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© Claudia Meitert/Amnesty International

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Offener Brief zum Welt-Antikorruptionstag: Amnesty fordert mit breiter Allianz Transparenz und Stärkung der Justiz ein

9. Dezember 2022

Korruption trifft uns alle und führt zu schweren Verletzungen unserer Menschenrechte. Daher fordert Amnesty International gemeinsam mit dem Rechtsstaat & Antikorruptionsvolksbegehren und zwölf weiteren Organisationen, die Korruptionsbekämpfung zu einem der zentralen und parteienübergreifenden Ziele dieser Legislaturperiode zu machen.

Der 9. Dezember ist Welt-Antikorruptionstag: An diesem Tag im Jahr 2003 wurde die am UN-Amtssitz in Wien verhandelte UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) zur Unterschrift für die Mitgliedsstaaten aufgelegt. Seitdem wurde Österreich von diversen Korruptionsskandalen, Video- sowie Chatveröffentlichungen erschüttert und viele Baustellen in der Korruptionsbekämpfung sind offen geblieben. Österreich hat noch immer und bereits seit Jahrzehnten ein unübersehbares und strukturelles Problem mit Korruption.

Warum Korruption uns alle angeht

Warum ist der 9. Dezember ein wichtiger Tag für unsere Menschenrechte? Korruption kann direkt und durch ihre diskriminierenden Auswirkungen indirekt zu einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen führen. Die Umleitung öffentlicher Ressourcen schadet besonders sozialen Menschenrechten. Korruption untergräbt die Rechtstaatlichkeit, die dafür sorgt, dass für alle Menschen die gleichen Regeln gelten und alle dieselben Rechte genießen.

Es ist höchste Zeit, Transparenz zu schaffen und die unabhängigen Medien sowie die unabhängige Justiz in Österreich zu stärken. Wir müssen das Vertrauen in die Politik wiederherstellen. Österreichs staatliche Institutionen müssen unabhängig und frei von politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme sein. Dazu müssen Entscheidungsträger*innen in Österreich endlich die Menschenrechte zur Basis ihres Handelns machen – statt Korruption und Eigeninteressen.

Offener Brief

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Vizekanzler!
Sehr geehrte Regierungsmitglieder!
Sehr geehrte Repräsentantinnen & Repräsentanten der im Parlament vertretenen Parteien!

Heute ist 09. Dezember – Welt-Antikorruptionstag. Ein Tag, der nicht nur von den Vereinten Nationen, sondern auch von vielen ihrer 193 Mitgliedsstaaten in entsprechenden Fokus gerückt wird. Nur in Österreich ist es ruhig dazu, auch heuer wieder. Und das, obwohl der Ursprung dieses Tages mittelbar aus unserem Land kommt. Es ist der Tag, an dem im Jahre 2003 die am UN-Amtssitz (UNOV) in Wien verhandelte UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) zur Unterschrift für die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen aufgelegt worden ist. Seit ebendann dienen die Vereinten Nationen Wien (UNODC) auch als custodian für diese globale Konvention.

Welt-Antikorruptionstag – ein wichtiger Tag.

Wir wollen das in Erinnerung rufen. Und wir rufen auch in Erinnerung, dass in Österreich noch sehr viele - zu viele Baustellen in der Korruptionsbekämpfung offen sind, um dem Land wieder einen Platz unter den führenden liberalen Demokratien und den sicheren Wirtschaftsstandorten (zurück)zugeben.

Das Rechtsstaat und Antikorruptionsvolksbegehren hat bereits letztes Jahr einen Katalog von 72 Empfehlungen vorgelegt. Zentral darin sind etwa insbesondere

  • die Verabschiedung eines glaubwürdigen Informationsfreiheitspaketes,
  • die Stärkung des Parlamentarismus,
  • die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz auf allen Ebenen,
  • die Umsetzung der Bundesstaatsanwaltschaft mit Kollegialcharakter
  • bei gleichzeitiger Bereinigung/Abbau des staatsanwaltschaftlichen Berichtswesens,
  • die nachhaltige Entpolitisierung des ORF (insbes. des Stiftungsrates),
  • das Schließen der Lücken im Korruptionsstrafrecht,
  • das Abstellen von Inseratenkorruption auf allen Ebenen,
  • die Verabschiedung eines wirksamen Hinweisgeberschutzgesetzes,
  • die dringend nötige Modernisierung des Bundesarchivgesetzes,
  • die nachhaltige Objektivierung von öffentlicher Postenvergabe,
  • die nachhaltige Objektivierung von öffentlicher Beschaffung, sowie [neu]
  • die Verhinderung der Verstaatlichung der Journalistenausbildung,
  • der Erhalt des Kulturerbes „Wiener Zeitung“.

Wir anerkennen (und bedanken uns dafür), dass einige Punkte bereits angegangen worden sind und zu einigen der angeführten Notwendigkeiten bereits (erste) Entwürfe in der politischen Diskussion stehen. Umso wichtiger erscheint es uns – auch und insbesondere angesichts der ohnedies zahlreichen Krisen und Herausforderungen und des stetig steigenden, generellen Vertrauensverlustes in der Bevölkerung gegenüber der Politik -, dieses vorhandene, gegenwärtige Zeitfenster zu nutzen – für einen Neustart, für die visible und nachhaltige Glaubhaftmachung, dass „wir nicht so sind“.

Sehr geehrte Regierungsmitglieder, sehr geehrte Repräsentantinnen & Repräsentanten der im Parlament vertretenen Parteien, das Rechtsstaat & Antikorruptionsvolksbegehren mit seinen zwölf Proponentinnen und Proponenten, in einer Allianz gegen Korruption gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen und thematisch assoziierten Organisationen Greenpeace Österreich, Amnesty International Österreich, Saubere Hände, Institut für Interne Revision (IIA-Austria), Presseclub Concordia, #aufstehn, Demokratiestiftung (Gründungsverein), Reporter ohne Grenzen Österreich, Österreichische Liga für Menschenrechte, BürgerInnen Forum Europa, Wiener Forum für Demokratie und Menschenrechte, Forum Informationsfreiheit sowie Transitforum Austria-Tirol richten daher anlässlich des heutigen Welt-Antikorruptionstages diesen Offenen Brief, diesen erneut Öffentlichen Appell an Sie, die Korruptionsbekämpfung zu einem der zentralen und parteienübergreifenden Ziele (für zumindest diese Legislaturperiode) zu machen und darüber gegenüber dem Souverän, der Bevölkerung Rechenschaft abzulegen.

Tun Sie es für Österreich tun Sie es damit für eine stabile Demokratie und einen sicheren Standort.

Wien, am Welt-Antikorruptionstag (09. Dezember) 2022

Die Proponentinnen und Proponenten des Rechtsstaat & Antikorruptionsvolksbegehren gemeinsam (wie folgt) mit den Organisationen der Allianz gegen Korruption.