news
Warum wir Menschenrechte stärken müssen, um Terror zu bekämpfen
Terror will Angst schüren, uns entzweien und uns unsere Freiheiten nehmen. Er zielt auf die Zerstörung des Fundaments unseres Zusammenlebens ab. Der Schutz und die Stärkung von Menschenrechten müssen daher im Mittelpunkt effektiver Anti-Terror-Maßnahmen stehen – nicht ihre Einschränkung.
Terrorismus ist eine ernstzunehmende Bedrohung für die Menschenrechte. Der Anschlag in Wien am 2. November brachte Schrecken, Leid und Verunsicherung nun auch nach Österreich. Terror ist nicht nur ein Angriff auf Menschen. Er ist auch ein Angriff auf Menschenrechte und auf das, wofür sie stehen: Freiheit, gegenseitiger Respekt und ein friedliches Miteinander.
Staaten sind verpflichtet, Terrorismus effektiv zu bekämpfen und vorzubeugen. Es ist Aufgabe der Regierungen, ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem wir alle unsere Rechte wahrnehmen können. Gleichzeitig müssen die Maßnahmen gegen Terrorismus stets verhältnismäßig sein und dürfen unsere Menschenrechte nicht verletzten.
Beide Ziele – Terror zu bekämpfen und Menschenrechte zu schützen – sind untrennbar miteinander verbunden und verstärken sich gegenseitig. Daher müssen Menschenrechte im Mittelpunkt effektiver Anti-Terror-Maßnahmen stehen!
Die Realität sieht jedoch häufig anders aus: Eilig vorangetriebene oder erweiterte Ausnahmezustände und andere Anti-Terror-Maßnahmen verletzten immer wieder Menschenrechte.
Ein Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2017 zeigte beispielsweise, dass weitreichende Anti-Terror-Gesetze Europa in einen tiefen und gefährlichen Zustand permanenter Überwachung versetzen. 2016 untersuchte Amnesty den Ausnahmezustand in Frankreich und zeigte auf, wie Notfallmaßnahmen die Rechte Tausender verletzten, Menschen traumatisierte und stigmatisierte.
Anti-Terror-Maßnahmen liegt oft die falsche Annahme zugrunde, Rechte müssten eingeschränkt werden, um Sicherheit für die Menschen zu gewährleisten.
Doch Terror lässt sich nicht durch Menschenrechtsverletzungen bekämpfen.
Vielmehr erhöhen tiefe Eingriffe in die Menschenrechte oft noch Ausgrenzung und Stigmatisierung, die wiederum Nährboden für Terror sind.
Auch in Österreich reagierte die Regierung nach dem Anschlag vom 2. November mit der Ankündigung, ein neues Anti-Terror-Paket zu schnüren – auch sollen die geplanten Maßnahmen menschenrechtskonform sein. Doch erste Informationen deuten darauf hin, dass auch die österreichische Regierung nach Maßnahmen greift, die Menschenrechte bedrohen und damit dem Ziel – Terror effektiv zu begegnen – zuwiderlaufen.
Neue Anti-Terror-Maßnahmen in Österreich – eine erste Einschätzung
1. Kriminalisierung von Religion und Gesinnung
Eine strafrechtliche Verfolgung einer Gesinnung verstößt grundsätzlich gegen die Meinungsfreiheit.
Eine Präventivhaft nach dem Beispiel des Maßnahmenvollzugs ist ungeeignet, um Terror und Radikalisierung zu vermeiden und birgt das Risiko des willkürlichen Freiheitsentzuges auf unbestimmte Zeit.
Die Schaffung eines Straftatbestandes, der auf den Islam abzielt, ist diskriminierend und kann eine abschreckende Wirkung auf die Religionsfreiheit haben. Zudem wird die Ausgrenzung von Muslim*innen und das Risiko der Radikalisierung dadurch noch verstärkt.

2. Verschärfung von Vereinsgesetzen
Die Schließung von Vereinen und Kultusstätten zählt zu den schwersten Eingriffen in die Vereinigungs- und Religionsfreiheit, die nur unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgen darf.
Eine Verschärfung des Vereinsgesetzes in Österreich scheint aufgrund der bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Vereinsauflösung nicht erforderlich. Derartige Maßnahmen – wie auch die Einrichtung eines sogenanntes Imame-Verzeichnisses – können eine abschreckende Wirkung auf die Religions- und Vereinigungsfreiheit haben. Niemand darf aufgrund der Religionszugehörigkeit diskriminiert werden!

3. Entziehung von Staatsbürgerschaft und sozialer Unterstützung
Niemandem darf die eigene Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen werden. Dies gilt auch für Menschen mit einer Doppelstaatsbürgerschaft.
Auch der Entzug von finanzieller und sozialer Unterstützung darf nicht leichtfertig erfolgen und niemals die Menschenwürde verletzen. Zudem können solche Maßnahmen die gesellschaftliche Ausgrenzung und das Risiko einer Radikalisierung verstärken.

Terror stellt eine Gesellschaft zweifellos vor große Herausforderungen.
Lasst uns gemeinsam Menschenrechte im Alltag leben und sie verteidigen, damit Terror nicht über unsere Art zu leben siegen kann!
Was können wir alle tun?
1. Halten wir zusammen, lassen wir uns nicht spalten! Terror will uns entzweien – stellen wir uns bewusst dagegen. Es liegt jetzt an uns allen, ein friedliches Miteinander zu fördern und dafür sorgen, dass wir keinen Menschen und keine Gruppen ausgrenzen.
2. Bleiben wir kritisch: Jede*r von uns hat eine wichtige Funktion in der politischen Debatte. Schauen wir gemeinsam darauf, dass Eingriffe in unsere Rechte so gering wie nötig sind.
3. Informieren wir uns: Dazu gehört auch, dass allen grundlegende Informationen über unsere Rechte und zu geplanten Maßnahmen zur Verfügung stehen. Fordern wir gemeinsam Transparenz und eine Einbindung der Zivilgesellschaft ein!
Entscheidungsträger*innen sind besonders gefordert, Menschenrechte in den Mittelpunkt von Anti-Terror-Maßnahmen zu stellen.
Unsere Forderungen an Entscheidungsträger*innen:
1. Übernehmt Verantwortung!
Der erste Schritt sollte sein, sorgfältig zu untersuchen, warum die bereits existierenden Maßnahmen nicht wirksam genutzt worden sind, um Terror zu verhindern. Neue Maßnahmen dürfen nicht von möglichen Behördenversagen ablenken.
2. Wählt geeignete Mittel!
Wenn neue Maßnahmen eingeführt werden, müssen diese auch nachweislich wirksam sein. Ein Staat muss also auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen zeigen, dass eine Maßnahme geeignet ist, um Terror zu bekämpfen. Vor allem dürfen keine Maßnahmen getroffen werden, die Ausgrenzung und Hass noch verstärken.
3. Geht mit Augenmaß vor!
Neue Maßnahmen dürfen niemals leichtfertig Menschenrechte einschränken oder Menschen diskriminieren. Sie müssen stets verhältnismäßig, das heißt vor allem zielgerichtet und notwendig sein, um uns alle vor Terror zu schützen. Der Terror einzelner darf nicht zur unnötigen Beschränkung unser aller Menschenrechte führen!