Obsorge ab Tag 1 und Schaffung einer Bundesstaatsanwaltschaft sind langjährige Forderungen von Amnesty
Entsprechend positiv bewertet Hashemi, dass das Regierungsprogramm die Umsetzung zweier langjähriger Forderungen von Amnesty International beinhaltet – die vorgesehenen Regelungen für die Obsorge von geflüchteten Minderjährigen ab Tag 1 sowie die Bestrebungen nach Errichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft. Damit soll das System der politischen Weisungsmöglichkeiten an die Staatsanwaltschaften abgeschafft werden, was derzeit insbesondere bei prominenten Fällen greift, und was seit je her im Konflikt mit dem völkerrechtlichen Erfordernis unabhängiger Untersuchungen steht, so Amnesty International. Allerdings muss zur derzeit geplanten Ausgestaltung festgehalten werden, dass laufende Ermittlungen im Sinne der Gewaltenteilung von Legislative und Judikative keiner parlamentarischen Kontrolle unterstehen dürfen.
Aussetzung des Familiennachzugs verstößt gegen Menschenrechte
Äußerst kritisch sieht Amnesty International den geplanten vorübergehenden Stopp des Familiennachzugs für Schutzsuchende. Dies verstößt gegen Menschenrechte und internationale Verpflichtungen. Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert das Recht auf Achtung des Familienlebens, und Artikel 23 des EU-Asylpakts besagt, dass die Wahrung der Einheit der Familie gewährleistet sein muss und die Behörden verpflichtet sind, das Wohl des Kindes zu berücksichtigen. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt betont, dass Familienzusammenführung ein wesentliches Recht für geflüchtete Menschen ist, um wieder ein normales Leben aufzubauen.
Ein Stopp der Familienzusammenführung würde dieses Recht unverhältnismäßig einschränken und psychische Belastungen für die Betroffenen verstärken. Die Wahrung der Familienzusammenführung sollte daher eine zentrale Rolle in der Asylpolitik spielen, fordert Amnesty International.
Sozialhilfe: Neu-Regelung muss Würde des Menschen ins Zentrum stellen
Skeptisch verhalten zeigt sich Amnesty bei den Plänen, die Sozialhilfe neu zu regeln – diese sei äußerst wichtig, allerdings müsse die Neuregelung auf Basis der Menschenrechte erfolgen.