Amnesty International fordert alle Staaten auf, sich für einen sofortigen Waffenstillstand einzusetzen, um weitere Opfer unter der Zivilbevölkerung zu verhindern und den Zugang zu lebensrettenden Hilfsgütern für die Menschen im Gazastreifen sicherzustellen. Außerdem müssen alle Staaten dringend Maßnahmen ergreifen, um anhaltende Völkerrechtsverbrechen zu verhindern, unter anderem durch ein umfassendes Waffenembargo gegen Israel und bewaffnete palästinensische Gruppen.
Erika Guevara-Rosas sagt: „Mehrere Familien der Opfer sagten uns, dass der Kampf um ein gewisses Maß an Gerechtigkeit alles ist, was sie trotz ihres Verlustes weiter machen lässt. Sie betonten, wie wichtig es ist, gegen die seit Langem bestehende Straflosigkeit für Kriegsverbrechen und andere Verbrechen nach internationalem Recht durch israelische Streitkräfte vorzugehen. Dazu gehört auch die dringende Notwendigkeit, dass die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs ihre Ermittlungen zu Beweisen für Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten aller Parteien beschleunigt.”
Hintergrund
Amnesty International besuchte die Schauplätze aller vier Angriffe, machte Fotos und Videos von den Zerstörungen und befragte insgesamt 18 Personen, darunter 14 Überlebende und vier Angehörige, die an den Rettungsmaßnahmen beteiligt waren. Das Crisis Evidence Lab analysierte Satellitenbilder, Fotos und Videos, um die Angriffe und die daraus resultierenden Zerstörungen zu lokalisieren und zu verifizieren.
Amnesty überprüfte auch das Kriegstagebuch, das auf der offiziellen Seite des israelischen Militärs veröffentlicht wurde, und fand keinen Hinweis auf einen der vier Angriffe. Amnesty International hat am 19. und 30. Januar 2024 Fragen zu den Angriffen an die israelischen Behörden geschickt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung lag keine Antwort vor.
Rafah ist im Zuge des Konflikts zwischen Hamas und anderen bewaffneten palästinensischen Gruppen einerseits und dem israelischen Militär andererseits zum am stärksten überfüllten Gebiet des Gazastreifens geworden. Hier leben mehr als eine Million Menschen, die überwiegende Mehrheit von ihnen Vertriebene, unter katastrophalen Bedingungen; unter anderem in behelfsmäßigen Zelten und Schulen. Die Bevölkerung des Gouvernements hat sich im Vergleich zur Vorkriegszeit verfünffacht. Sollten die israelischen Streitkräfte eine Bodenoperation in Rafah starten, hätte dies höchstwahrscheinlich katastrophale Folgen für die Vertriebenen, die nirgendwohin fliehen können, und für das gesamte Hilfssystem, das bereits jetzt an seine Grenzen stößt.
Zusätzlich zu diesen vier Angriffen hat Amnesty International mehrere weitere Fälle dokumentiert, in denen israelische Streitkräfte seit dem 7. Oktober 2023 rechtswidrige Angriffe durchgeführt haben, bei denen Zivilist*innen getötet und verletzt wurden. Amnesty kritisiert auch die verschärfte Abriegelung des Gazastreifens, die Verweigerung des Zugangs zu Wasser und Nahrungsmitteln, die zu schwerem Hunger und der steigenden Gefahr einer Hungersnot beigetragen hat, sowie der Zerstörung von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und anderer wichtiger Infrastruktur.