„Unsere Recherchen in Libyen haben wiederholt gezeigt: Indem die EU-Mitgliedstaaten Geflüchtete und Migrant*innen nach Libyen zurückschicken, machen sie sich für Misshandlungen und Folter mitverantwortlich. Dass Libyen immer noch als möglicher Partner genannt wird, ist schlicht menschenverachtend“, sagte Heinz Patzelt, und weiter:
„Die Verantwortung für die Aufnahme von Migrant*innen und Geflüchteten auf Nachbarländer zu übertragen, mag in einer humanitär vollkommen verwahrlosten Welt verlockend erscheinen. Doch diese Logik geht an der Realität vorbei. Die Etablierung von Erstaufnahmezentren in EU-Drittstaaten wirft schwierigste menschenrechtliche Fragen auf, die die EU-Staaten nicht beantworten können“, sagte Heinz Patzelt.
Darunter fällt etwa die Frage, welcher Standard bei den Asylverfahren gelten soll, oder in welchem Land jene Menschen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, innerhalb der EU aufgenommen werden. Und nicht zuletzt: Welche Gerichte welchen Landes können von den Betroffenen angerufen werden, damit menschenrechtliche Mindeststandards der Europäischen Menschenrechtskonvention eingehalten werden?
Auch die Etablierung von Erstaufnahmezentren in EU-Drittstaaten erscheint nur auf den ersten Blick als machbare Lösung. Tatsächlich sei das eine völlig jenseitige Idee, weil sich die EU-Staaten damit in eine völkerrechtliche Sackgasse begeben, sagte Heinz Patzelt. Wie und durch wen werden die Menschen während der Dauer der Asylverfahren versorgt? Wie lange dürfen die Menschen in den Zentren angehalten werden?
„Solange die EU-Mitgliedsstaaten diese Fragen nicht beantworten können, müssen sie sowohl untereinander als auch mit den Regionen außerhalb Europas bessere Lösungen finden. Und zwar jene, die tatsächlich menschenrechtskonform sind“, sagte Heinz Patzelt, und weiter:
„Im Grunde geht es den EU-Staaten beim Thema Asyl aktuell nur darum, gut klingende Lösungen zu produzieren. Mit Erstaufnahmezentren in EU-Drittstaaten werden die Regierungschefs die Herausforderung nicht lösen, sondern nur auslagern – auf Kosten von Tausenden Menschen.