„Sicherheitspaket“ schafft nicht mehr Sicherheit
Laut aktueller Statistik des Innenministeriums sinkt die Kriminalität, während Cybercrime-Attacken ansteigen. Die Antwort der Regierung auf diese Herausforderung ist jedoch die falsche, sagt Schlack: „Anstatt uns und unsere Daten zu schützen, gefährdet der Staat fahrlässig die Privatsphäre und Sicherheit aller.“ Damit widerspricht die Regierung nicht nur der „Österreichischen Strategie für Cyber-Sicherheit“ (Download des Dokuments), in der es heißt: „Proaktive Cyber Sicherheitspolitik heißt darauf hinzuwirken, dass Bedrohungen des Cyber Raums und der Menschen im Cyber Raum erst gar nicht entstehen [...].“
Der Staat erfüllt damit auch nicht seine menschenrechtliche Verpflichtung, die Bevölkerung vor Angriffen zu schützen und erhöht das Sicherheitsrisiko für jeden einzelnen.
Ein Beispiel dafür, welch fatale Konsequenzen Sicherheitslücken haben können, ist der Trojaner „WannaCry“: Die Schadsoftware nutzte 2017 geheime Sicherheitslücken aus, die der US-amerikanische Geheimdienst NSA bewusst offengelassen hatte. Er befiel weltweit Computersysteme und legte wichtige IT-Systeme lahm – darunter auch jene in Krankenhäusern.
Briefgeheimnis – gelindere Mittel ausreichend
Auch an den geplanten Änderungen für das Briefgeheimnis übt Amnesty Kritik. Bisher galt: Der Staat durfte nur Briefe beschlagnahmen, wenn sich eine Person in Haft befindet oder die Festnahme angeordnet wurde. Künftig sollen die Behörden auf Verdacht Briefe öffnen können – und das, obwohl es andere Ermittlungsmethoden (Spürhunde, Durchleuchtungen z. B.) gibt, die nicht willkürlich in unsere Privatsphäre eingreifen. „Wenn es darum geht, dem Versand von Drogen, Waffen oder Falschgeld, entgegenzuwirken, dann stehen den Behörden bereits effektive Mittel zur Verfügung, die weniger gravierend in unsere Grundrechte eingreifen“, sagt Schlack.
Unverhältnismäßig: Ausbau der Video- und KFZ-Überwachung
Massive Bedenken gibt es auch bei den Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz: Die Maßnahmen zur „Verarbeitung von umfangreichen KFZ-Daten“ ist eine Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür, kritisiert Schlack: „Das hätte eine Vollüberwachung von Autobahnen zur Folge und wäre ohne begründeten Verdacht möglich. Das ist völlig unverhältnismäßig.“
Künftig soll die Polizei auch auf die Kameras von privaten oder öffentlichen Einrichtungen zugreifen können. Allein die „Vorbeugung wahrscheinlicher Angriffe“ reicht laut Gesetzesentwurf dafür aus – eine Formulierung, die leicht missbraucht werden kann. Auch die Dauer der Speicherung von Daten wurde ohne Begründung von zwei auf vier Wochen ausgedehnt und ist nicht nachvollziehbar.
Amnesty erkennt an, dass Eingriffe in unsere Grundrechte nötig sind, um für Sicherheit zu sorgen und Kriminalität zu bekämpfen – doch diese Eingriffe müssen immer das gelindeste Mittel und verhältnismäßig sein. „Wenn der Staat beginnt, Maßnahmen wie den Staatstrojaner einzusetzen, dann müssen wir uns fragen: Wo hört das auf? Statt tatsächlich für Sicherheit zu sorgen, nimmt die Regierung Grundrechtsverletzungen in Kauf, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Österreicher*innen zu befriedigen. Das ist inakzeptabel.“
Hintergrund
Nach zwei gescheiterten Anläufen ist der aktuelle Gesetzesentwurf nun bereits der dritte Versuch, den staatlichen Behörden zusätzliche und umfassende Befugnisse – insbesondere durch Zugriffsmöglichkeiten auf digitale Kommunikation und auf Überwachungskameras im öffentlichen Raum – einzuräumen.
Die vorangegangen zwei Versuche sind vor allem an fundierten menschenrechtlichen Einwänden, am massiven Widerstand durch die Zivilgesellschaft und an Expert*innenmeinungen gescheitert.
Zwar wurden im neuen Gesetzesentwurf – anders als in den Vorschlägen zuvor – einige grundlegende menschenrechtliche Schutzstandards berücksichtigt wurden. Doch der Kern des Problems bleibt bestehen: Die Maßnahmen sind ein unverhältnismäßiger Eingriff in unsere Grundrechte.