„Ohne jede Grundlage haben die türkischen Behörden versucht, gegen Idil, Taner und die anderen neun Menschenrechtsverteidiger*innen ein Verfahren einzuleiten. Es dauerte mehr als drei Monate, bis der Staatsanwalt die Anklageschrift vorlegte – und darin keinen einzigen auch nur annähernd stichhaltigen Vorwurf präsentierte. Der Richter sollte eigentlich nicht länger als eine halbe Stunde benötigen, um den Fall abzulehnen“, sagt Dalhuisen.
„Die Anhörungen sind eine Bewährungsprobe für das türkische Justizsystem. Sie werden zeigen, ob der Einsatz für Menschenrechte nun in der Türkei ein Verbrechen ist“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführererin von Amnesty International Österreich.
Seit Monaten in Untersuchungshaft
Zehn der Angeklagten – darunter Idil Eser, Direktorin von Amnesty-Türkei – sind am 5. Juli 2017 nach einem Weiterbildungsworkshop in Büyükada bei Istanbul verhaftet worden. Der Verstandsvorsitzende von Amnesty Türkei war schon im Juni 2017 festgenommen worden.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten ohne jegliche stichhaltigen Beweise vor, ein „geheimes Treffen zur Organisation eines Aufstands im Gezi-Stil“ organisiert zu haben. Diese Vorwürfe sind absurd.
Auch Taner Kilic soll von diesem Treffen gewusst haben, lautet der Vorwurf. Zudem wird gegen ihn eine separate Anklage wegen „Mitgliedschaft in der Terrororganisation Fethullah Gülen“ vorgebracht. Der Vorwurf basiert auf der Behauptung, er habe eine App heruntergeladen, die von Gülen-Anhänger*innen genützt wird. Zwei unabhängige forensische Gutachten, die von Amensty Internatinal beauftragt wurden, belegen jedoch, dass die besagte App niemals auf seinem Telefon gewesen war.
Internationaler Widerstand
Gegen die offensichtlich konstruierte Anklage und die Verhaftungen protestierten tausende Akti-vist*innen. Zahlreiche Politiker*innen, darunter auch der österreichsiche Bundeskanzler, Vertreter*innen internationaler Organisationen sowie bekannte Persönlichkeiten forderten bereits ihre Freilassung – so auch der Menschenrechtsverteidiger Edward Snowden, für den sich Amnesty Interntional seit Jahren einsetzt.
Edward Snowden verlangt, dass die Menschenrechtsverteidiger*innen freigelassen werden