Die Behandlung syrischer Flüchtlinge in der Türkei gibt Anlass zu großer Sorge. Langjährige Pläne zu einer rechtswidrigen Umsiedlung einer großen Zahl von ihnen in eine sogenannte „Sicherheitszone“ in Nordsyrien scheinen vor ihrer Umsetzung zu stehen.
Die Türkei ist derzeit das Land mit den meisten Flüchtlingen weltweit: ungefähr 4 Millionen. Diese hohe Zahl entbindet die türkische Regierung jedoch nicht von ihrer Pflicht, sich an das Völkerrecht zu halten und alle Personen unter ihrer Hoheitsgewalt zu schützen – das gilt auch für syrische Flüchtlinge.
Am 25. Oktober 2019 veröffentlichte Amnesty International den neuen Bericht Sent to a war zone: Turkey’s illegal deportations of Syrian refugees (vgl. https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/tuerkei-tuerkei-fluec…). Darin ist dokumentiert, wie Mitte 2019 in der ganzen Türkei hunderte syrische Flüchtlinge aufgegriffen, festgenommen und gegen ihren Willen abgeschoben wurden. In der Regel waren sie zuvor hinters Licht geführt oder dazu gezwungen worden, Dokumente zu unterschreiben, die belegen sollten, dass sie selbst ihre Rückkehr nach Syrien gefordert hätten. Einige derjenigen die es schafften, in die Türkei zurückzukehren, berichteten Amnesty International, dass sie nach ihrer Wiedereinreise herausfanden, dass ihre Ausweisdokumente annulliert worden waren. Ohne gültige Ausweisdokumente erhalten syrische Staatsbürger*innen jedoch keinen Zugang zu grundlegenden Leistungen und das Risiko einer (erneuten) Abschiebung ist hoch. Eine Verlängerung der Papiere nach ihrer Annullierung wird offenbar nicht ermöglicht, obwohl diese nach türkischem Recht zulässig wäre. Syrischen Flüchtlingen stehen oft keine Rechtsmittel zur Verfügung, um sich gegen eine Abschiebung schützen zu können.
Außerdem planen die türkischen Behörden seit langem, eine große Zahl syrischer Flüchtlinge nach Nordsyrien umzusiedeln. Dafür behaupten sie fälschlicherweise, dass dieses Gebiet sicher sei. Doch Syrien ist nach wie vor eines der gefährlichsten Länder der Welt. Das unterstreicht auch die jüngste Militäroffensive in Nordostsyrien, die die türkische Regierung am 9. Oktober 2019 begann: Die Kampfhandlungen zwangen mindestens 160.000 Personen zur Flucht.
Abschiebungen nach Syrien verstoßen gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (non-refoulement), da dort das Risiko extrem hoch ist, Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen zu werden.