Am 16. November 2021 wurde Narges Mohammadi gewaltsam festgenommen, als sie in Karadsch in der Provinz Alborz an einer Gedenkveranstaltung für Ebrahim Ketabdar teilnahm, der während der landesweiten Proteste im November 2019 von iranischen Sicherheitskräften getötet worden war. Sie kam in den Trakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses, der dem Geheimdienstministerium untersteht, in Einzelhaft. Am Tag nach ihrer Festnahme teilte man ihr mit, dass sie eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten antreten müsse, zu der sie 2021 verurteilt worden war. Man drohte ihr zudem an, die 80 Stockhiebe, zu denen sie ebenfalls verurteilt worden war, zeitnah zu vollziehen. Die Menschenrechtlerin gab an, 64 Tage lang in Trakt 209 in Einzelhaft gehalten worden zu sein. Während dieser Zeit sei sie von Angehörigen des Geheimdienstministeriums gefoltert und anderweitig misshandelt worden. Ihren Angaben zufolge ließ man das Licht jeden Tag 24 Stunden lang brennen und gewährte ihr nur dreimal pro Woche für jeweils 20 Minuten Zeit an der frischen Luft und im Tageslicht. Die Behörden hielten sie in beinahe totaler Isolation fest und verweigerten ihr den Kontakt mit anderen Gefangenen. Ihr einziger menschlicher Kontakt war mit den Wärter*innen, die sie zur Toilette eskortierten und ihr Essen brachten. All dies wirkte sich stark auf ihren Gesundheitszustand aus, so erlitt sie beispielsweise Anfälle von Atemnot.
Am 4. Januar 2022 wurde Narges Mohammadi vor die Abteilung 26 des Teheraner Revolutionsgerichtes gestellt, um sich in einem zweiten Fall zu verantworten. Das Verfahren entsprach bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Verfahren: Die Anhörung dauerte lediglich fünf Minuten, und sie gab später an, sowohl vor als auch während der Verhandlung keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand gehabt zu haben. Am 15. Januar wurde sie darüber informiert, dass das Gericht sie zu acht Jahren und zwei Monaten Haft sowie 74 Stockhieben verurteilt habe. Zudem habe sie zwei Jahre im internen "Exil" außerhalb ihres Wohnorts Teheran zu verbringen, dürfe sich zwei Jahre lang nicht in politischen Parteien oder gesellschaftlichen Zusammenschlüssen engagieren, und müsse sich zwei Jahre lang von Online-Plattformen, den Medien und der Presse fernhalten.
Das Urteil vom Januar 2022 kommt zu ihrer früheren Verurteilung durch die Abteilung 1177 des Teheraner Strafgerichts Nr. 2 hinzu. Damals wurde die Menschenrechtlerin laut einem Instagram-Post vom 24. Mai 2021 unter anderem wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System" zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis, 80 Stockhieben und zwei Geldstrafen verurteilt. Die ihr vorgeworfenen "Straftaten" beziehen sich auf von ihr gemachte Aussagen gegen die Todesstrafe sowie auf eine Sitzblockade, die sie während eines früheren Gefängnisaufenthalts zusammen mit anderen Gefangenen zwischen dem 21. und 24. Dezember 2019 im Evin-Gefängnis durchführte, um gegen die rechtswidrige Tötung von Demonstrierenden im November 2019 zu protestieren. Sie prangerte zudem an, dass sie kurz nach der friedlichen Sitzblockade von Angehörigen der Gefängnis- und Justizbehörden sowie von männlichen Sicherheitskräften gefoltert und anderweitig misshandelt worden sei. Man habe sie z. B. wiederholt am ganzen Körper geschlagen, gewaltsam eine Treppe hinuntergezerrt und gegen eine Wand geworfen. Die Staatsanwaltschaft in Teheran weigerte sich, diese von Narges Mohammadi Ende Dezember 2019 erhobenen Folter- und Misshandlungsvorwürfe zu verfolgen.
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