„Es handelt sich eindeutig um willkürliche Entlassungen. Dennoch hält die Kommission, die zur Überprüfung der Entlassungen eingesetzt wurde, internationale Standards nicht ein und stuft die von Anfang an falschen Entscheidungen de facto ohne Prüfung als korrekt ein. Der gesamte Prozess ist ein beschämender Affront gegen die Gerechtigkeit.“
Kommission streut Salz in die Wunden
Im Jänner 2017 setzte die türkische Regierung wegen zunehmenden politischen Drucks eine Kommission ein, um die Entlassungen überprüfen soll. Von den rund 125.000 Anträgen hatte die Kommission bis zum 5. Oktober nur 36.000 entschieden. In nur 7 Prozent dieser Fälle (2.300) wurde die Entlassung aufgehoben.
„Anstatt die Betroffenen rechtlich zu unterstützen, hat die Kommission einfach nur noch mehr Salz in die Wunden gestreut“, sagt Andrew Gardner, und weiter: „Wenn ein begründeter Verdacht auf ein Fehlverhalten, ein Vergehen oder eine Straftat vorliegt, dann sollte die Entlassung über ein reguläres Disziplinarverfahren erfolgen. Die Behörden sollten alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wieder einstellen, die willkürlich entlassen wurden. Außerdem sollten die Betroffenen entschädigt werden: Sowohl für ihren Verdienstausfall als auch für die verheerenden psychologischen Auswirkungen.“
Amnesty International hat einige der Entscheidungen der Kommission geprüft. Antragsteller*innen mussten nach ihrer Entlassung zwischen sieben und 21 Monate auf die Entscheidung der Kommission warten. Die Mehrzahl der Antragsteller*innen wartet nach wie vor auf eine Entscheidung – viele seit über zwei Jahren.
Kafkaeske Prozeduren
Personen, die Anträge an die Kommission richten, setzen sich einer kafkaesken Prozedur aus. Als sie entlassen wurden, nannte man den Beschäftigten im öffentlichen Dienst keinen nachvollziehbaren Grund für diese Entscheidung. Es hieß nur, sie hätten „Verbindungen zu einer Terrororganisation“.
Ohne zu wissen, was ihnen genau vorgeworfen wurde, und ohne die gegen sie vorliegenden Beweise zu kennen, konnten die Betroffenen nur über deren Gründe spekulieren. Dadurch war es schwierig, Vorwürfe zu widerlegen und die Entlassungen wirksam anzufechten. Die Ehefrau eines Entlassenen sagte Amnesty International: „Die Gründe für die Entlassung wurden nicht mitgeteilt. So hatten wir nicht die geringste Möglichkeit, wirksam dagegen vorzugehen. Wir haben Rechtsmittel eingelegt, ohne dass wir genau wussten, gegen was.“