Mahmud Shanaa, 37, der bei dem Einschlag verletzt wurde, sagte zu Amnesty International: „Die Kinder und die Menschen in ihrer Umgebung wurden getötet, weil die Rakete so nahe am Kickertisch einschlug. Um den Kickertisch herum spielen immer viele Kinder. Die Kinder können nirgendwo anders spielen. Angesichts der Gefahren des Krieges, gehen sie nicht weit weg von ihren Häusern.“
In einer Antwort an CNN erklärte das israelische Militär zunächst, es habe ein „Terrorziel“ in al-Maghazi getroffen, lehnte es aber ab, weitere Einzelheiten oder Beweise zu nennen. Später erklärten sie, sie hätten keine Aufzeichnungen über den Angriff. Das israelische Militär lehnte es auch ab, Fragen über die Art des Ziels oder darüber, ob feindliche Kämpfer getötet wurden, zu beantworten.
Rafah: Zwei Angriffe in zwei Tagen töten 29 Zivilist*innen
Am 19. April gegen 22:15 Uhr schlug eine Fliegerbombe in das vierstöckige Haus der Familie Abu Radwan im Viertel Tal al-Sultan in West-Rafah ein. Dabei wurden neun Mitglieder der Familie – sechs Kinder, zwei Frauen und ein Mann – getötet und fünf weitere Angehörige (drei Kinder, ein Mann und eine Frau) verletzt. Bei dem Angriff wurden auch eine Frau und ihre Tochter aus einer anderen Familie, die im Nachbarhaus wohnte, verletzt.
Subhi Abu Radwan, ein 72-jähriger pensionierter Beamter, überlebte den Angriff. Einer seiner Söhne, seine Schwiegertochter, eine Tochter und sechs seiner Enkelkinder wurden getötet. Er berichtete Amnesty International: „Ich war noch wach, als der Angriff erfolgte, während meine Kinder und Enkelkinder bereits schliefen. Ich war im Erdgeschoss und hörte keine Explosion, wurde aber auf den Einschlag aufmerksam, als das Haus bebte und alles voller Staub und Schutt war.
„Ich begann um Hilfe zu schreien, Nachbarn und Rettungskräfte kamen und halfen uns. Die Rakete hatte das Dach im dritten Stock durchschlagen und drang bis in den zweiten Stock hinunter, wo sie schließlich explodierte und alle Bewohner tötete.“
„Ich wusste nicht, wer tot oder lebendig war, bis ich später im Krankenhaus war. Erst da erfuhr ich, wie viele gestorben waren. Die Toten und Verletzten wurden draußen in den Trümmern gefunden; sie waren durch die Wucht der Explosion aus dem Gebäude geschleudert worden.“
Nisrine Saleh, eine 40-jährige Lehrerin und eine weitere Schwiegertochter von Subhi, wurde bei dem Anschlag verletzt. Sie sagte gegenüber Amnesty International: „Ich konnte mich nach dem Luftangriff mehrere Tage lang nicht bewegen. Die Ärzte sagten mir, dass meine Wirbelsäule beschädigt sei. Ich befürchtete, dass ich gelähmt bleiben würde, aber zum Glück fange ich an, mich wieder einigermaßen bewegen zu können... Ich kann immer noch nicht ganz begreifen, was mit unserer Familie geschehen ist. Unsere Familie wurde ohne Grund zerstört.“
Der Waffenexperte von Amnesty International identifizierte die Munition anhand von Fotos der am Tatort sichergestellten Fragmente als MPR 500, eine 500-Pfund-Bombe der israelischen Firma IMI. Reste des Präzisionssteuerungspakets der Bombe waren mit dem CAGE-Code 0UVG2 gekennzeichnet, was darauf hindeutet, dass zumindest ein Teil von AeroAntenna, einem in Kalifornien ansässigen US-Rüstungsunternehmen, hergestellt wurde.
Amnesty International hat 17 Fotos und ein Video des Anschlagsortes ausgewertet, die von Amnesty International-Mitarbeiter*innen vor Ort aufgenommen wurden. Das Muster der Schäden am Haus von Abu Radwan passt zu einer Fliegerbombe dieser Größe. Die Analyse von Satellitenbildern des Ortes zeigt subtile Veränderungen und Schäden am Dach zwischen dem 16. und dem 20. April, was mit Fotos am Boden und Zeugenaussagen übereinstimmt.
Am folgenden Tag, dem 20. April, zerstörte ein Luftangriff gegen 23.20 Uhr das Haus der Familie Abdelal im Viertel al-Jneinah im Osten Rafahs, wobei 20 Familienmitglieder – 16 Kinder und vier Frauen − getötet und zwei weitere Kinder verletzt wurden. Die Opfer schliefen. Die einzigen Überlebenden sind die drei Väter der Kinder, der Großvater und einige der Kinder, die sich im Empfangsraum am Eingang des Bauernhofs der Familie befanden, der etwa 100 Meter vom Haus entfernt ist.
Hussein Abdelal, der Besitzer des Hauses, verlor bei dem Anschlag seine Mutter, seine beiden Frauen und 10 seiner Kinder (im Alter von 18 Monaten bis 16 Jahren). Er sagte gegenüber Amnesty International:
„Ich suche in den Trümmern nach allem, was ich von meiner Mutter und meinen Kindern finden kann. Ihre Körper wurden in Fetzen gerissen. Ich fand Fetzen, Körperteile meiner Kinder, ich fand sie ohne Köpfe. Es ist unmenschlich. Sie [die Bombe] hat alles zerstört, unser Leben, unsere Häuser, auch die Tiere wurden getötet...“