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Statement zum Tod von Walid Daqqa

10. April 2024

Der Tod des palästinensischen Gefangenen Walid Daqqa und die Reaktion von Amnesty International darauf haben Diskussionen ausgelöst. Wir wollen der geäußerten Kritik mit Hintergrundinformation und Transparenz begegnen, um ein differenzierteres Verständnis der Umstände von Daqqas Fall zu ermöglichen. 

Walid Daqqa  wurde 1987 verurteilt, weil er eine Gruppe befehligte, die den israelischen Soldaten Moshe Tamam entführte und ermordete. Daqqa war zwar nicht direkt an dem Mord beteiligt, wurde aber für den Befehl zu diesem Mord verurteilt. Amnesty International hat die grausame Ermordung von Moshe Tamam stets verurteilt.  

Daqqa hat stets bestritten, an der Entführung und Ermordung von Tamam beteiligt gewesen zu sein. Er wurde damals zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Verurteilung basierte nicht auf israelischem Strafrecht, sondern auf britischen Notstandsverordnungen zurückgehend auf das Jahr 1945, für die geringere Beweisanforderungen galten.  

Die Anwendung dieser Verfahrensbestimmungen wirft Zweifel an der Fairness des Prozesses gegen Daqqa und an der Gültigkeit seiner Verurteilung auf. Es wurden auch Vorwürfe der Folter während des Verhörs erhoben. 

Obwohl Daqqa seine ursprüngliche Strafe im Jahr 2023 verbüßt hatte, wurden ihm zwei weitere Jahre Haftstrafe für den Schmuggel von Mobiltelefonen an andere Gefangene auferlegt. 

Im Jahr 2022 wurde bei Daqqa Knochenmarkkrebs diagnostiziert. Die israelischen Behörden verweigerten ihm die Verlegung in ein ziviles Krankenhaus und damit den Zugang zu einer potenziell lebensverlängernden Knochenmarktransplantation. 

Zudem war er Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt, was sich nach den Ereignissen vom 7. Oktober noch verschärfte. Der Kontakt zu Angehörigen wurde ihm verwehrt. Schließlich verstarb er am Sonntag, dem 7. April, in israelischer Haft. 

Amnesty International hat sich seit vergangenem Jahr für eine menschenwürdige Behandlung und die Freilassung von Daqqa aus humanitären Gründen eingesetzt, da ihm die israelischen Behörden weiterhin lebenswichtige medizinische Behandlung und angemessene Nahrung vorenthalten und Folter und anderer Misshandlung unterzogen haben. 

Unsere Haltung bleibt unverändert: Alle Gefangenen, unabhängig von ihrer Herkunft oder der Art ihrer Verurteilung, haben Anspruch auf eine menschenwürdige Behandlung und die durch internationale Standards garantierten Rechte.  

Wir sind uns der Sensibilität von Themen im Zusammenhang mit dem aktuellen Konflikt, dem Ruf nach Gerechtigkeit und den Rechten sowohl von palästinensischen als auch israelischen Zivilist*innen bewusst.  

Unsere Aufgabe ist es, die Menschenrechte aller Menschen zu schützen. Insbesondere in Situationen, in denen diese Rechte in Frage gestellt oder einzelnen abgesprochen werden. Dabei orientieren wir uns an internationalen Menschenrechtsstandards und verpflichten uns zu Unparteilichkeit und Gleichbehandlung in unserer Interessensvertretung.  

Gleichzeitig legen wir Wert auf einen konstruktiven Dialog und begrüßen unterschiedliche Sichtweisen zu schwierigen Themen wie diesem. Wir sind offen für Engagement und Diskussionen, während wir unsere Arbeit zur Verteidigung der Menschenrechte auf der ganzen Welt fortsetzen.