Bewaffnete Konflikte und die Gesetzeslage: Humanitäres Völkerrecht und internationales Strafrecht
Humanitäres Völkerrecht
Bewaffnete Konflikte werden in erster Linie durch das humanitäre Völkerrecht (HVR) geregelt, das auch als Kriegsrecht bezeichnet wird. Dieses gilt nur in bewaffneten Konflikten. Das HVR umfasst Regeln, die in internationalen Verträgen verankert oder durch Gewohnheitsrecht anerkannt sind, um die Auswirkungen von bewaffneten Konflikten zu verringern. Schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht gelten als Kriegsverbrechen.
Hauptziele des humanitären Völkerrechts sind die Minimierung menschlichen Leids sowie der Schutz der Zivilbevölkerung und Personen, die nicht mehr direkt an den Kampfhandlungen beteiligt sind, wie z. B. Kriegsgefangene. Darüber hinaus beinhaltet das HRV auch Regeln über die von den Konfliktparteien eingesetzten Kriegsmethoden und –mittel. Das humanitäre Völkerrecht verlangt, dass die Konfliktparteien jederzeit zwischen Zivilist*innen, denen Schutz gewährt wird, und Kombattant*innen unterscheiden. Zivilist*innen dürfen nicht absichtlich angegriffen werden. Legitime Angriffe dürfen sich nur gegen militärische Ziele richten.
Alle Konfliktparteien müssen Maßnahmen ergreifen, um den Schaden für die Zivilbevölkerung und zivile Objekte (wie Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser) so gering wie möglich zu halten. Sie dürfen keine Angriffe durchführen, bei denen nicht zwischen Zivilist*innen und Kombattant*innen unterschieden wird oder die der Zivilbevölkerung unverhältnismäßig großen Schaden zufügen.
Internationales Strafrecht
Bei schweren Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (siehe Glossar am Ende des Artikels), kommt das internationale Strafrecht zur Anwendung
Alle Staaten sind verpflichtet, diejenigen vor Gericht zu stellen, die im begründeten Verdacht stehen, für Verbrechen nach dem Völkerrecht strafrechtlich verantwortlich zu sein. Dies gilt auch im Rahmen der universellen Gerichtsbarkeit – doch viele Staaten sind entweder nicht bereit oder nicht in der Lage, die Täter*innen vor Gericht zu stellen.
Die internationale Gemeinschaft hat Ad-hoc-Strafgerichtshöfe eingerichtet, um die Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien, in Ruanda und in Sierra Leone zu behandeln. Im Jahr 2002 wurde der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegründet, um der Straflosigkeit für Verbrechen nach internationalem Recht ein Ende zu setzen. Das Gründungsdokument des IStGH – das Römische Statut – wurde von 124 Vertragsstaaten unterzeichnet, die der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterstehen.
Der IStGH ist ein ständiges Gericht. Es wird eingesetzt, wenn die nationalen Justizsysteme nicht in der Lage oder nicht willens sind, die Täter*innen vor ein nationales Gericht zu stellen. Fälle können von einem Vertragsstaat oder vom UN-Sicherheitsrat an den IStGH verwiesen werden. Der UN-Sicherheitsrat kann auch Fälle gegen Nichtvertragsstaaten an den IStGH verweisen. Die Anklagebehörde des IStGH kann außerdem auch beschließen, auf der Grundlage externer Beweise eine Untersuchung gegen einen Vertragsstaat einzuleiten.
Der IStGH kann nur über Verbrechen befinden, die nach dem Inkrafttreten des Römer Statuts, also nach dem 1. Juli 2002, begangen wurden (aufgrund des allgemein anerkannten Rückwirkungsverbotes im Strafrecht). Zudem ist der IStGH nur zuständig, wenn ein solches Verbrechen auf dem Territorium oder von einem Bürger eines Vertragsstaates begangen wurde oder von einem Staat, der dem IStGH ad hoc die Zuständigkeit dafür zugesprochen hat oder wenn der Uno-Sicherheitsrat eine Situation zur Ermittlung an den IStGH überweist (vgl. Sudan und Libyen).
Einige Staaten haben hybride Gerichte – innerstaatliche Gerichte mit internationalen Elementen – eingerichtet, um Täter*innen, die Verbrechen nach internationalem Recht begehen, zur Rechenschaft zu ziehen.
Die erste Verurteilung durch den Internationalen Strafgerichtshof erfolgte im März 2012 gegen Thomas Lubanga, den Anführer einer bewaffneten Gruppe in der Demokratischen Republik Kongo.
Internationale Menschenrechtsnormen, die sowohl durch Völkergewohnheitsrecht, als auch in internationalen Verträgen verankert sind, sind auch während bewaffneter Konflikte gültig.