diskriminierung. Sie müssen auch die Gesamtzahl der Inhaftierten dringend reduzieren.

Fabien Offner, Researcher bei Amnesty International für West- und Zentralafrika

Nach Angaben der Organisation National Commission on Human Rights and Freedoms war die Überbelegung in vielen Gefängnissen in Kamerun hoch: Sie erreichte 432 Prozent in „Kondengui“, 729 Prozent im Gefängnis von Bertoua (Osten), 481 Prozent in Sangmelima (Süden) und 567 Prozent im Hauptgefängnis von Kumba (Südwesten).

Katastrophale Bedingungen in Zentralgefängnis von Yaoundé

Im Zentralgefängnis von Yaoundé herrschen schlimme Haftbedingungen. Ein Insasse erzählte Amnesty International: „In diesem Gefängnis sterben oft Gefangene; niemand kann wirklich sagen, wer sich angesteckt hat. Viele Häftlinge sind krank, wegen der Überfüllung haben alle Angst. Die Kranken fürchten sich auch davor, zum Gesundheitsdienst des Gefängnisses zu gehen, weil Gerüchte über die Einlieferung von COVID-19-Patienten kursieren.“

Die meisten Insassen, die Symptome von COVID-19 aufweisen, werden mit heißen Flüssigkeiten behandelt, die mit Ingwer und Knoblauch vermischt sind. Im vergangenen Monat wurden unabhängigen Quellen zufolge innerhalb einer Woche fünf weitere Todesfälle gemeldet. Ein Schreiben, das am 21. April im Namen der Häftlinge an das Justizministerium geschickt wurde, hob die anhaltende Überbelegung hervor, das medizinische Personal sei „überfordert“.

Am 23. April kündigten die Behörden Maßnahmen zur Eindämmung des Virus innerhalb des Zentralgefängnisses in Yaoundé an, darunter die Aussetzung der Außenarbeiten, die Einrichtung von Beobachtungszellen für COVID-19-Verdachtsfälle, Desinfektionsmaßnahmen und die Anwendung von Barrieregesten.

Mindestens zwei kranke Häftlinge starben kurz nach ihrer Entlassung.

Nach Informationen von Amnesty International starben mindestens zwei kranke Häftlinge kurz nach ihrer Freilassung. Einer wurde unter Bedingungen begraben, wie es für COVID-19-Todesfälle vorgesehen ist – obwohl kein Test zur Bestimmung der Todesursache durchgeführt wurde.

Auch wenn die Behörden vor kurzem einige Häftlinge freigelassen haben, haben sie nicht auf den Aufruf der Organisation National Commission on Human Rights and Freedoms reagiert, ältere Menschen, die am anfälligsten für das Virus sind, freizulassen. Auch auf den Aufruf der UNO, kranke und ohne Rechtsgrundlage inhaftierte Häftlinge, darunter auch Gefangene aus Gewissensgründen, freizulassen, gab es keine Reaktion.

Gewaltlose politische Gefangene nach wie vor in Haft

Zu den inhaftierten gewaltlosen politischen Gefangenen gehört Mamadou Mota, Vizepräsident der Oppositionspartei MRC. Er ist wegen der Teilnahme an friedlichen Protesten und wegen „Rebellion in der Gruppe“ inhaftiert. Darüber hinaus sind Menschen inhaftiert, weil sie friedlich gegen die angeblichen Unregelmäßigkeiten während der Präsidentschaftswahlen 2018 oder für die Forderung nach wirtschaftlichen und sozialen Rechten in den englischsprachigen Regionen protestiert haben.

Mancho Bibixy Tse ist einer von ihnen. Er wurde am 9. Jänner 2017 verhaftet und am 25. Mai 2018 von einem Militärgericht wegen „Terrorismus“ zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt – nur weil er friedlich gegen die Marginalisierung englischsprachiger Menschen in Kamerun protestiert hatte.

Zu den kranken Häftlingen, die noch immer inhaftiert sind, gehört der 70-jährige Amadou Vamoulke, ehemaliger Direktor des staatlichen Fernsehens, der an einer schweren, von zwei Neurologen beglaubigten Pathologie leidet. Er wurde im Juli verhaftet.

Hintergrund

Im Anschluss an einen Präsidialerlass vom 15. April, mit dem Strafen umgewandelt oder erlassen wurden, sind Hunderte von Gefangenen freigelassen worden. So wurden beispielsweise 831 Gefangene in der Region Far North freigelassen, die Zahl der Gefangenen sank laut staatlichen Medien von 3.370 auf 2.547. Eine unabhängige Quelle bestätigte Amnesty International auch, dass 214 Gefangene im Maroua-Gefängnis freigelassen wurden.

Das ist zwar ein erster willkommener Schritt zur Verringerung der Überbelegung der Gefängnisse, doch er reicht bei weitem nicht aus. Um die Ausbreitung des Virus in den Haftanstalten zu verhinden, müssen Häftlinge freigelassen werden, die besonders anfällig für COVID-19 sind, wie z. B. ältere Menschen oder Menschen mit gesundheitlichen Problemen.

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