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Ungarn: NGO-Gesetz mit großer Mehrheit angenommen

13. Juni 2017

Das Gesetz brandmarkt NGOs, die ausländische Finanzierungen erhalten, und erschwert ihre Arbeit

Das ungarische Parlament hat heute einen Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die ausländische Finanzierungen erhalten, gebrandmarkt werden sollen. Es ist der jüngste Versuch der Regierung, gegen kritische Stimmen im Land vorzugehen und ein dunkler Tag für die ungarische Zivilgesellschaft.

Nach dem neuen Gesetz müssen sich NGOS, die pro Jahr mehr als 24.000 Euro – direkt oder indirekt – aus dem Ausland erhalten, als „aus dem Ausland finanzierte, zivilgesellschaftliche Organisation“ registrieren lassen und diese abwertende Bezeichnung auf allen Publikation anführen.

Von diesem Gesetzesentwurf sind unter anderem jene Organisationen betroffen, die als unabhängige Beobachter aufzeigen, wenn der ungarische Staat Menschenrechte verletzt oder seinen Pflichten nicht nachkommt. Es geht Premier Orban darum, Misstrauen zu sähen und kritische Stimmen im Land – darunter auch Amnesty International Ungarn – zum Schweigen zu bringen.

Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich

„Die Botschaft ist klar: Aus dem Ausland finanzierte NGOs bedienen ,ausländische Interessen‘. Sie gefährden die Souveränität und die nationale Sicherheit Ungarns. Damit missversteht Orban gezielt das weltweit und damit auch für Ungarn gültige Konzept der Menschenrechte.“

„Das Gesetz erinnert erschreckend an das sogenannte Auslandsagenten-Gesetz, das in Russland verheerende Folgen für jene Menschen hat, die auf die Hilfe und Unterstützung von NGOs angewiesen sind.“

Amnesty International hat vor der Abstimmung im Parlament auf die Gefahren eines solchen Gesetzes hingewiesen und eine Urgent Action gestartet.

Offenlegung war bereits gesetzlich verankert

Angeblich soll das ungarische Gesetz zu besserer Transparenz führen. Tatsächlich wird es den betroffenen Organisationen aber vor allem einen unnötigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auferlegen. Denn NGOs waren auch schon davor verpflichtet, jährlich Finanzierungen aus dem Ausland offenzulegen und sie konnten jederzeit von den Behörden geprüft werden. Ein Gesetz, das im Jahr 2011 verabschiedet worden war, enthält umfangreiche Auflagen, darunter die detaillierter Berichterstattung über die Finanzierung, um die Transparenz und die Rechenschaftspflicht von NGOs zu gewährleisten.

Es ist wahrscheinlich, dass das neue Gesetz gegen die EU-Vorschriften zum freien Kapitalverkehr verstößt. Außerdem könnte es auch nach EU-Recht diskriminierend sein, da es nur für bestimmte Arten von NGOs gilt. Organisationen, die diese neuen Regeln nicht einhalten, drohen Verwarnungen, Geldstrafen und letztendlich das Arbeitsverbot in Ungarn.

„Dieser berechnende Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf freie Vereinigung ist ein schwerer Fehler. Es muss auf allen Ebenen angefochten werden - von den Basisorganisationen in Ungarn bis zu den Vertretern der Europäischen Union in Brüssel“, sagt Patzelt.

Hintergrund

Der ungarische Gesetzesentwurf wurde mit 130 Für-, 44 Gegenstimmen und 24 Enthaltungen angenommen. Er erinnert an das „Auslandsagenten“-Gesetz in Russland. Seitdem es 2012 in Kraft getreten ist, ist das Risiko einer ausländischen Finanzierung für NGOs in Russland schlicht zu groß geworden. Es hat dazu geführt, dass der Ruf von Hunderten glaubwürdigen und wichtigen Organisationen nachhaltig geschädigt wurde, ihre Mitarbeiter*innen eingeschüchtert und ihre Arbeit durch administrative Auflagen verunmöglicht wurde. 

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