Im Abschnitt, in dem das Verlassen des privaten Wohnbereiches geregelt wird, stellt sich die Frage, wann man von einem „Zusammenbruch der medizinischen Versorgung“ sprechen kann. Dieser stellt eine Voraussetzung für Ausgangsbeschränkungen dar. Weder im Gesetz noch in den Erläuterungen wird ausgeführt, anhand welcher epidemiologische Kriterien entschieden werden kann, wann ein „Zusammenbruch der medizinischen Versorgung“ droht, kritisiert Amnesty. Auch die Ausnahmen der Ausgangsbeschränkung zur „körperlichen und psychischen Erholung“ und die „Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens“ benötigen weitere Klarstellung.
Amnesty International Österreich fordert die Regierung weiterhin auf, in der Umsetzung der COVID-19-Maßnahmen auf Transparenz und einen offenen Diskurs besonders achtzugeben und im Einzelfall auf die besonderen Bedürfnisse von besonders schützbedürftigen Menschen (z. B. Kinder, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen) zu achten.
Amnesty International wird auch in den nächsten Wochen und Monaten die weiteren Entwicklungen der COVID-19-Pandemie in Österreich und die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus beobachten, dokumentieren und analysieren. Im April veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation 9 Forderungen auf Basis eines ersten Zwischenberichts zu den bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in Österreich. Im Juli veröffentlichte Amnesty eine Kurzanalyse zum Thema soziale Rechte & COVID-19 in Österreich.
Hinweis: Dieser Artikel wurde am 15. September 2020 veröffentlicht und am 22. September mit dem Downloadlink zu unserer Stellungnahme ergänzt.