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Russland: Mutmaßliche Vergiftung des Oppositionsführers Nawalny muss umfassend untersucht werden

21. August 2020

Amnesty International fordert, dass die russischen Behörden die Umstände der unerwarteten und kritischen Verschlechterung des Gesundheitszustands von Alexej Nawalny umfassend untersuchen. Die Behörden müssen es außerdem ermöglichen, dass er von Ärzt*innen, denen er und seine Familie vertrauen, diagnostiziert und behandelt wird. 

„Was mit Alexej Nawalny geschehen ist, ähnelt den Vorfällen gegen andere Kritiker*innen der russischen Behörden, darunter der Politiker Vladimir Kara-Murza Jr. und der Produzent der Pussy-Riot-Punk-Band Pyotr Verzilov. Alexej Nawalny selbst erkrankte während seiner Festnahme vor einem Jahr schwer. Keiner dieser Vorfälle wurde untersucht", sagt Natalia Zvyagina, Direktorin des Moskauer Büros von Amnesty International. 

Angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe, die als Ursache für Alexej Nawalnys Erkrankung angeführt werden, muss es eine sofortige und unabhängige Untersuchung geben.

Natalia Zvyagina, Direktorin des Moskauer Büros von Amnesty International. 

„Angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe, die als Ursache für Alexej Nawalnys Erkrankung angeführt werden, muss es eine sofortige und unabhängige Untersuchung geben. Wenn kriminelle Absichten nachgewiesen werden, müssen die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.“

„Die Verwaltung des Krankenhauses muss seiner Familie und den Ärzt*innen ihrer Wahl den vollen Zugang zu Informationen über Nawalnys Behandlung gewähren. Es wurde bereits berichtet, dass der von ihm gewählte Arzt die Testergebnisse nicht einsehen durfte und nicht über den Verlauf der Behandlung informiert wurde. Angesichts Vermutungen über eine mögliche Vergiftung wirft ein derartiges Vorgehen neue Fragen auf.“  

Hintergrund

Wladimir Kara-Murza Jr. ist ein russischer Journalist und Politiker, der sich bei den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union für die Verhängung von Sanktionen gegen Vertraute von Präsident Wladimir Putin einsetzte. Er wurde zweimal – im Mai 2015 und im Februar 2017 – mit Symptomen einer schweren Vergiftung ins Krankenhaus eingeliefert. Ärzt*innen gaben an, dass die Ursache der Vergiftung "die toxische Wirkung einer nicht identifizierten Substanz" sei.

Der Aktivist Pjotr Verzilov wurde in die Charité in Berlin nach einer mutmaßlichen Vergiftung im September 2018 zur Behandlung eingeliefert. Seine Ärzt*innen kamen zu dem Schluss, dass die Ursache für seinen Zustand eine Substanz sein könnte, die von außen in seinen Körper gelangt ist. Auch deren Art konnten sie nicht feststellen.

Am 28. Juli 2019 wurde Alexej Nawalny in ein russisches Krankenhaus eingeliefert. Davor befand er sich in einem Gefangenenlager, wo er wegen der Organisation friedlicher Proteste einen sogenannten "administrativen Arrest" verbüßte. Die Behörden behaupten, die Ursache für die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sei eine allergische Reaktion. Der Politiker selbst behauptet, er sei vergiftet worden. Es wurde berichtet, dass bisher keine Untersuchung zu diesen Umständen eingeleitet wurde.